Dieter Kersten - Oktober 2003    
Editorial    
     
 

Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

der Beitrag von Jürgen Elsässer auf Seite 2 leitet unseren Blick von den US-Amerikanern auf uns Deutsche zurück. Das war der Schlußsatz des ursprünglichen ersten Absatzes dieses Editorials. Ich hatte mich kritisch über die "Verschwörungs-Befürworter" und die "Verschwörungs-Kritker" des 11. September 2001 geäußert und behauptet, daß die meisten nicht in der Lage sind, über ihren eigenen Tellerrand zu schauen. Es ist ja bekannt, daß ich zu den "Verschörungs-Befürwortern" gehöre, und nach meinen Kenntnissen behaupte, der 11. September war ein erneutes "Pearl Habour", um das us-amerikanische Volk zu konditionieren, überall auf dieser Erde Kriege "gegen Terroristen" zu führen Aber auch die "Verschwörungs-Kritiker" haben beachtenswerte Argumente für einen Terroranschlag. Ich wollte nur darauf hinweisen, daß die Diskussion über den 11. September und seine Folgen breiter angelegt sein könnte, als es die "Verschwörungs-Befürworter" tun“.. Ich war erstaunt, daß diese Ansicht bei dem Treffen mit Freunden, welches ich immer als "Redaktionssitzung" bezeichne, einen der Teilnehmer erregte. Nun habe ich den Abschnitt so formuliert, daß mein Wunsch, die Menschen sollten sich umfangreicher informieren, hoffentlich etwas deutlicher wird.

Das Politidonnerwetter, welches der Bundeskanzler bzw. SPD-Bundesvorsitzende Gerhard Schröder zusammen mit seinem Fraktionsvorsitzenden Franz Müntefering und seinem Generalsekretär Olaf Scholz über die sechs SPD-Abweichler bei der Bundestagsabstimmung über die Gesundheits"reform" am 25. September veranstaltete, war systemimanent und deshalb nicht überraschend. Ulrike Baureithel schreibt dazu in FREITAG vom 3. Oktober zu-treffend: > Schlimm ist auch, daß über dem ganzen Geschrei von Kanzlermehrheit und Regierungsfähigkeit vergessen wird, worum es überhaupt ging, die Gesundheits >reform<. Dieses unwillkommende Geschenk treibt, neben der Zukunft der Rente, alle im Lande um, und dennoch haben es die medialen Verdunklungsbeauftragten geschafft, daß das Lied vom not-wendigen Umbau des Sozialstaates so in die Köpfe gebrannt ist, daß keiner mehr fragt, was wenn überhaupt, wie und für wen. Wer es dennoch tut, wird, - siehe oben - durch und am Ende aus dem Dorf getrieben. < Die Basta-Politik von Herrn Schröder kommt zwar all denjenigen entgegen, die immer einen Führer haben müssen, der ansagt, wo es lang geht, sie führt aber automatisch zu Verwerfungen in der Gesellschaft, wenn nicht sogar zu einer Spaltung. Seit der Regierungserklärung von Willy Brandt 1973, in der er die Parole ausgab, "mehr Demokratie zu wagen", ist in unserem Bundes-Gemeinwesen keine Entwicklung zu mehr Demokratie eingetreten. Auch für Brandt war "mehr Demokratie wagen" nur eine griffige Parole; mit In-halt hat er sie nie gefüllt. Da Brandt etwas mehr Gefühl für Strömungen im Wahlvolk hatte als Schröder & Co., hat er mit dieser Parole Eindruck schinden können.

