Dieter Kersten - Oktober 1998    
Wasser und die Korruption  
     
  Wasser ist wahrscheinlich eines Tages umkämpfter als Erdöl. Folgende Statistik fand ich in der Wochenzeitschrift FREITAG vom 11. September:

Knappes Wasser

Süßwasservorräte in 1000 Kubikmeter je Einwohner:

 
1950
Prognose 2000
Kontinent
 
 
Afrika
20,6
5,1
Asien
9,6
3,3
Europa
5,9
4,1
Nordamerika
37,2
17,5
Südamerika
105,0
28,3

Die Skala des Wasserverbrauches pro Tag und pro Person wird angeführt von den USA mit dem größten Verbrauch, gefolgt von Kanada, Australien, Italien, Japan, Großbritannien, Frankreich und am Schluß Deutschland. Die Kubikmeterquantitäten sind in dieser FREITAG-Veröffentlichung nur mit Strichen angegeben; dabei ist der deutsche Verbrauch ungefähr ein Zehntel des Verbrauches in den USA.
Wenn wir uns die erste Statistik noch einmal ansehen, dann liegt bei den schlechten Zahlen Europa noch ganz gut im Rennen, was ja bei den Vergleichen der zweiten Information mit dem guten Abschneiden Deutschlands übereinstimmt.
Unklar ist, ob bei der Berechnung der Süßwasservorräte die Verschmutzung berücksichtigt worden ist. Am Schlimmsten sind wahrscheinlich die chemischen und die radioaktiven Verschmutzungen. Selbst wenn es sich um sogenanntes sauberes Wasser handeln sollte, dann sagt die Statistik auch nichts über die Natürlichkeit des Wassers aus.
Jeder, der sich mit Wasser befaßt, weiß, daß Wasser mehr als H20 ist. Chemisch reines Wasser ist kein natürliches, sauberes Wasser, sondern es hat noch die Informationen der Verschmutzungen. Wir wissen das aus der Homöopathie, wo bei den hohen Potenzen der Wirkstoff (das Arzneimittel) auch nicht mehr nachgewiesen werden kann.
Wenn wir bei günstigsten Verhältnissen - in Europa - auch nicht mehr überall natürliche Bäche, Flüsse und Grundwasser haben können, dann können wir wenigstens versuchen, einen kleinen Teil der Natur bei der Abwasserreinigung nachzuahmen. Verantwortungsvolle Bürger und Wissenschaftler haben schon lange vor den obigen Statistiken Vorschläge gemacht, wie z.B. das Reinigen von Abwässern durch Binsen, Schilf und Sumpfpflanzen. Diese Methode ist an den Stadträndern und auf dem Land möglich. Auch Fäkalien können auf diese Art und Weise beseitigt werden, auch entgegen Äußerungen von Fachleuten, die ansonsten die natürliche Abwasserreinigung befürworten. Die Angst vor dem unbekannten Wesen Kolibakterien ist sehr groß. Es wird dabei übersehen, daß die Natur normalerweise mit Kolibakterien auch fertig wird.
Das durch Pflanzen gereinigte Wasser ist vielfältig in Landwirtschaft, Gärtnereien, Privatgärten und in der Grauwasserversorgung in den Haushalten (Klospülung) verwendbar. Diese Pflanzenkläranlagen werden dezentral angelegt. Sie bedürfen der Aufmerksamkeit der Bürger, um schädliche Einwirkungen durch chemische Haushaltsreiniger - Waschmittel zu vermeiden bzw. einzuschränken und sie bedürfen u.U. der Pflege durch den Bürger, wenn nicht andere, teurere gesellschaftliche Übereinkommen getroffen werden, wie z.B.: die Gemeindeverwaltung überwacht und pflegt. Wenn wir an die immer teurer werdenden Abwasseranlagen - insbesondere jetzt in den neuen Bundesländern - denken, dann ist die Abwasserreinigung durch Sumpfpflanzen auf jeden Fall billiger. Diese Methode schont auch die Süßwasservorräte.
