Raoul Nakhmanson (nakhmanson@t-online.de)
- Februar 2005
   
Drei Axiome der Demokratie  
     
 

Zeitungen, Radio und Fernsehen informieren uns öfter über Schwierigkeiten, eine Kompromiss-Lösung des zu diskutierenden Problems zu finden. Dieses Problem ist heute wegen Vorbereitung der Verfassung der Europäischer Union (EU) sehr aktuell für Europa geworden. In der EU haben wir bis jetzt keinen Konsens über die Zahl der Abgeordneten im EU-Parlament, der Kommissionen und anderer Einrichtungen, und wir haben keinen Konsens über die Prozedur der Entscheidung. "Kleine Staaten" plädieren für Gleichberechtigung der Staaten (ein Staat - eine Stimme), "große Staaten" plädieren für Privilegien, z.B. weil sie mehr Bevölkerung haben, oder weil sie mehr Geld in das gesamte Budget bringen. Verhandlungen finden auf verschiedenem Niveau (Haupt der Regierung, Außenminister, Konferenzen, Kommissionen, etc.) statt. Trotzdem enttäuschen die Resultate und Kompromisse sind nicht zuverlässig. Das ist aber keine Überraschung, weil Verhandlungen keinen festen Regeln sondern Traditionen, die für verschiedene Staaten und Gesellschaften andere sind, unterworfen sind. Die benutzten Prozeduren wie "Mehrheit", "Mehrheit als 2/3 oder mehr", "Einstimmig" und "Veto" haben keine klare logische Basis.

Die Wurzel des Problems ist, daß das Wort "Demokratie" und seine Ableitungen bis jetzt keine axiomatische Basis und logische Struktur haben, die von allen Teilnehmern der Verhandlungen akzeptiert werden. Jeder behandelt den Begriff "Demokratie" nach seiner Art und zu seiner Nützlichkeit.

Könnte man hier etwas verbessern? Ich denke "JA" und betrachte als Beispiel das schon betreffende Schlüsselproblem, nämlich, die Prozedur der Entscheidung.

1. Als erstes Axiom der "Demokratie" können wir die Gleichberechtigung aller Menschen nehmen. Dieses Axiom ist in der Verfassungen aller Staaten, die sich "demokratisch" nennen, festge schrieben. Dies bedeutet aber nicht Gleichheit der Möglichkeiten.

2. Das Wort "Demokratie" war im alten Griechenland geboren und bedeutet "Volksregierung". Es scheint, diese Formel als zweites Axiom der "Demokratie" nehmen zu können, wenn wir den Begriff "Volksregierung" richtig definieren. In "demokratischen" Staaten wird die "Volksregierung" direkt mittels Referendum und indirekt mittels Abstimmung der Vertreter (z.B. in Parlament) rea lisiert. Der Konsens mit dem ersten Axiom ist mit der Relation "eine Person - eine Stimme" dek lariert. Aber es ist nicht genug! "Volksregierung" zusammen mit "Gleichberechtigung" verlangt mehr, nämlich: Beim Referendum sollten alle Menschen gleiche Chancen haben, ihre Meinung zu realisieren. Dasselbe Prinzip muß z.B. für Parlamente gelten, wo außerdem jeder Abgeord nete dieselbe Zahl an Wählern vertreten sollte. Diese Formel könnte als zweites Axiom der Demokratie aufgenommen werden.

3. Die heute existierenden Prozeduren der Entscheidung verletzen unser zweites Axiom. Zum Bei spiel ist die Entscheidung, die nach Meinung der Mehrheit getroffen wird, nichts anderes als eine Diktatur der Mehrheit gegen die Minderheit. Mehrheit ist meist konservativ und regressiv, sie kann manipuliert werden. Mehrheit führt zu Diktatur. Entscheidungen, die immer nach Mehrheit getroffen werden, führen in eine Sackgasse. Sie bringen uns schnell auf die Höhe eines Hügels, wo wir ewig bleiben und ferne Berge mit Neid beobachten. Neue Ideen (auch die guten) kommen zuerst von einer Minderheit, und wir müssen ihr (und anderen auch) die Möglichkeit geben, diese Ideen praktisch zu prüfen. Aber wie?

