Dieter Kersten - Juni 2008

   
 

Israel

 
     
 

(D.K.) Der Staat der Juden, Israel (in Palästina), feierte am 14. Mai den 60. Jahrestag seiner Gründung. Grund genug, einige Worte zu diesem Land zu schreiben.

Was macht Israel, welches nur 7 Millionen Einwohner hat, weltpolitisch so wichtig? Es ist die latente Kriegsgefahr, die von Israel und seiner Regierung ausgeht. Israel ist im Nahen Osten das einzige  atomwaffen-bestückte Land. Israelische Politiker und andere Funktionsträger haben schon öfters, im Rundumschlag, ihren Nachbarn, bis nach Europa, mit diesen Waffen gedroht.
Was macht Palästina/Israel so wichtig? Das „Heilige Land“ ist die spirituelle Wiege der Christen.

Palästina/Israel ist ein „Heiliges Land“ für die gesamte islamische Welt.

Palästina/Israel ist ein „Heiliges Land“ (Zion) für die jüdisch-gläubige Welt.

Die innenpolitischen Nachrichten aus Israel sind nicht besonders vertrauenserregend. Israel ist ein Land mit ausgeprägter und gesellschaftszerstörender Korruption, in die sogar der amtierende Premierminister Ehud Olmert sehr stark verwickelt sein soll. Der Vorgänger des jetzigen Staatspräsidenten, Mosche Katzaw, ist voriges Jahr wegen des Vorwurfs sexueller Nötigung und Vergewaltigung aus seinem Amt „zurückgetreten“ worden. Die sozialen Spannungen sollen in Israel inzwischen besonders groß sein. Es wird berichtet, daß die zur Schau gestellte Gier nach Geld in Israel sehr ausgeprägt sein soll, Neoliberalismus in der reinsten Form, noch wesentlich heftiger als in Deutschland.

60 Jahre lang, bis zu dem heutigen Tag, sind die Israelis Landräuber. Sie nehmen immer noch den Arabern (Palästinensern) Land weg und errichten dort ihre Siedlungen. Die Israelis sind Wasserräuber. Sie verbieten den Palästinensern, Brunnen zu bohren, und verwenden den Großteil des Wassers in Israel/Palästina für ihre reichlich wasserverbrauchende Landwirtschaft und für ihren aufwendigen Lebensstil, im Verhältnis zu ihrer Umwelt.

Bild:
Die  Israelische Mauer auf dem Weg nach Bethlehem

Es ist Unfrieden - von Anfang an -, den die Israelis im Nahen Osten verbreiten. Ich habe vor langer Zeit in dem Kommentar- und Informationsbrief NEUE POLITIK eine kleine Geschichte aus meiner Familie geschildert,  die meine Mutter mir erzählte. Sie, meine Mutter, Berlinerin, ist 1902 geboren. Sie kannte in den „Goldenen Zwanzigern“ eine Gruppe gleichaltriger jüdisch-gläubiger junger Frauen, die ungefähr Mitte der zwanziger Jahre nach Palästina auswanderten. Diese jungen Frauen kamen nach zwei/drei Jahren wieder zu Besuch nach Berlin und die Clique traf sich. Die Ausgewanderten hatten viel zu erzählen. Sie waren voller Spott über die Palästinenser, die, ihrer Meinung nach, „so dumm seien, sich ihr Land für einen ‘Appel und ein Ei’ abschachern’ zu lassen“. Es fiel ein Wort nach dem anderen, bis meine Mutter Einspruch erhob und meinte, „ ... daß Ihr mit den Menschen nicht so umspringen könnt! Das sind doch Eure Nachbarn und Ihr müßt mit diesen Menschen auch in Zukunft auskommen.“ Es begann ein erregtes Palaver, und als meine Mutter als „dumme Kuh“ bezeichnet wurde, erhob sie sich und ging. Sie hat die jungen Frauen nie wieder gesehen. Das alles spielte sich vor der Heirat meiner Eltern und Jahre vor meiner Geburt ab.