Statt den Wissensstand über die Pflanzenkläranlagen zu nutzen, werden aktuell in den neuen Bundesländern ein Abwasserzweckverband nach dem anderen gegründet und mit Hilfe von Parteien, Behörden, Parlamenten, Regierungen und der Justiz, die durchweg und ohne Unterschied als korrupt zu bezeichnen sind, werden die Bürger nach Strich und Faden ausgenommen. Die Anschlußkosten, es herrscht Anschlußzwang, können ruinös sein. In der gleichen FREITAG - Ausgabe, in der ich die Wasserstatistik fand, gibt es einen Beitrag von Werner Rügener mit der Überschrift ... bis den Klägern der Atem ausgeht und mit der Unterüberschrift Abwasserpolitik: Nicht nur ein Reisebericht aus den neuen Bundesländern, sondern ein Lehrstück darüber, wer was zu sagen hat. Ich bitte um Nachsicht, daß ich einen ganzen Abschnitt leicht gekürzt zitiere, der mit Leipzig überschrieben ist: ... Diplom-Ingenieur Detlev Köhler hat sein Büro für Architektur und Umwelttechnik in einer schönen Villa im Stadtteil Markkleeberg. ... Köhler hat seinen Kollegen, den Abwassertechniker Reiche dazugeholt. Sie berichten mir von ihren bitteren Erfahrungen. Seit 1991 haben sie sich an verschiedenen Ausschreibungen für kommunale Kläranlagen und Kanalisationen beteiligt. Sie boten dezentrale Anlagen an. Die sind billiger als üblich. Köhler ist aus Münster übergesiedelt und kennt sich mit moderner Umwelttechnologie aus, wie sie in den USA und in Westdeutschland entwickelt wurde. Eine typische Kläranlage für eine Kleinstadt, die von anderen Ingenieurbüros für 60 Millionen Mark angeboten wird, boten sie für weniger als die Hälfte an. Aber ihre Angebote wurden nicht aufgegriffen. - Das passierte ihnen mehrere Male, berichteten sie: In Wittenberg und Altenburg, in Wernigerode und Dessau, in Görlitz und Plauen. Überall wurden große, zu große Anlagen gewünscht. Die Geschäftsführer eines Zweckverbandes wurden deutlich, so Köhler: >> Wenn Sie mir drei Prozent auf mein Konto in der Schweiz überweisen, bekommen Sie die Planung.<< Ein anderes Mal hieß es: >> wir sind die FDP-Schiene. Für uns müssen zehn Millionen abfallen, dann sind Sie unser Mann. << - Köhler und Reiche taten sich mit Bürgerinitiativen zusammen. Sie kontaktierten auch andere Ingenieure und Unternehmer, die in den selben Kommunen mit ihren billigen und ökologischen Angeboten nicht ankamen. In öffentlichen Versammlungen erläuterten Köhler und Reiche ihre Projekte und fanden Zustimmung bei den Bürgern. Aber die Bürgermeister, Zweckverbände und Ministerien zogen ihre Planungen durch. - Köhler und Reiche sammelten Unterlagen über die Ausschreibungen, an denen sie teilgenommen hatten. Sie fanden Manipulationen. Da hatte zum Beispiel ein städtischer Bediensteter in den Preislisten herumradiert und neue Zahlen reingeschrieben. Er hatte Preise zu Ungunsten des Köhler-Angebots verändert. - Köhler rief beim Bundeskriminalamt an und bat um Hilfe. Zwei Herren reisten aus Wiesbaden an. Sie ließen sich alles zeigen, nickten verständnisvoll, nahmen Unterlagen mit - und reisten wieder ab, so Köhler. Sie haben sich nicht mehr gemeldet. Der Ingenieur informierte dann den Spiegel und Focus. Redakteure kamen, ließen sich alles zeigen, nahmen Unterlagen mit. In den veröffentlichten Artikeln wurde alles verharmlost, meint Köhler. Fürchteten die Medien Verleumdnungsklagen? - Schließlich tat Köhler das, was in ihrer Not so manche Mitglieder von Bürgerinitiativen in den neuen Bundesländern gemacht haben. Er gab die Unterlagen an die zuständige Staatsanwaltschaft. Aber kein Zeuge wurde vernommen. Die Ermittlungen wurden eingestellt, teilweise ohne Einstellungsbescheid. Bei einer Nachfrage waren laut Staatsanwalt die Akten einfach >> verschwunden <<. Der Ingenieur, der aus dem Westen kam, faßte seine Erfahrungen wütend und traurig so zusammen: >> Die großen Parteien, die Justiz, die Bürokratie - gegen diesen Filz kommen wir nicht an. << - Köhler hat sich aus dem Geschäft zurückgezogen. Er baut nun Eigenheime