Die Lösung liegt nicht weit, sie ist in unserer Umwelt und in uns selbst. Sie war entstanden im Evolutionsprozess der lebenden und "leblosen" Materie. Man muß in einem Wettbewerb alle Vor schläge teilnehmen lassen mit Koeffizienten, die der Zahl der Anhänger entsprechen, und die letzte Entscheidung zufällig machen. Die Evolution hat dazu ihrer Kreaturen - von Quantenwe sen bis Menschen - mit Zufallsgeneratoren versehen. Von ihrer Seite versuchen die Menschen, Computer mit den Zufallsgeneratoren und "Versuch und Irrtum"- Programmen zu versehen, um künstlichen Evolution und Bewußtsein zu erzeugen.

Menschen benutzen ihre Zufallsgeneratoren, die in ihrem Unterbewußtsein verborgen sind, um alle Alternativen zu erforschen, einschließlich der, die unwahrscheinlich oder sogar gefährlich aussehen. Wir sympathisieren mit solcher Irrationalität und Unbesonnenheit. Erinnern Sie sich an das Märchen, wo der Held vor der Kreuzung steht und den Wegweiser liest: "Rechts gehen - reich werden, geradeaus gehen - Prinzessin heiraten, Links gehen - sterben"? Der Held ging nach links!

"Zufall ist der Gott der Erfindungen" - Alexander Puschkin.

"Ungewißheit ist die Quintessenz des Romans" - Oscar Wilde.

Viele Menschen glauben, daß Würfeln ihnen Gottes Willen zeigt.

Lotterie, Totalisator, Roulette usw. existieren nur dank der Anziehungskraft des "positiven" Zufalls. Versicherungen aller Art existieren nur dank der Angst vor dem "negativen" Zufall. Daher das dritte Axiom der Demokratie: Wenn verschiedene Vorschläge existieren, dann muß die Entscheidung mittels eines Zufallsgenerators getroffen werden. Voraussetzung ist, dass jeder Mensch (oder Vertreter) eine Chance hat, beziehungsweise jeder Vertreter (z.B. Angeord nete im Parlament) dieselbe Zahl von Menschen vertritt.

Betrachten wir ein einfaches Beispiel. Stellen wir uns vor, daß wir im Jahre 3004 sind, in einer Ära der vollkommenen Demokratie und Ökologie. Alle Maschinen, die schädliche Mittel produzieren, sind außer Betrieb. Zehn kräftige Männer von Greenpeace müssen einen schweren Baumstamm auf eigenen Schultern vom Dorf A nach Dorf B ins Naturmuseum transportieren.

Zwischen A und B liegt aber ein Moor (Ökologen trocknen Moore nicht, ganz im Gegenteil, sie lieben und kultivieren sie) Das Moor könnte von rechts wie von links umgangen werden. "Wer bevorzugt rechts?" - sieben Hände werden gehoben. "Wer bevorzugt links?" - drei Hände werden gehoben. Die Männer dürfen das Museumsexponat nicht zersägen und sollen eine andere Lösung finden. Entscheidung nach der Mehrheit wie in alter Zeit ist verboten. Wie geht es weiter?

Jetzt nimmt jeder Mann ein Zettelchen, sieben Männer schreiben auf ihren "RECHTS", drei auf ihren "LINKS". Alle zehn Zettelchen kommen dann in einen Hut und werden gemischt. Ein Mann zieht unabsichtlich ein Zettelchen heraus und liest die Antwort, "RECHTS" oder "LINKS". Erstere kommt wahrscheinlicher, aber die Zweite ist auch möglich. Wichtig ist, daß jeder Mann dieselbe Chance hat, seinen Wunsch zu verwirklichen.
Solche Praktiken vom Sportclub bis zum EU Parlament und UN schützen uns nicht nur vor der Diktatur der Mehrheit und Stagnation sondern auch vor Korruption und "Kämpfen" für 50%+1 Stimmen bei Wahlen. Bei zufälliger Endscheidung ist eine kleine Differenz nicht wichtig, 49% und 51% sind gleichbedeutend. Koalitionen haben keinen Sinn. Stellen wir uns z.B. ein Parlament vor, das 100 Abgeordnete hat, die zu drei Parteien gehören: ALPHA (45 Abg.), BETA (35) und GAMMA (20). Heute können BETA und GAMMA eine Koalition schließen, eine Mehrheit (35+20=55) im Parlament bilden, und alle Initiativen der Partei ALPHA stoppen. Nach den neuen Regeln ist eine solche Koalition nutzlos: Mit und ohne sie könnte ALPHA in 45% Fällen ihre Initiative durchbringen und BETA und GAMMA zusammen nur 55%.

