Dieter Kersten - Oktober 2003    
Theater: Brecht "Mutter Courage und ihre Kinder. - Eine Chronik aus dem Dreißigjährigen Krieg."
Oper: "Die Zauberflöte"
 
     
 

Eine neue Theatersaison und damit beginnen auch wieder meine Berichte über einen Teil des bürgerlichen Kulturbetriebes, hauptsächlich der Hauptstadt Berlin.
Das erste Stück in dieser Saison, welches ich sah und hörte, ist von Bertholt Brecht geschrieben und von Paul Dessau mit Musik versehen worden. So mancher "klassenbewußte" Leser wird schlucken, wenn ich Bertholt Brecht zu den bürgerlichen Dichtern zähle. Aber ist er es nicht, wenn er am DEUTSCHEN THEATER in der Schumannstraße angekommen ist?
Ich sah dort am Sonntag, den 7. September, Mutter Courage und ihre Kinder. - Untertitel: Eine Chronik aus dem Dreißigjährigen Krieg. Das Stück macht mich etwas hilflos, Textbuch und Programmheft auch! Weshalb die Marketenderin Anna Fierling Mutter Courage heißt? Wenn Sie mich das fragen, kann ich Ihnen keine Antwort geben, auch nicht auf die Frage, ob dieses Stück ein Antikriegsstück ist? Mutter Courage verdient am Krieg, so wie die Familie Bush heutzutage ihren Profit aus dem Irakkrieg zieht. Mutter Courage kennt die Schrecken des Krieges und redet auch sehr viel darüber, sie will auch, obwohl sie am Krieg verdient, ihre Söhne vor dem Krieg bewahren, was ihr aber nicht gelingt. Die Söhne gehen freiwillig in den Krieg und sterben (freiwillig?). Da muß Anna Fierling, die Mutter Courage, etwas in ihrer Erziehung falsch gemacht haben, so wie fast alle Mütter dieser Erde und zu allen Zeiten, die ihre Söhne, freiwillig, in den Krieg ziehen lassen! Soll ich Tränen um Mutter Courage vergiessen, weil sie ihre Kinder verliert?
Die einzige Lichtgestalt in diesem Stück von Bertholt Brecht ist die stumme Tochter der Mutter Courage, Kattrin, die hören, aber nicht sprechen kann. Sie besticht durch ihre Menschlichkeit und durch die Hilflosigkeit, die aus dieser Menschlichkeit heraus entsteht. Sie kann nicht reden, wie die anderen, aber sie handelt, mehrmals. Sie versucht nicht nur, ihre Brüder zu retten, sondern sie holt einen Säugling aus einem brennenden Bauernhaus, wo die anderen feige versagen, und sie rettet die Stadt Halle und ihre schlafenden Menschen vor einem Überfall feindlicher Soldaten. Sie wird erschossen, weil sie die Bewohner Halles durch fortlaufendes Trommeln weckt.
Bühnenbild und Kostüme der Inszenierung von Peter Zadek entsprechen den Trends der modernen Zeit. Auch Zadek will dem Dreißigjährigen Krieg entrinnen und versucht, das Äußere der Inszenierung zeitlos zu gestalten, indem er Beliebigkeit (Zeitlosigkeit?) forciert. Naja, kann ich dazu nur sagen, wenn die handelnden Personen aus ihren Zeitbezug herausgetrennt werden, dann kommt eben so etwas heraus, wie ich es geschildert habe. Es fehlte der Aufführung außerdem der spielerische Schwung.
Ich saß diesmal im 2. Rang, der fast leer war. Das Parkett war gut besucht, den 1. Rang konnte ich nicht einsehen.

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Am Tag der Deutschen Einheit, am 3. Oktober, sah und hörte ich DIE ZAUBERFLÖTE von Wolfgang Amadeus Mozart, Text von Emanuel Schikaneder in der Deutsche Oper in Berlin-Charlottenburg.
Meines Wissens gibt es keine andere Oper, in die der Volksmund, der „gehobene Volksmund“, soviel hineingeheimst, wie in Die Zauberflöte. Ich gebe zu, daß ich mit den Wort- und Gedankenfetzen, die mich im Laufe meines Leben zu dieser Oper erreicht haben, nicht viel sagen kann. Eines der wichtigsten Worte, die mir zugerufen wurden, ist das Wort Freimaureroper. Ich fand dieses Wort sowohl im Programmheft der besuchten Aufführung als auch in > Meyers Handbuch über die Musik < von 1971. Es gibt nichts Geheimnisvolles mitzuteilen, außer daß Zarastros Reich, das männerbündlerische Freimaurerreich, desillusionierend ist. Sieht man nämlich genauer hin, dann ist Zarastro ein Folterer, ein Sklavenhalter und Despot, dem die Menschenrechte nichts bedeuten, ganz im Gegensatz zu der „Königin der Nacht“. Das ist keine Interpretation von mir, sondern das geht aus den Texten hervor. Lesen Sie nach!
Was die Oper für uns, das normale Publikum, so reizvoll macht, das ist das Märchen Die Zauberflöte. Die Inszenierung von Günter Krämer ist leider viel zu hintergründig, um diesen Anspruch zu erfüllen. Denn als eine Märchenoper findet sie Anklang bei den Kindern, wobei neben der Handlung vor allen Dingen die zauberhafte Musik von Mozart beiträgt.
Leider hat Günter Krämer den Schluß etwas anders gestaltet, was ich, das Märchen im Auge, nicht gut finde.
Das Bühnenbild war meistens märchenlos nüchtern, aber dennoch gut, erwachsenengut. Ob es den anwesenden Kindern gefallen hat, darf bezweifelt werden.
Die Sängerinnen und Sänger kamen nicht so richtig in Fahrt oder sie konnten nicht.
Die Plätze waren, trotz Feiertag, nur zu Dreiviertel besetzt. Es war die 182. Aufführung seit der Premiere dieser Inszenierung am 24. September 1991. Wenn Sie sich diese Inszenierung ansehen, empfehle ich, das Programmheft zu kaufen und zu lesen. Die Betrachtungsweise des Stoffes und der Musik durch den Hauptautor Andreas Richter gefällt mir


 
     
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