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Liebe Mitstreiterinnen, liebe Mitstreiter, sehr geehrte Damen und Herren,
die Unruhe auf der Erde hat zum Ende dieses Jahrhunderts und des 2. Jahrtausends
erheblich zugenommen. Wir sind vom ewigen Frieden, sollte es
ihn überhaupt irgendwann einmal geben, weiter entfernt als es noch vor
Jahren schien. Die Zahl der Kriege, der Toten, der Verwundeten und Geschändeten,
der Flüchtlinge, hat in den letzten zehn Jahren erschreckend zugenommen.
Die Parteien, und damit meine ich nicht nur die Organisationsform, die
wir in Deutschland so nennen, haben keine Konzepte, das Zusammenleben
der Menschen nachhaltig zu regeln, innen - und außenpolitisch. Wenn es
irgendwelche Konzepte gibt, dann sind es solche, die der (Selbst-) Bereicherung
dienen. Alle gegen einen, und einer gegen alle. Ich habe immer
mehr das Gefühl, daß sich die Menschheit in einer Art tiefstem, dunkelstem
oder auch schrecklichstem Mittelalter befindet.
Und wir Deutschen ..... einerseits gab es wohl nirgendwo
als in Deutschland ein so hohes Spendenaufkommen für die Kosovo-Albaner
während des NATO-Krieges und für die türkischen Erdbebenopfer kurz nach
dem Naturereignis, auf sehr viele Menschen verteilt, aber .... andererseits
ist auffallend, daß bei beiden Ereignissen der Einsatz des Fernsehens
besonders groß war. Andere menschliche Katastrophen werden öffentlich
übergangen und die Spenden tröpfeln noch nicht einmal. So wird die Austreibung
der Roma aus dem Kosovo ziemlich gefühllos hingenommen, weil in der eingeübten
öffentlichen Erziehung der Deutschen Roma immer noch als »artfremd« gelten
und somit nicht schutzwürdig sind.
Und wir Deutschen ..... und unsere Medien, unsere Politiker,
unsere Manager - sind nicht in der Lage, Zukunftsvisionen zu entwickeln.
Die RWE - Zeitschrift namens agenda und mit dem Untertitel Verantwortung
"Leistung" Zukunft interviewt in ihrer Ausgabe Nr. 2/1999 elf
Manager deutscher Großbetriebe, Gewerkschaftler, den deutschen »Oberkatholiken«
Lehmann und den Historiker Baring. Auf dem Titelblatt steht mit großen
Lettern die Frage KONSENS ODER KONFLIKT?, und was bei der Beantwortung
herauskommt, das ist Drückebergerei. Sprechblasen. Keiner übernimmt
die Verantwortung für einen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen
Neuordnungsvorschlag, der über diese einfache Fragestellung hinausgeht.
Was im gleichen Heft dann noch unter der Überschrift Visionen - Blaupausen
für die Zukunft (Titel eines Interviews mit dem Deutschlandchef von
McKinsey, Jürgen Kluge) herauskommt, ist z.B. folgender Satz: ....Ähnlich
bei McDonaldÕs: Zu deren Vision gehört zum Beispiel, daß kein Kunde
länger als wenige Minuten auf sein Essen warten muß ...
Und wir Deutschen - was sagen wir, wenn wir in der Wochenzeitschrift
FREITAG am 1. Oktober einen Beitrag von Detlef Bimboes unter der Überschrift
Schlacht um das Kaspi-Öl und unter der Unterüberschrift
Wuchernde Konflikte -Wegen seines Reichtums an Rohstoffen wird Mittelasien
zwischen globalen und regionalen Mächten neu aufgeteilt - Tschetschenien
nimmt dabei eine Schlüsselstellung ein u.a. folgendes lesen: Als sich
Ende 1991 die Sowjetunion auflöste, entstanden in der kaspischen Region
acht selbständige Staaten: Kasachstan, Armenien, Aserbeidschan, Turkmenistan,
Usbekistan, Georgien, Kirgysstan, Tadschikistan - allesamt autoritär geführt,
mit Minderheitsproblemen und einem krassen Sozialgefälle belastet. Für
die OECD-Länder - allen voran die USA - bot sich mit den neuen Nationalstaaten
eine willkommene Gelegenheit, mittelfristig die Abhängigkeit von den nicht
unerschöpflichen …lquellen am Persischen Golf zu verringern. Derartige
Ambitionen wurden durch den Umstand begünstigt, daß die Völker am Kaspischen
Meer selbst Anschluß an den > Westen < suchten, was sich mit Bestrebungen
vorzugsweise der USA traf, einen strategisch - geographischen Keil zwischen
Rußland sowie die neuen ölreichen Länder zu treiben und den Einfluß der
NATO bis an die Grenze Chinas und zum Himalaja auszudehnen. Es wird
kein Konsens gesucht, sondern es wird ein Keil getrieben,
keine Verhandlungen geführt, sondern Kriege inszeniert.