Diese Geschichte fiel mir ein, als ich in der Wochenzeitschrift FREITAG  vom 9. Mai unter der Überschrift Es geschah in jener Nacht einen Bericht von Uri Avnery las. Uri Avnery, geboren am 10. September 1923 in Beckum als Helmut Ostermann, ist ein israelischer Journalist, Schriftsteller und Friedensaktivist. Er war in drei Legislaturperioden für insgesamt zehn Jahre Parlamentsabgeordneter in der Knesset (1965-1969, 1969-1973 und von 1979-1981). Er hat sich als 25-jähriger auch an Landraub beteiligt. Es folgen kurze Ausschnitte aus seinem FREITAG-Beitrag: > ... In jener Nacht zum 15. Mai 1948 griffen wir tatsächlich al-Kutab an. Als wir in das Dorf kamen, war es schon verlassen. Ich brach in eines der Häuser ein. Der Topf war noch warm, das Essen stand auf dem Tisch. In einem der Regale fand ich einige Fotos: ein Mann, der sich offenbar gerade die Haare gekämmt hatte, eine Frau, zwei kleine Kinder. Ich habe diese Fotos noch immer bei mir. .... Die Bewohner - Männer, Frauen und Kinder - flohen im letzten Augenblick und ließen alles zurück, was zu ihrem Leben gehörte. Vor dieser historischen Tatsache gibt es kein Entrinnen: Israels Unabhängigkeitstag und der palästinensische Nakba-(Katastrophen-) Tag sind die beiden Seiten ein und derselben Münze. In 60 Jahren ist es uns nicht gelungen - wir haben es nicht einmal versucht - den Knoten zu lösen, um eine andere Realität zu schaffen. Und so geht der Krieg weiter. ...  Vor 102 Jahren schrieb Theodor Herzl  ( Anmerk. d. Redaktion * 2. Mai 1860 in Pest, dem heutigen Budapest; † 3. Juli 1904 in Edlach, Gemeinde Reichenau an der Rax, Niederösterreich) in seinem Werk Der Judenstaat, das die zionistische Bewegung ins Leben rief, einen bedeutungsschweren Satz: "Für Europa würden wir dort (in Palästina) ein Stück des Walls gegen Asien bilden; wir würden den Vorpostendienst der Kultur gegen die Barbarei besorgen." So wurde in 22 deutschen Worten das Weltbild des Zionismus - und unser Platz darin - dargelegt. Jetzt, nach einer Verzögerung von vier Generationen folgt die materialisierte Mauer der geistigen. Man kann Herzls Weltbild verstehen. Er war ein Mensch des 19. Jahrhunderts. Er schrieb sein Buch, als der Imperialismus der Weißen seinen Höhepunkt erreichte. Er bewunderte ihn mit ganzer Seele. Er bemühte sich (vergeblich) um ein Treffen mit Cecil Rhodes, dem Mann, der damals den britischen Kolonialismus symbolisierte. Er ging auf Joseph Chamberlain zu, den britischen Kolonialminister, der ihm Uganda anbot, zur damaligen Zeit britische Kolonie. Herzls Maxime blieb kein abstrakter Gedanke. Die zionistische Bewegung folgte ihr vom ersten Moment an - der Staat Israel führt diese bis zum heutigen Tage fort.  ...<

Ohne den zur Zeit real existierenden Imperialismus der Vereinigten Staaten von Amerika, seiner politischen und wirtschaftlichen Oligarchien, wäre das Kunstgebilde Israel in der jetzigen Form nicht lebensfähig. Der Imperialismus ist die Fortsetzung des Kolonialismus mit anderen Mitteln, mit einem Anspruch auf größte Verantwortungslosigkeit gegenüber Menschen und Völkern.