Es steht schlecht um die demokratische Gesinnung unserer regierenden Parteien CDU, SPD, FDP und Bündnis90/Die Grünen. Der Wochenzeitschrift FREITAG vom 3. Oktober entnehme ich den entlar-venden Satz eines leider nicht namentlich genannten thüringischen Abgeordneten in Kenntnis einer gerade stattfindenden Demonstration- > Nur gut, das wir eine Bannmeile haben < - .Thüringen und Ber-lin sind die neuen Bundesländer, die ein Bannmeilengesetz haben. Thüringen hat sogar in einem neuen Gesetz die Bannmeilie vergrößert. Die Bannmeile soll das Parlament vor aufmüpfigen, demonstrierenden Bürgern schützen. Roland Hahnemann schreibt dazu unter der Überschrift Sicherung der Herrschaft und unter der Unterüberschrift > Abwehreinrichtungen: In Thüringen halten sich die Politiker ihre Wähler vom Hals, weil sie den Druck der Straße nicht ertragen können. Der Druck der Lobbyisten dagegen macht ihnen nicht zu schaffen < u.a.: Im Übrigen verzichten viele Parlamente in den angestammten alten Demokratien darauf. In England, Frankreich oder den USA kennt man Bannmeilen um Parlamente nicht. Ein Ab-geordneter in Washington würde eine Kundgebung auf den Stufen des Capitols nicht als Störung der Demokratie empfinden. ... Vor dem Hintergrund der politischen Kultur in den ostdeutschen Ländern sind Bannmeilen nichts anderes als politische Mißtrauensbekundungen der gewählten Vertreter gegenüber der eigenen Bevölkerung. Ausgerechnet gegenüber Teilen der Bürgerschaft, die von einem der traditionell und auch aktuell wichtigsten Bürgerrechte Gebrauch machen und dann auch noch gegenüber denjenigen, die mittels dieses Rechts ihren Anspruch auf Mitwirkung bei der politischen Meinungsbildung artikulieren. Um so peinlicher, daß außer der PDS niemand im Thüringer Parlament diese Verfassungsansprüche verteidigte. Selbst die SPD-Abgeordneten kritisierten lediglich die Ausdehnung der Bannmeile auf die nun beschlossene Größe.

Ich will das Editorial nicht negativ ausklingen lassen. Der Bürger fordert: mehr Demokratie. In Frankfurt am Main hat am 18. September 2003 ein Bürgerbegehren stattgefunden. Es richtete sich gegen ein von der Stadtregierung geplantes Cross-Border Leasing-Geschäft, mit dem die Frankfurter U-Bahn an ein us-amerikanisches Konsortium verkauft werden sollte. Ein Leser hatte mich bereits vor längerer Zeit darauf aufmerksam gemacht. Ich hatte einen Text geschrieben, den ich aus Platzgründen nicht bringen konnte. Nun lese ich auf der Internetseite www.rettetdieubahn.de folgendes: Die Unterschriften von 48000 Frankfurterinnen und Frankfurtern haben die Stadtverordnetenversammlung zum Umdenken gezwungen. Gegen die Stimmen von CDU und FDP hat eine breite Mehrheit im Römer nicht nur den U-Bahn-Deal zu Fall gebracht, sondern grundsätzlich Cross Border Leasing eine Absage erteilt. Der Parlamentsbeschluss entspricht der Forderung des Bürgerbegehrens und der Bürgerentscheid kann jetzt entfallen. Zuvor hatte bereits der Magistrat mit einer allerdings unzureichenden Vorlage das Handtuch geworfen. Nun haben die Stadtverordneten mit der Annahme einer Beschlußvorlage der SPD reinen Tisch gemacht! Wir bedanken uns bei allen, die diesen einmaligen Erfolg durch ihre Unterschrift oder durch ihre aktive Mitarbeit möglich gemacht haben!
Ich gratuliere den Frankfurtern!
Zum Schluß möchte ich Sie mit einer Neuerung vertraut machen. Der Kommentar - und Informationsbrief NEUE POLITIK hat eine Internet-Seite. Die Adresse lautet: www.neuepolitik.com. Ich würde mich freuen, wenn Sie selber diese Internetseite benutzen und Ihre Kinder und Kindeskinder auf sie aufmerksam machen würden.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten

abgeschlossen 17. Oktober 2003

 
     
  Diesen Artikel als PDF-Datei herunterladen Download  
     
  Alle Artikel liegen als PDF - Datei zum herunterladen vor. Um PDF - Dateien zu lesen, benötigen Sie den "Acrobat Reader". Falls das Programm nicht auf Ihrem PC installiert ist, können Sie es sich hier kostenfrei herunterladen. Hompage_Acrobat