Dieter Kersten - Januar 2008    
Editorial    
     
 

Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

am 28. November 2007 ist nach schwerer Krankheit im 79ten Lebensjahr Gretchen Schenke, die Witwe meines Freundes Wolf Schenke, Gründungs-Herausgeber und bis 1989 Chefredakteur der Zeitschrift NEUE POLITIK, verstorben. Gretchen Schenke war eine umsichtige, treue und fleißige Kameradin ihres Mannes und hat diese Eigenschaften auch auf mich übertragen. Ich bin ihr mit großer Dankbarkeit verbunden.

Es kann durchaus sein, daß Auseinandersetzungen in und um den Kosovo in einen größeren oder sogar großen Krieg führen. Der Balkan war schon einmal Ausgang eines Krieges. Die Schüsse auf den österreichischen Thronfolger in Sarajevo 1914 trugen zum Ausbruch des 1. Weltkrieges bei.

In und um dem Kosovo, immer noch staatsrechtlich eine Provinz Serbiens, gibt es einen fast unlösbaren Konflikt zwischen der im Völkerrecht postulierten Selbstbestimmung der Völker und dem anerkannten Recht auf die Souveränität der Staaten. Wo fängt die Selbstbestimmung an und wo hört die Souveränität auf, vor allen Dingen dann, wenn sich Staaten und Völker aus der Nachbarschaft einmischen?

Die Bevölkerungsstruktur im Kosovo setzt sich zusammen aus: Albaner 87 %, Serben, 8 %, Roma 2 %, Türken und Bosniaken 2 %, Torbeschen, Doranen und Kroaten 1 %. Der Anteil der Serben war vor dem Kosovo-Krieg 1999 sicher höher. Jedes der genannten Völker hätte nach dem Selbstbestimmungsrecht der Völker Anspruch auf Autonomie, mindestens, wenn nicht auf einen eigenen Staat auf dem Boden des Kosovo. Daß das nicht möglich ist, liegt auf der Hand, so auch in den anderen Regionen des ehemaligen Jugoslawien. Genau dies sind die Gefahren: Die Serben in Bosnien-Herzegowina, die Kroaten, Mazedonier und Albaner, deren Heimaten in einem anderen Staatsgebilde sind, können sich gemüßigt sehen, sich dem Stammland anzuschließen. Gräueltaten sind nicht ausgeschlossen. Die kulturelle Substanz des Kosovo, in den vergangenen Jahrhunderten entstanden, ist jetzt schon weitgehend zerstört.

Es war ein Verbrechen, auch ein bundesrepublikanisches, sich an der gewaltsamen Zerstörung Jugoslawiens zu beteiligen. Es wäre Aufgabe der Bundesregierung, der Regierung Kohl, gewesen, Streit schlichtend und mäßigend in den Konflikt zwischen den jugoslawischen Gliedstaaten einzugreifen. Ich weiß nicht, ob die Zahl der Toten in den jugoslawischen Kriegen bekannt sind. Alleine im Gebiet Bosnien-Herzegowina hat es 100 000 Tote gegeben, die wir Deutsche mitzuverantworten haben. Politisch und sozial ist der Balkan in die Zeit vor dem 1. Weltkrieg zurückgefallen, minus der damals noch wirksamen Kolonial- und Ordnungsmacht Österreich. Die Menschen dort fangen wieder bei Null an, und das möglicherweise mit einem 3. Weltkrieg.