Kehren wir ins dritte Jahrtausend zurück. Selbst Europa - der Erfinder der heutigen Demokratie (die, wie oben erklärt wurde, keine Volksregierung ist) - ist für das neue Demokratieverständnis nicht reif. Dies trifft auch für andere Kontinente zu. Ich will nicht spekulieren darüber, was passieren könnte, wenn die neue Demokratie heute plötzlich kommt. Wahrscheinlich kommt ein schreckliches Chaos und nachher eine harte Diktatur. Deswegen muß der Übergang zur neuen Demokratie sanft mit kleinen umkehrbaren Schritten sein. Es ist sinnvoll schon jetzt über diese neue Demokratie als Zielpunkt "Omega" zu sprechen, um ihre Ankunft zu beschleunigen.

Aber brauchen wir eine solche neue Demokratie wirklich? Laßt uns Papierzettelchen mit unseren Meinungen in einen Hut legen, durchmischen und ein Zettelchen unabsichtlich herausziehen.
Viel Glück!

Dr. Raoul Nakhmanson, 60314 Frankfurt am Main 1,
Waldschmidtstraße 131 Tel. (069) 44 29 17 Fax (069) 43 88 84

eMail an:
Herrn Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (mail@bundestag.de)
Herrn Bundesminister des Innern Otto Schily (poststelle@bmi.bund.de)
An alle im Bundestag vertretenen Parteien
(über HerrnBundestagspräsident Thierse)

Betr: So genannte "Genetische Fingerabdrücke"


27. Januar 2005

Sehr geehrte Damen und Herren,

Der schnelle Erfolg bei der Verhaftung des Täters im Fall Mooshammer in München stärkt die Position der Anhänger einer genetischen Identifikation. Am liebsten möchten sie die genetischen Fingerabdrücke von allen Menschen in einer Datenbank haben, verbunden mit den Personalien. Ohne Zweifel vereinfacht und verbilligt ein solches Vorhaben die Forschung nach Straftätern drastisch.

Solche Pläne verstoßen jedoch gegen die persönliche Freiheit des Einzelnen. Sie heben die Prinzipien der freiheitlichen Demokratie auf und führen in einen Überwachungsstaat.

Wie ich weiß, gibt es bis heute kein logisches Modell eines Kompromisses. Der Zweck meines Briefes ist, ein solches Modell vorzuschlagen. Es sieht so aus:

Die ganze Bevölkerung muß in gleich große Gruppen eingeteilt werden. Die Größe einer Gruppe ist eine Sache der Vereinbarung zwischen den Parteien und liegt zwischen einer Person (extremer Wunsch der Polizei) und der ganze Bevölkerung (extremer Wunsch der Demokraten). Nehmen wir als Beispiel, dass diese Größe gleich 100 Person sei.

Für jede Gruppe haben wir ein Liste mit 100 Namen (mit Adressen usw.) und 100 genetischen Fingerabdrücken. Diese Abdrücke müßten anonym bleiben, d.h. keine persönliche Identifikation tragen. Man weiß nur, zu welcher Gruppe sie gehören.Die Wahrscheinlichkeit der zufälligen Identifikation ist gleich 1 %, oder, in anderen Worten, die persönliche Sphäre ist nur zu 1% verletzt.

Alle solche anonymen genetischen Fingerabdrücke der Bevölkerung eines Landes (oder sogar der ganzen Welt) sind für die Polizei mittels Computer erreichbar. Wenn die Polizei den genetischen Fingerabdruck eines Täters besitzt, sie kann sofort feststellen, zu welcher Gruppe er gehört. Auch damit wäre ihre Arbeit einfacher geworden: Sie muß nur 100 Personen überprüfen. Im Normalfall hat die Polizei zusätzliche Informationen die ihr helfen.

Mitglieder einer Gruppe könnten z.B. zuerst die Einwohner eines Ortes sei. Wenn danach einige Personen aus diesem Ort wegziehen, schadet es dem Modell nicht. Die Gruppen müßten am Anfang auch nicht die ganze Bevölkerung abdecken. Zuerst könnten es z.B. Personen sein, die Straftaten auf ihrem Konto haben. Wichtig ist, daß die genetischen Merkmale in der Gruppe verstreut bleiben, was die private Sphäre schützt.

Ich möchte noch einmal betonen: Das Modell eröffnet einen Weg zu einem Kompromiss zwischen "Demokraten" und "Polizei". Der Gegenstand des Vereinbarung ist die Größe der Gruppe.

In der Hoffnung, Ihnen hiermit behilflich zu sein, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen,

Dr. Raoul Nakhmanson

 
     
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