Und wir Deutschen ..... bauen dafür Panzer. Dieser neue
Leopard II - Panzer ist ja fast der Stolz der Nation; in den Fernsehnachrichten
wird er als ein wendiger, schneller Panzer gezeigt, der eine hohe Feuerkraft
in jeder Schußposition besitzt. 6000 Arbeitsplätze in Deutschland sollen
geschaffen werden, wenn die Türkei tausend Stück davon in Lizenz fertigen
dürfte. Dieser Panzer eignet sich gut für das unwegsame Türkisch - Kurdistan,
trotz seiner 80 Tonnen Kampfgewicht. Dieser todbringende deutsche Qualitätspanzer
hat auch weitaus mehr Chancen, sehr weit, bis an Chinas Grenzen und den
Himalaja vorzustoßen, weiter, als Hitler jemals träumte. Krieg
schafft Arbeitsplätze, das ist eine alte Geschichte. Hat sich
jemand schon ausgerechnet, wieviel Tote pro Arbeitsplatz notwendig sind,
um vielleicht die 6000 Arbeitsplätze auf 12000 zu erhöhen? Führt nicht
die Gesinnung, die hinter ein Keil treiben und ähnlichen Äußerungen steckt,
fast automatisch zu Kriegen?
Und die Deutschen ..... haben es nicht fertig gebracht,
den Erfindern, Tüftlern, Bastlern, Ideenträgern zu helfen, z. B. ihre
meist ökologischen Energie -Ideen in die Produktionswirklichkeit umzusetzen,
um vielleicht mittelfristig diesen 6000 bis 12000 Menschen Arbeit zu geben.
Energiekriege wie die in Tschetschenien und Militäraktionen in Nigeria
(Vertreibung von Menschen) sind dann nicht mehr nötig!
Und wir Deutschen ..... haben nicht begriffen, daß nur
neue ökonomische Ideen, wie die Freiwirtschaftlehre von Silvio Gesell,
die Ordnungs- Vorschläge Rudolf Steiners und die Demokratie-Vorschläge
Artur Mahrauns uns die Schritte machen lassen werden, die weg vom zügellosen
Wachstum und hin zu einer ökologischen Vollbeschäftigung führen.
Und wir Deutschen ..... haben nicht begriffen, daß eine
strikte, waffenfreie Neutralität eine unbedingte Voraussetzung auch
für unser (Weiter-) Leben ist. Noch befinden sich Atomwaffen auf
deutschem Boden, noch werden wir als »Flugzeugträger«
für militärische Konflikte benutzt.
Und wir Deutschen ..... wissen nicht, wieviel Bedeutung
z.B. ein von Staats - und Wirtschaftszwängen freies Schulwesen hat.
Wir wehren uns nicht konsequent gegen ein »Krankheitswesen«,
welches zur Zeit nur von profitgierigen mafia-artig organisierten Interessenverbänden
abhängig ist.
Ich danke allen Mitstreiterinnen und Mitstreitern für ihre Mitarbeit
und ihre Treue. Wir müssen im nächsten Jahr versuchen, mehr politischen
Boden unter die Füße zu bekommen. Ich wünsche Ihnen ein FROHES WEIHNACHTSFEST
und ein gesundes, glückliches Jahr 2000. Die nächste Ausgabe erscheint
im Januar 2000.
Mir freundlichen Grüßen
Dieter Kersten
abgeschlossen am 12. November 1999 |
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