Dieter Kersten - Januar 1999    
Gesprengte Ketten
 
     
 

Der nachfolgende Text bedarf einer Erklärung. Er ist von Nils, 10 Jahre alt, geschrieben worden, ich nehme an, von dem jüngsten Autor, den es in der Geschichte der NEUEN POLITIK jemals gegeben hat. Ich war mit der Familie Krumschmidt eine Woche in Wustrow/Darß im Urlaub, d. h. Nils war mit seiner Mutter und mit Ines und Familie vorgefahren und berichtete mir ganz aufgeregt von der Störtebeker - Aufführung auf Rügen. Ich sagte dann so leichthin - na, dann kannst Du ja einen Bericht für die NEUE POLITIK schreiben - und Nils war Feuer und Flamme. Wir entliehen uns in der Wustrower Ortsbibliothek Störtebeker aus der Reihe dtv - junior (leider vergriffen) und nun begann die Vertiefung des Themas Störtebekcr. Es war ja klar, nunmehr, als Autor der NEUEN POLITIK, mußte sich Nils mit den historischen, sozialen und wirtschaftlichen Hintergründen der Piraterie befassen. Es stellte sich heraus, daß sein Held Störtebeker eigentlich ein ganz mieser Gewaltmensch war. Es gab Diskussionen mit Nils und sehr nachdenkliche Reflexionen. Wie heißt es so schön: Ähnlichkeiten (mit der Gegenwart) sind rein zufällig. Nils hat dann selbständig, unter Zuhilfenahme des Rügener Theaterprogrammheftes, den nachfolgenden Text geschrieben und ist ganz stolz darauf, daß der Text in der NEUEN POLITIK erscheint. Ich habe als Herausgeber nichts geändert. Eine kleine Bemerkung dazu: die so plötzlich im Text auftauchende Nele ist die Freundin von Störtebeker.
Kinder sind sehr leicht zu begeistern und wir Erwachsenen neigen dazu, die Begeisterung schnell zu dämpfen (weil sie uns auch auf die Nerven gehen kann), anstatt sie in kreative Bahnen zu lenken. Das heißt natürlich auch, daß Kinder gefordert werden müssen. Nur wenige Erwachsene (Eltern, Großeltern ect.) folgen dieser Notwendigkeit - aus Bequemlichkeit - und jammern dann, wenn sich die Kreativität in Gewalt auflöst.
Und noch eins. Hören Sie Kindern gut zu, Sie können viel lernen.

Gesprengte Ketten
von Nils Arne Krumschmidt

Anfang August 1998 habe ich meine Ferien in Wustrow an der Ostsee verbracht. Mit meiner Schulkameradin Ines, die auch mit ihrer Familie hier war, hatten wir ein paar Tage nach unserer Ankunft einen Einfall: wir wollten die Störtebeker-Festspiele in Ralswiek auf der Insel Rügen besuchen. Auf dieser einzigartigen Naturbühne finden die Festspiele schon zum sechsten mal statt. Die Aufführung >> Gesprengte Ketten << spielt im Jahre 1390, während des Krieges zwischen Mecklenburg und Dänemark. Auf dem Marktplatz von Stralsund versucht Goedecke Michels seine geklauten Waren zu verkaufen. Er ist einer der bedeutendsten Seepiraten in seiner Zeit. Seine gelungenen Geschäfte feiert er mit einem Krug Bier und dabei stört ihn der Mönch Nicodemus mit seiner Predigt über die Gerechtigkeit. Da kommt Klaus von Alcun angeritten und schafft es gerade noch, einen wütenden Kampf zwischen den beiden zu verhindern. Zur Versöhnung trinkt Klaus mit Goedecke einen Krug Bier. Ein auf einen Zug geleerter Krug Bier beeindruckt Goedecke schwer und er gibt Klaus den Spitznamen >> Stürzdenbecher <<. In einer neuen Szene tritt Margarete ( Königin von Dänemark) mit Wulf Wulflam, dem Stralsunder Bürgermeister, auf. Sie bietet ihm 5.000 lübische Mark an, damit er den dänischen Schiffen den Hafen von Stralsund offen hält. Das hindert ihn aber nicht, gleichzeitig für den Herzog Johann von Mecklenburg >> Kaperbriefe << den Piratenhäuptlingen anzubieten, damit sie dänische Schiffe straffrei berauben können. Eine weitere Szene zeigt Graf von Putlitz mit seiner Schwester, wie sie zum Vater von Klaus reiten. Durch eine Heirat will der reiche Putlitz die Ländereien der beiden Familien vereinen. Durch die Abwesenheit von Klaus kommt es noch zu keinem Entschluß, aber zu einem folgenschweren Zwischenfall: Durch den Ungehorsam von Neles Bruder soll Nele zur Strafe zum Frondienst auf Schloß Putlitz. Selbst der zurückkommende Klaus kann es nicht verhindern: er wird ans Mühlrad gekettet und durch das Wasser geschleift. Das Unheil nimmt seinen Lauf. Lange muß Klaus nach Nele suchen, bevor er sie in Stralsund wiederfindet und trotzdem ihren Tod nicht verhindern kann. Der Mord an seinem Vater stürzt Klaus in tiefe Verzweiflung. Von nun an will er den Reichen nehmen und den Armen geben und nennt sich ab jetzt Klaus Störtebeker ( von Stürzdenbecher). Zum Schluß der Aufführung wird der Bürgermeister von Stralsund erwischt, wie er den ersten Teil seines Lohnes für den Verrat an Stralsund einnimmt. Störtebeker kann dies zwar mit seinen Gehilfen stoppen, aber nun wartet der Galgen auf ihn. Am anderen Morgen soll er gehenkt werden. Da kommt Goedecke und befreit ihn. In der Aufführung wurde das Piratenleben sehr herrlich dargestellt. Aber das wirkliche Piratenleben war damals sehr schlimm. Trotzdem hat mir die Aufführung gefallen. Die vielen Szenen und Lichteffekte waren sehr schön. Dramatisch wurde es, als Nele dem Feuer zum Opfer fiel und ins Wasser stürzte. Das Schlußfeuerwerk war am allerschönsten. In dieser spannenden Aufführung haben über 120 Menschen, 4 Schiffe und 20 Pferde mitgewirkt.



 
     
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