Dieter Kersten / Oktober 2003    
Glosse  
     
  Der Ruf nach Abschaffung von Bürokratie erschallt mit schöner Regelmäßigkeit und endet meistens mit der Schaffung einer neuen Behörde. Zuviel Menschen wollen auf Kosten der wertschaffenden, produktiven Menschen leben. Es lebe das bürokratische Parasitentum !
Ich hatte mir immer wieder vorgenommen, dieses Behördenunwesen ab und zu zu karikieren bzw. zu glossieren. Jetzt habe ich in zwei sehr unterschiedlichen Vorgängen mit Behörden zu tun gehabt, einmal direkt, einmal indirekt. Beide sind symptomatisch, weil zeitraubend und unproduktiv.
Ich habe einer befreundeten us-amerikanischen Firma ein Darlehen gegeben. Was ich nicht wußte, ist die Ver-pflichtung des Darlehensgebers, der Deut-schen Bundesbank - nach Außenwirtschaftsverordnung - bei dieser Darlehenssumme über eine Kennziffer Auskunft über die Art und Weise dieses Darlehens zu geben. Die Bank, die die Überweisung tätigte, hatte keine Ahnung. Die Folge war, daß ich von der Deutschen Bundesbank einen Wust von Drucksachen bekam, mit einem Begleitschreiben, das von zwei Menschen unterschrieben ist; noch zusätzlich ist eine Sachbearbeiterin erwähnt. Die Drucksachen, Merkblätter und der Gesetzesauszug, bieten keinerlei Hinweise auf den einfachen Vorgang: eines Privatdarlehens an eine us-amerikanische Firma. Die Hinweise sind immer nur Annäherungen an den eigentlichen Vorgang, die es der Bürokratie ermöglichen, weiteren Schriftverkehr zu provozieren, um ihre Daseinberechtigung zu dokumentieren.
Immerhin, es gibt eine Hotline, wie es so schön neudeutsch heißt! Kostenlos, d.h. der Steuerzahler muß bezahlen. Am Telefon sitzt eine Dame. die nicht kostenlos arbeitet. Mir wurde dann eine Kennziffer genannt, die in dem Wust von Drucksachen nicht vorkommt.
Für einen lächerlichen Vorgang sind vier Personen beschäftigt; die meiste Arbeit habe aber ich, und ich werde nicht für meine Arbeit für eine von mir nicht akzeptierte Bürokratie entlohnt
Der zweite Vorgang betrifft das Dach meines Hauses und die alten Schindeln, die leider Asbest enthalten. Der von mir beauftragte Dachdecker, mit diesem Problemkreis vertraut, stellte nach Recht und Gesetz beim Bauamt des Berliner Bezirks Wilmersdorf/Charlottenburg einen Antrag auf Abriß und Entsorgung, und bekam Auflagen, die in dem entsprechenden Gesetz gar nicht vorkommen. Der Dachdecker machte die Sachbearbeiterin, Frau Wüst, darauf aufmerksam und bekam die Antwort > Das Gesetz bin ich < und den Nachsatz > Wenn Sie damit nicht einverstanden sind, dann erhalten Sie keine Genehmigung <. Den Hinweis meines Dachdeckers, daß sie, die Sachbearbeiterin, in einem anderen, aber von der Sache her gleichen Fall anders entschieden hätte, quittierte sie mit der Bemerkung > Da muß ich geschlafen haben <. Meine empörte Reaktion war, wir formulieren eine Dienstaufsichtsbeschwerde und gehen notfalls vor Gericht. Der Handwerker stoppte mich: er möchte mich gerne noch in diesem Jahr bedienen und nicht erst nach mehreren Jahren. Es ist bekannt, daß solcher Art Prozesse vor Berliner Gerichten Jahre dauern können. In ei-nem anderen Fall hörte ich die Aussage eines Berliner Richters: > Ich bin unabhängig und kann meine Arbeitszeit selbst bestimmen <.
Es müßte für ein paar Jahre ein Gesetz ge-ben, das für jede neugeschaffene Stelle im Öffentlichen Dienst fünf Stellen eingespart werden. Das sollte dann zu einer Überprüfung von Gesetzen, Erlassen etc. führen. Vielleicht kann dann der Öffentliche Dienst auf ein menschliches Maß zurückgeführt werden.

 
     
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