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Liebe Mitstreiterinnen, liebe Mitstreiter, sehr geehrte Damen und Herren,
ist die Republik nun doch käuflich? Altbundeskanzler Kohl sammelt
wieder Geld für seine Partei, diesmal, so heißt es, ganz legal, nicht
in schwarzen Koffern, sondern per Euroscheck mit EC-Karten-Nummer. Die
Spender sollen diesmal genannt werden. In einer Meldung heißt es: Einer
der jüngsten Spender ist der Präsident des Verwaltungsrates
von NestlŽ, Helmut Maucher. Ein Sprecher sagte, Maucher zahle das Geld
als Privatmann. Er habe sich »als verantwortungsbewußter Staatsbürger
und als CDU - Mitglied bereit erklärt, auf Anfrage von Herrn Kohl
einen Beitrag an die CDU zu leisten «. Auch der Filmemacher
und Berliner Großgrundbesitzer Artur Brauner ist unter den Spendern. Als
Sanitärgroßhändler hatte ich mit diesem Typen zu tun. Seine
Hausverwaltung zahlte die Rechnungen erst nach endlosen Mahnungen oder
nach Klagen. Wir bekamen schließlich keine Aufträge mehr, als mein
Vater als Inhaber unserer Sanitärgroßhandlung sich weigerte, an die
israelische Kinderliga zu spenden, für die Frau Brauner warb.
Die Medien melden, daß Teile der CDU-Führung beschämt und wenige empört
sind, der eine oder andere Kohls Sammelaktion aber begrüßt. Politik und
Geld, Wirtschaft und Geld ( > shareholder value <), Sport und Geld,
Kultur und Geld und auch Kirche = > Glauben < und Geld sind in den
letzten Jahrzehnten eine unheilvolle Symbiose eingegangen, daß, so fürchte
ich, der überwiegende Teil der Bürgerinnen und Bürger gar nicht merken,
daß sie in eine moralische und naturwidrige Falle getappt sind. Ohne an
dieser Stelle eine Philosophie des Zusammenlebens der Menschen entwickeln
zu wollen, möchte ich nur darauf hinweisen, daß die Vorgehensweise von
Kohl unserer Gesellschaft nicht gut tut. Dieses Vorgehen eweist nur, daß
alles käu.ich ist, auch ie Liebe der Partei zu ihrem Ex - Vorsitzenden.
etzt ist mir auch klar, weshalb der an sich so unsportliche Kohl eine
Affinität zum Fußball hat. Er bewundert das reibungslose Kaufen und Verkaufen
von Menschen, von Fußball-Profis, wie das so klappt, mit den Ablösesummen,
den Tansfergeldern ..... und dann sogar mit den Spielergehältern, von
denen selbst ein Bundeskanzler, legal natürlich, nur träumen konnte. Erfolg
ist eben käuflich, so Kohls Ideologie und er vermag seinen festen Glauben
auch nicht zu verstecken. Insofern ist Herr Kohl berechenbar.
Darüber hinaus verkünden die Nachrichten, daß Helmut Kohl am 17.
März erstmalig in diesem Jahr im Bundestag erwartet wird. Wenn ich
auch dem 17. März als Redaktionsschluß dieser Ausgabe angeben werde, kann
ich nicht berichten, ob der Herr erschienen ist oder nicht. Jeder Arbeitnehmer
wird entlassen, wenn er unentschuldigt oder ohne Krankschreibung fehlt,
ein Bundestagsabgeordneter darf, gesetzlich geschützt, seiner Arbeit fernbleiben.
Der Steuerbürger muß ihn bezahlen. Er kann ihn leider nicht abwählen.
Wir sollten das ändern.
