Dieter Kersten - März / April 2007    
Editorial    
     
 

Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

Freunde baten mich Anfang Januar um eine Stellungnahme zu der Hinrichtung von Saddam Hussein, dem ehemaligen irakischen Machthaber. Ich bin gegen die Todesstrafe. Wir Menschen haben kein Recht, einen anderen Menschen hinzurichten (umzubringen, zu töten), auch wenn er ein skrupelloser Diktator gewesen sein soll. Bei Saddam Hussein kommt noch hinzu, daß die Verurteilung durch die  US-Amerikaner und die jetzige irakische (Besatzer-)Regierung pure Heuchelei ist. Das Regime des Diktators und die Person Saddam selbst waren von Anfang an ein Werkzeug angloamerikanischer Politik. Da spielten die Menschenrechte in Form und Inhalt nie eine Rolle.

Davon abgesehen, daß Menschenrechte und Demokratie in den Vereinigten Staaten nicht geachtet werden (z.B. auch in Guantanamo und  Guam), gibt es neben den Großmächten, die Volksrepublik China und die Russische Föderation, mehr als die nachstehend genannten drei Staaten, in denen andersdenkende Menschen gefoltert, gedemütigt und in Unfreiheit gehalten werden: Ägypten, Israel, Saudi Arabien. Fast alle Folterstaaten erfreuen sich „liebevoller“ Zuwendung der Vereinigten Staaten von Amerika, ihres Präsidenten Bush, seines getreuen Gefolgslandes Großbritannien und anderer.

Wie soll eine „globalisierte“ Gesellschaft funktionieren, in der weder internationales noch nationales Recht geachtet werden? Wie soll eine „globalisierte“ Gesellschaft funktionieren, wenn weder international noch national moralische, jeden Menschen verpflichtende Normen vorhanden sind? Die Frage nach Moral und Normen gilt  für alle Institutionen, international und national, egal, ob sie Konzerne, „gemeinnützig“,  Regierungen, Militärs oder Glaubensorganisationen sind. Das alles ist die Hauptüberschrift für fast alle Beiträge in dieser Ausgabe. Die Frage nach Moral und Normen ist immer eine Frage an die Menschen, die in diesen Institutionen tätig sind.

Was ist mit den so genannten „Werten“ unserer „abendländischen“ Zivilisation? Welche Vorbilder hat die Jugend? Wenn ein bundesdeutscher Innenminister (Schäuble) ein Gesetz vorbereiten darf, das den Abschuß eines mit unbeteiligten/unschuldigen Passagieren  besetzten Flugzeuges christlich-zivilisatorisch gestatten soll, was für ein Urteil ist dann über zwei Siebzehnjährige zu fällen, die mal eben so, im vorbeigehen, ein Ehepaar ermorden?

Auch der Fall des Bremer Deutsch-Türken Murat Kurnat gehört zu den menschenrechts-feindlichen Aktionen der deutschen politischen Obrigkeit, die doch ein so großes Vorbild sein will. Da wird in den Medien landauf, landab über gewaltverherrlichende Computerspiele gestritten, aber ein Außenminister wie Steinmeier, der sozusagen „zugesehen“ hat, wie ein Mensch real gefoltert wurde, bleibt weiter im Amt. Er zeigt, außer einigen Sprechblasen, nicht den geringsten Skrupel. Die BILD-Zeitung darf ohne politische und juristische Folgen die Frage stellen, warum wir Deutsche uns um einen Türken (igittigitt, das ist ja nur ein Türke, kein edler Deutscher) kümmern. Es gibt keine Klagen wegen Volksverhetzung, die bei bestimmten Formulierungen zu den Themen Auschwitz und Israel sofort kommen würden.
Deutschland läßt zur Zeit  foltern!

Es gibt eine verwirrende Anzahl von unterschiedlichen, machtpolitisch, aber nicht moralisch-ethisch begründbaren „Normen“. Wer soll da noch durchblicken? Welchen Weg geht die Bundesrepublik Deutschland?