Es gibt kein „auserwähltes Volk“, (auch kein auserwähltes us-amerikanisches Volk), keine „auserwählte“ jüdische Rasse (wie es jüdisch-gläubige Menschen selbst behaupten) und vor allen Dingen keine irgendwie als Kulturzu bezeichnende Lebensform, die sich gegen die Barbarei in irgend einer Form hätte abheben können oder abhebt. Es gibt nur die unterschiedlichen Kulturen der Völker, die alle gleichwertig sind. Der einzige Maßstab sind die Menschenrechte. Das wußte auch Herzl, der, wenn er sich in seiner Zeit umgesehen hätte und kein Konformist gewesen wäre. Lieber Herr Uri Avnery, es gibt keine Entschuldigung für Theodor Herzl, nicht ein einziges Wort.

Es gibt auch keine „besondere“ Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Bevölkerung gegenüber Israel und der jetzigen Bevölkerung dort - wenn schon, dann eher gegenüber den Arabern/Palästinensern. Ohne Hitler, der übrigens Österreicher war wie Theodor Herzl, wäre, das ist anzunehmen, Israel, wie es heute real existiert, nicht entstanden. Es ist Zynismus und wahrscheinlich Gotteslästerung, ich gebe das zu, aber eigentlich müßten die jüdischen-gläubigen Menschen (die Israelis, die sich als Zionisten empfinden) Hitler genau so „opfern“, wie sie einstmals ihrem Gott Jawe geopfert haben. Ist meine Behauptung, die ich schon einmal im Kommentar- und Informationsbrief NEUE POLITIK abgedruckt hatte, so abwegig, daß es (kein formales, kein schriftliches) Abkommen zwischen Hitler und den damaligen jüdischen Welt-Vertretungen gab, die armen Juden zu töten (Holocaust) und die reichen Juden laufen zu lassen, damit Israel möglich wurde? Ich habe über dieses schreckliche Thema vor Jahren mit einem alten russisch-deutschen Juden ein sehr vertrauliches Gespräch gehabt. Der Holocaust liegt mir „schwer im Magen“, weil die Mehrzahl der Deutschen zwischen 1933 und 1945 ihre jüdisch-gläubigen Nachbarn und Mitbürger nicht vor dem Nazi-Mob geschützt haben. Oder war die Mehrzahl der Deutschen mit dem Nazi-Mob identisch?

Es muß so um den 14. Mai herum gewesen sein, als im Sender RBB Inforadio ein muslimischer Araber, Restaurantbetreiber mit israelischen Paß aus Bethlehem, sich zu einem Staat bekannte, der Muslime und Juden gleichermaßen umfaßt. Er appellierte an die jetzige israelisch-jüdische Regierung, ihren Rassismus aufzugeben. Er sagte aber noch etwas anderes (sinngemäß): 20 % der 7 Millionen Einwohner Israels sind muslimische Araber. Der Prozentsatz wird sich in den Jahren immer weiter erhöhen. Es ergibt sich daraus ein Zwang der jüdisch-israelischen Regierungen, sich mit den Muslimen (Palästinensern)  ins Einvernehmen zu setzen.

Der palästinensisch-israelische Konflikt (es ist auch ein  Krieg mit der islamisch-arabischen Umgebung) kann nur durch ein Miteinander der Menschen dort überwunden werden. Dieses Miteinander muß im Geist und im Inhalt weit über einen völkerrechtlichen Frieden hinausgehen. Als Eindringlinge müssen die Israelis als Erste ihre Hände ausstrecken. Herzls Vorpostendienst der Kultur gegen die Barbarei muß widerrufen werden. Der Terror der Araber/Palästinenser ist die Antwort auf den Terror der Zionisten/Israelis/Juden.

Wer spricht bei uns in Deutschland über die Menschenrechte der arabisch/palästinensischen Bevölkerung? Anstatt dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert Küßchen  zu geben und Israel Waffen zu liefern, sollte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sehr energisch den Frieden der ausgestreckten Hand und Erfüllung der Menschenrechte fordern. Das wären die Lehren, die sich aus der deutschen Verantwortung für den Holocaust ergeben: keine Unterstützung von Terror, militärischer Rüstung und Atomwaffen in Palästina/Israel!

 
     
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