Der amtierende Bundeskanzler Schröder, SPD, hat, ideologiefrei,
wie er sich gibt, bei der CEBIT-Eröffnung Teilen der Industrie, der,
wie man sagt, Informatik-Branche, großzügig, wie so ein Herr im Maßanzug
ist, billige Arbeitskräfte (Fachkräfte) zugesagt. Er dachte
vielleicht, wenn er überhaupt dachte, an die Aufforderung einer UN-Kommission
aus dem vorigen Jahr an Deutschland, jährlich 500 000 Einwanderer
aufzunehmen, weil, die UN kennt sich da aus, nur so der Wirtschaftsstandort
Deutschland haltbar wäre. Nun hat das ja Facetten fast unendlicher
Buntheit, die ich gar nicht alle nennen kann. Abgesehen davon, ob die
von Herrn Schröder genannten 75 000 Programmierer überhaupt
so einfach, mir - und dirnichts auf dem Weltmarkt zu »beschaffen«
sind und abgesehen davon, daß die Ausbildung dieser Leute zum Teil auf
Kosten ihrer Völker stattgefunden hat und ihre Abwerbung dort einen
Aderlaß bedeuten würde, trägt dieser Vorschlag das Odium eines
Menschenhandels, den ich gerade beim Fußbalfreund Kohl beschrieben habe.
Geistig sind Kohl und Schröder von einander gar nicht weit entfernt,
ja, vielleicht sogar des gleichen Ungeistes Kind.
Neben der Befriedigung fast schon unheilvoller wirtschaftlicher Interessen
gibt es in Deutschland, und das scheint dem Herrn Bundeskanzler entgangen
zu sein, auch noch ein Volk, welches nicht bereit ist, in Zukunft und
in der Weise, wie Schröder meint, mit anderen Menschen umgehen zu
können, zur Manöveriermasse der internationalen und nationalen
Konzerne zu werden. Das gilt auch für den neuen Bevölkerungsteil,
nämlich unsere auslandstämmigen Mitbürgern, denen es in
überwiegender Zahl gelungen ist, sich zu integrieren. Volk und Bevölkerung,
die Bewohner dieses Landes, sind diejenigen, die bereit sein müssen,
Fremde aus anderen Ländern dauerhaft aufzunehmen. Der »spontane«
Einfall eines industriegelenkten Bundeskanzlers alleine wird nicht reichen,
die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aufgaben in diesem Land
zu lösen.
Der simple Spruch Geld regiert die Welt könnte auch als Überschrift
für die Aufregungen um die Gen-Patente gelten. Ich habe das Gefühl, daß
wir Menschen noch gar nicht begriffen haben, was da mit dem üblich gewordenen
bürokratischen Akt - ohne jegliche Mitbestimmung der Menschen, die betroffen
sind - passiert ist. Ulrike Baureitel beschäftigt sich in der Wochenzeitschrift
FREITAG vom 3. März eine Zeitungsseite lang mit diesem wichtigen Thema.
Der Beitrag ist überschrieben mit Wen kümmern die Regeln für den Menschenpark?
und hat die Unterüberschrift Patent auf menschliche Gene: Die Auseinandersetzung
um das Münchener Patentamt hat die Debatte um biotechnologische Forschungsmöglichkeiten
und ihre Kontrolle neu entfacht. In diesem Beitrag heißt es u.a.:
Das Münchner Patentamt, das sich ausschließlich aus den Gebühren für
die Patentverfahren finanziert und deshalb an zahlreichen Anmeldungen
interessiert ist - eine Patenterteilung kostet durchschnittlich 60 000
Mark - reagierte sofort. Es erklärte bakterielle, tierische und menschliche
Gene generell für patentierbar, soweit sie von einem Wissenschaftler >
schöpferisch < entdeckt, gentechnisch beschrieben, analysiert und verändert,
also > erfunden < worden sind. Das ursprünglich für Erfindungen
aus der unbelebten Natur geschaffene Patentrecht, das den Urheber schützen
und geistigen Diebstahl ausschließen sollte, wird hier auf die belebte
Natur übertragen, mit dem Effekt, daß der Patentinhaber automatisch Besitz-
und Nutzungsrechte auf die natürlichen Nachkommen dieser Lebewesen - gleichgültig,
ob es sich um Saatgut, Krebsmäuse, geklonte Schafe oder irgendwann vielleicht
einmal Menschen handelt - reklamieren kann. Ein gentechnisch veränderter
Mensch wird damit in letzter Instanz auch wieder zum patentierbaren Produkt.
Der Mensch als Handelsobjekt? Der Kohlsche Materialismus ist überall
spürbar.
Die nächste Ausgabe des Kommentar - und Informationsbriefes erscheint
im Mai.
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Kersten
abgeschlossen am 17. März 2000 |
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