Dieter Kersten - Februar 2007    
 

Theater: Zuckmayer
"Der Hauptmann von Köpenick"

 
     
 

Es ist ein hohes  Risiko der Theaterfamilie  Wölffer, Zuckmayers Volksstück Der Hauptmann von Köpenick auf den Brettern der KOMÖDIE am Kurfürstendamm im Jahr 2006 zur Aufführung zu bringen.Als das Stück 1931 in Berlin uraufgeführt wurde, war es ein großer Erfolg, der sich nach den zwölf endlosen Jahren der Hitlerei 1945 fortsetzte, u.a. durch Heinz Rühmann in seiner Rolle des Hauptmann in dem gleichnamigen Film von 1956.

Heute schlägt keiner mehr seine Hacken zusammen oder steht stramm, wenn er einem Menschen mit Uniform begegnet.

Der Schuster Wilhelm Voigt, mehrfach straffällig geworden u.a. durch eine entmenschlichte Bürokratie (!!!)  zwischen Pass, Aufenthaltsgenehmigung und Arbeit (wird dem aufmerksamen Leser bekannt vorkommen), zieht sich in Berlin die Uniform eines kaiserlich-königlichen Hauptmanns an. Sofort stehen alle vor ihm stramm, natürlich die Soldaten, aber auch die Honoratioren der damaligen Stadt Köpenick bei Berlin, auch die so genannten „Fortschrittlichen“.  Voigt erhoffte sich durch die militärische Besetzung des Rathauses einen Pass, bekam aber nur eine schlecht gefüllte Gemeindekasse ausgehändigt.

Zwischen dem Gang durch die Bürokratie und dem Wechseln der Arbeiter-Kleidung in die Uniform werden die sozialen und gesellschaftlichen Verhältnisse der Kaiserzeit sehr eindrucksvoll dargestellt. Der Regisseur Jürgen Wölffer hat sich große Mühe gegeben. Es ist aber nicht zu verkennen, daß das Publikum, insbesondere die bürgerlicher Klientel am Kurfürstendamm, das Volksstück weit mehr für ein  Lustspiel aus alter Zeit halten als ein sozialkritisches Stück. Zuckmayers Stück endet versöhnlich.Woerlitz

Zuckmayers Geschichte entspricht nicht immer den tatsächlichen Ereignissen. Er idealisiert den Schuster Wilhelm Voigt. Diesen gab es tatsächlich. Er war nicht der fehlgeleitete „Held“, wie ihn Zuckmayer darstellt. Aber es ist gerade die dichterische Freiheit, die es ermöglicht, wie in einem Vergrößerungsglas eine Momentaufnahme der gesellschaftlichen Zustände in der Kaiserzeit zu machen.

1906 marschierte Voigt mit einer Gruppe Soldaten nach Köpenick. Was wurde in der Realität aus Wilhelm Voigt nach seinem Coup im Rathaus? Zehn Tage suchten die Behörden den falschen Hauptmann, bis ihn ein ehemaliger Mithäftling denunzierte. Am 1. Dezember 1906 urteilte das Königliche Landgericht in Berlin, daß der Angeklagte Schuster Friedrich Wilhelm Voigt wegen „des unbefugten Tragens einer Uniform, des Vergehens wider der öffentlichen Ordnung, der Freiheitsberaubung, des Betruges und der schweren Urkundenfälschung" für schuldig gesprochen und zu einer Gefängnisstrafe von vier Jahren verurteilt wird. „Die bei der Straftat getragenen militärischen Ausrüstungsgegenstände werden eingezogen", schloß das Gericht seinen Urteilsspruch. Doch vier Jahre mußte Voigt nicht > sitzen <, denn bereits nach zwei Jahren begnadigte ihn Kaiser Wilhelm II. Voigt starb 1922 in Luxemburg.

Ich sah das Volksstück von Carl Zuckmayer Der Hauptmann von Köpenick am 19. Dezember 2006. Das Ensemble hat sehr gut gespielt. Das Theater war leider nur zur Hälfte ausverkauft. Die nicht aus Steuergeldern subventionierte KOMÖDIE hat leider einen Flop produziert.

 
     
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