Seit dem  11. September 2001 haben nicht nur in Deutschland  die Menschen verstärkt Oberwasser, die dem Bürger schon immer mißtraut haben und ihn deshalb schon immer umfangreich kontrollieren wollten. Sie verstecken sich hierbei z.B. hinter den Einreisebestimmungen der USA. Der neue Deutsche Reisepaß ist nach den  Forderungen der USA mit einem elektronischen RFID-Chip ausgestattet worden, auf dem das biometrische Paßfoto des Besitzers gespeichert ist. Ab November d.J. wird auch der Fingerabdruck gespeichert. Die Behörden der USA verbitten sich irgendeine Einrede, wie und in welchem Umfang sie von den Daten Gebrauch machen. Der Vasall Bundesrepublik Deutschland wagt keinen Widerspruch. Bisher ist der Zugriff auf den RFID-Chip innenpolitisch verboten. Es bedarf vermutlich nur eines so genannten „Terror-Anschlages“, um auch im Innern der Bundesrepublik die Kontrolle des Bürgers zu verschärfen.

Wie nahe eine solche Vermutung an der Realität ist, zeigen die Pläne der deutschen Regierung, alle Telefongesellschaften zu zwingen, alle Telefonverbindungsdaten und auch die Inhalte der Telefongespräche sechs Monate lang aufzubewahren. Der Überwachungsstaat wird komplettiert durch den Chip, der in der neuen „Gesundheitskarte“ der Krankenkassen enthalten sein soll (etwa ab Mitte des Jahres). Auf diesem Chip sollen neben den verabreichten Therapien auch alle Krankheiten vermerkt werden. Auch hier wird gegenüber dem Bürger behauptet, daß die Intimsphäre gewahrt wird. Ist dem zu trauen? Angaben über Erbkrankheiten und psychische Erkrankungen, möglicherweise fehl-diagnostiziert, können über die Krankenkasse oder Ärzte beim Arbeitgeber landen! Noch darf das nicht geschehen, aber warten Sie ab: die Unternehmerverbände werden irgendwann mit dem Totschlagargument, Arbeitsplätze sind in Gefahr, eine entsprechende Gesetzesänderung durchsetzen. Der politischen und wirtschaftlichen Oligarchie ist jeder Zugriff auf die Menschenrechte und auf die bürgerlichen Freiheiten zuzutrauen.

Nun zu einem anderen Thema, welches bereits wieder aus den Schlagzeilen verschwunden ist. Sind die Russische Föderation und ihr Chef, Herr Putin, verläßliche wirtschaftliche Partner Europas oder nicht? Vielleicht hatte diesmal Bundeskanzlerin Merkel recht, wenn sie sagte, es würde dem Vertrauen in russische Politik gedient haben, wenn eine Sperrung der Ölleitung Druschba (Freundschaft) vorher auf diplomatischem Weg angekündigt worden wäre. Ein Anruf hätte genügt. Abgesehen von dieser nicht erfolgten Geste müssen wir feststellen, daß bisher, trotz aller politischen Verwerfungen zwischen Rußland und Deutschland/Europa in den letzten hundert Jahren Wirtschaftsverträge eingehalten wurden. Wir dürfen nicht vergessen, daß Rußland auch das Geld für sein Öl und Gas braucht. Geld und technisches Know-how für den Aufbau der russischen Wirtschaft sind zwar auch bei anderen Partnern, wie z.B. bei der Volksrepublik China zu bekommen. Schon aus alter Tradition aber wird die russische Gesellschaft lieber das Fenster nach dem „Westen“, als das nach dem „Osten“ aufstoßen Für uns Deutsche und Europäer ist der Wirtschaftsraum Osteuropa, einschließlich der Russischen Föderation, Belurus und Ukraine, ein wichtiger Markt der Zukunft, wichtiger als der us-amerikanische Wirtschaftsraum. Wir sollten mehr das Gemeinsame betonen und nicht das Trennende.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten

( abgeschlossen am  16. Februar 2007)

 
     
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