Hinzu kommt noch die us-amerikanische Präsenz im Kosovo. Ohne das Volk des Kosovo zu fragen bzw. den souveränen Staat Serbien um Einverständnis zu bitten, haben die US-Amerikaner im Kosovo ein Camp Bondsteel errichtet. Ich zitiere aus Wikipedia im Internet > Camp Bondsteel ist eine Militärbasis der US-Armee bei Uroševac im Kosovo. In ihr befindet sich das Hauptquartier des us-amerikanischen KFOR-Kontingents (MNTF-E). Die Basis ist nach James Leroy Bondsteel, einem Vietnamkriegsveteranen, benannt. Der Stützpunkt wurde nach dem Einmarsch von NATO-Truppen in das Kosovo im Juni 1999 errichtet. Er umfaßt 386 Hektar (1 ha sind 10.000 m2) und ist von einer Mauer umgeben. Als Büros und Unterkünfte dienen rund 250 Holzbaracken des Typs "Südostasien" (SEAhut), der erstmals während des Vietnamkriegs erprobt wurde. Die Basis beherbergt bis zu 5.000 Soldaten der US-Armee und verbündeter Truppen. Camp Bondsteel ist modern ausgestattet und bietet zahlreiche Annehmlichkeiten und Einrichtungen des sozialen Lebens: ein Kino, Fitness-Studios, Sportplätze, zwei Kapellen, Bars, einen Supermarkt, mehrere Fastfood-Restaurants, Computer mit Internet-Anschluß und Videospiele. Im angeschlossenen Laura-Bush-Bildungszentrum können Kurse der University of Maryland und der University of Chicago belegt werden.<

Dieser Stützpunkt ist übrigens auch als Folterstützpunkt bekannt. Er ist der größte us-amerikanische Militär-Stützpunkt in Süd-osteuropa. Seine militärische Stoßrichtung ist eindeutig die ehemalige Sowjetunion. Kein Wunder, daß Rußland sich einer Unabhängigkeit des Kosovo versperrt.

Mit Hilfe der NATO, und somit auch mit Hilfe der Bundesrepublik Deutschland, wird eine Unabhängigkeit des Kosovo militärisch "abgesichert". Wirtschaftlich ist der Kosovo nicht lebensfähig. Die US-Amerikaner werden die Europäer anweisen, "Entwicklungshilfe" = Subventionen zu leisten.

So werden im Vorfeld des 3. Weltkrieges die "Aufmarschgebiete" zugeteilt. In der Wochenzeitschrift FREITAG vom 14. Dezember können Sie unter Thema der Woche einen 2-seitigen Bericht über den Kosovo lesen. Ich fürchte, der Kommentar- und Informationsbrief wird sich noch des öfteren mit dieser Lunte des nächsten (Welt-)Krieges befassen müssen.

Angesichts des aktuellen Türkischen Krieges gegen die kurdische Widerstandsorganisation PKK frage ich mich ganz naiv, warum nicht, wie im Kosovo, ein selbständiges Kurdistan geschaffen wird. Dieses Kurdistan würde dann die angestammten Siedlungsgebiete in der Türkei, im Irak und Iran umfassen, unter Umständen sogar einen kleinen Teil Rußlands und Syriens. Oder gilt Völkerrecht nur dort, wo der "Großmächtige Herrscher" in Washington es für die Bewahrung seiner Vorherrschaft für nötig hält? Bisher haben die türkischen Kurden nur Autonomie innerhalb der Türkei gefordert. Die Forderung geht nicht so weit, wie der jetzige Status der irakischen Kurden. Es ist bekannt, daß die US-Amerikaner die PKK im Iran unterstützen, um dort Unruhe zu erzeugen. Es ist bekannt, daß die US-Amerikaner im Kaukasus, zusammen mit den Wahabiten aus Saudi-Arabien politische und militärische Wühlarbeit leisten.

Überall werden Menschen getötet! Überall werden die Menschen aufeinander gehetzt. Haupthetzer sind die USA, weil sie meinen, die ganze Erde beherrschen zu müssen.

Unversehens ist diese Ausgabe wieder nur ein Kommentar- und Informationsbrief geworden. Beiträge zur politischen Neuordnung finden Sie in dieser Ausgabe nicht. Dabei wären gerade diese Beiträge zur politischen Neuordnung notwendiger denn je. Wir müssen national und international die soziale Frage diskutieren und beantworten. Diese umfaßt die Neuordnung unseres Wirtschaftslebens, des demokratischen Umganges miteinander, was wiederum mit der Kultur und der Bildung zu tun hat.

Der Kommentar- und Informationsbrief braucht dazu Ihre Hilfe. Ich brauche Ihre Beratungen bei den monatlichen Redaktionskonferenz in Berlin, ich brauche Ihre Textbeiträge und natürlich brauche ich auch Geld, um für die NEUE POLITIK möglichst viel zu werben, damit der Kreis der zahlenden Bezieher größer wird.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten

(abgeschlossen am 25. Januar 2008)

 

 

 
     
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