und Wohnhäuser ... In einem Abschnitt, der mit Beilrode-Arzberg überschrieben ist, wird geschildert, wie ein Abwasserzweckverband, gebildet von den Gemeinden, diese Gemeinden mit Hilfe eines westdeutschen Beteiligungsfonds, der mit Verlustzuweisungen für 420 West - Geldanlegern steuersparend noch 4 % Zinsen bei den dortigen Bürgern abzockt, die zu 30 % arbeitslos sind: Der Rat seiner Gemeinde hat einstimmig beschlossen, gegen den privaten Betreibervertrag mit dem Dortmunder Investor wegen Sittenwidrigkeit zu klagen. Doch die CDU-Landesregierung in Dresden schützt die guten Freunde des Ministerpräsidenten. Der Innenminister schimpfte gegen die >> Obstruktionspolitik << der Gemeinden von Arzberg-Beilrode. Im Landtag drohte er den Aufsässigen namens der sächsischen Staatsregierung: >> Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln werden wir dort Recht und Gesetz wiederherstellen. << - Da haben die Landwirte, Gewerbetreibenden und Bürgermeister an den Rechtsstaat geglaubt. In mehreren Gerichtsverfahren haben sie Recht bekommen. Sie haben Unterlagen zu dem dubiosen Investorenvertrag an den Staatsanwalt geschickt. Sie haben sich mehrere Male bittend an den Landesvater gewandt. Und das ist nun das Ergebnis: Als Gesetzlose werden sie hingestellt, von der eigenen Regierung. Sie wissen nicht mehr, wie sie sich helfen sollen. .......... Immer wieder blieb ich beim Durchblättern an einem Protokoll hängen. Es wurde in einem Fortbildungsseminar für Mitarbeiter sächsischer Behörden im Bereich Abwasser gemacht. Vor allem die Leitsätze des Seminarleiters wurden wörtlich festgehalten. Anschließend wurde das Protokoll einer Bürgerinitiative zugespielt. - Das Seminar wurde geleitet von einem Professor. Er ist Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht in Berlin. Er machte den sächsischen Beamten klar, wie die neue Demokratie funktioniert. Widersprüche gegen Gebühren - und Beitragsbescheide beispielsweise, so der Richter, sind normal und gehören zum Geschäft. Sie müssen nur möglichst geschickt abgebügelt werden. >> 80 Prozent Widersprüche in den alten Bundesländern sind normal. Davon leben die Beamten und die Rechtsanwälte: >> Sie müssen die Widersprüche so lange bearbeiten, bis den Schreibern der Atem ausgeht.<< - Und für die besonders Aufmüpfigen ist nach den Worten des hohen Verwaltungsrichters folgender rechtsstaatlicher Erschöpfungsweg vorgesehen: >> Auch auf dem gerichtlichen Weg gibt es Möglichkeiten, daß den Bürgern der Atem ausgeht. Erst Instanz - zweite Instanz - Oberverwaltungsgericht.<<
Wenn es einen Krieg um das Wasser gibt, dann muß er im Lande gegen die Korruption, d.h. also gegen die gesamtgesellschaftlichen Zustände geführt werden, gegen die kriminelle Konnexion von Parlamenten, Parteien, Regierungen, Verwaltungen und kriminellen Unternehmern.. Ich schreibe diesen Beitrag vor dem 27. September, aber ich habe keine Hoffnungen, daß sich durch eine Parteienwahl etwas an den Zuständen ändert. Der Bürger muß gegen die kriminellen Verbindungen selbst sein Schicksal in die Hand nehmen, indem er sich über Bürgerinitiativen und Gemeindeversammlungen ein demokratisches Beziehungsgeflecht schafft, welches seine direkte Beteiligung an dem politischen Geschehen sichert. Wir sollten dieses Beziehungsgeflecht politische Nachbarschaften nennen, die den Kohls, Biedenkopfs, Lafontaines und Schröders und ihren kriminellen Mitstreitern in jeder Pore unseres Gemeinwesens die Macht nehmen. Das ist mit Opfern verbunden, sicher. Ohne Opfer kein Leben, aber auch keine Freude. So ist es nun einmal.

 
     
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