Dieter Kersten - Oktober 2000    
Editorial    
     
 

Liebe Mitstreiterinnen, liebe Mitstreiter, sehr geehrte Damen und Herren,

die alten und neuen Teilstaaten Jugoslawiens waren im 19. Jahrhundert im Spannungsfeld der österreichischen k.u.k.-Monarchie und des slawisch-russischen Kräftefeldes. Zusätzlich mischten sich die Briten und Franzosen ein. Auch dürfen wir die Kirchen und die Türkei nicht vergessen. Im 20.Jahrhundert kam dieser Teil Europas nicht zur Ruhe; die Koordinaten verschoben sich lediglich etwas in Richtung des 2. und 3. Deutschen Reiches. Im 21. Jahrhundert ist das Kräftefeld des us-amerikanischen »Reiches« spürbar. In den letzten hundert Jahren hat es kein jugoslawischer Monarch und auch kein charismatischer Führer wie Tito geschafft, die jeweiligen jugoslawischen Völker aus dem Sumpf balkanischer Wirren zu führen. Makro-historisch scheinen die Serben immer versucht zu haben, die Rolle eines »auserwählten« Volkes zu spielen. Wenn es ein Beispiel gibt, daß das in die Hosen geht, dann ist es der Fall Jugoslawien.

Wenn das von den Medien und von Persönlichkeitenübermittelte Wahlergebnis vom24. September in Serbien/Jugoslawien stimmt,dann muß der Wahlsieger Vojislav Kostunicaaufpassen. Er darf sich von Westeuropa und von den US-Amerikanern nicht instrumentalisieren lassen. Es geht den US-Amerikanern nicht um Demokratie in Jugoslawien, sondern es geht ihnen um einen strategischen Vorteil gegenüber den GUS -Staaten und den sich dort befindlichen …lquellen. Wenn es den Amerikanern um Demokratie, Wohlstand und Menschenrechte ginge, dann hätten sie bei sich selber sehr viel zu tun. Auch sind sie bei Machthabern und »demokratisch gewählten« Lumpen, die mit ihnen zusammenarbeiten, gar nicht pingelig. Es kann durchaus sein, daß ein Serbien in fünf Jahren »als Dank« seine Soldaten für die USA in den Krieg schicken muß.

Eines der Beispiele laufender Menschenrechtsverletzungen sind die Zustände in Israel. Dabei muß ich den israelischen Ministerpräsident Barak loben: er ist der erste Ministerpräsident in der Geschichte des modernenIsrael, der Religion und Politik entwirren will. Er hat das Religionsministerium abgeschafft und will die Subventionen des religiös bestimmten Bildungswesens eindämmen. Er will den jüdischen Sabbat von extremen Bestimmungen und Belastungen befreien, um endlich ein modernes Staatswesen möglich zu machen. Wie katastrophal die Verbindung von Religion und Politik ist, haben wir Europäer in unserer Geschichte zu spüren bekommen. Ariel Scharon, der rechtsgerichtete (faschistische) Oppositionsführer in Israel hat zur »rechten« Zeit seine Regierung, die israelische Gesellschaft und die um den Weltfrieden besorgten Menschen provoziert, indem er den jerusalemer Tempelberg religiös-politisch mißbrauchte: Solche Leute wie Scharon wollen ein Großisrael vom Suez-Kanal bis zum Euphrat, araber - bzw. palästinenserfrei, versteht sich. Sie können den Frieden solange nicht akzeptieren, wie sie ihre Großmachtträume nicht erreicht haben. Aber Jehova hat sie vor zweitausend Jahren verlassen und sie können lange an der Klagemauer jammern. Jehova wird nicht zurückkehren.

Scharon hat das erreicht. was er wollte: es fließt Blut, auf beiden Seiten, und jeder der Beteiligten kann mit den Fingern auf die Verwandten der getöteten Palästinenser und Israeli zeigen und nach Vergeltung schreien. Mir scheint, daß eine Art von Blutrache Teil dieser Gesellschaften ist.

Kehren wir nach Europa zurück. Dänemark, ein schönes Land mit netten Menschen, die Dänen, sie haben dem Euro in einer Volksabstimmung Abfuhr erteilt. Ich kann kein dänisch; ich konnte den Wahlkampf nicht verfolgen. Ich kenne die Argumentationen nicht. Die Korrespondentenberichte besagen, daß das Votum nicht gegen Europa an sich, sondern gegen die souveränitäts-raubende europäische Bürokratie gerichtet ist. Die »bürokratische« Argumentation wird von mir voll und ganz mitgetragen; ich hätte mir jedoch gewünscht, wenn die Gegner des Euros volkswirtschaftlich argumentiert hätten: eine einheitliche europäische Währung ist untauglich, die sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen und sozialen Probleme der einzelnen europäischen Staaten und Regionen zu lösen. Die Einführung des Euro wird zu einem allgemeinen wirtschaftlichen Niedergang Europas führen, zu einer Ausweitung des Subventions - Unwesens und der damit verbundenen Zunahme der Korruption.

Korruption und Subventionsunwesen spielen bei der Diskussion über die …lpreise sicher auch eine Rolle. Aber- um beim aktuellen Geschehen zu bleiben: die Blockade findet nicht nur auf den Straßen, sie findet vor allen Dingen in den Köpfen von Wissenschaftlern, Ingenieuren und Politikern statt. Wer dabei wessen Hure ist, das weiß ich nicht; aber die Milliarden von Steuergelder-Euros, die europaweit für Teilchenbeschleuniger und Atomforschung ausgegeben werden, haben wir in einer innovativen Energieforschung dringend nötig. Eine innovative Energieforschung ist nur möglich, wenn Wissenschaft, Technik und Politik die wissenschaftlichen Grundlagen ihres jetzigen Tuns in Frage stellen. Es gibt genug Energie-Ideen außerhalb der gängigen Wissenschafts- und Technik-Schablonen, die uns - ich bin vorsichtig - weitgehend ölunabhängig machen könnten. Sie müssen sich darauf einrichten, daß das …l nie mehr so billig werden wird, wie es einstmals war.

Zwischenlösungen gibt es allemal: mehr Kraftwärmekopplungen mit unterschiedlichsten Komponenten, endlich die Neuentwicklung der Zellenradwärmepumpe, über die ich seit Jahr und Tag ein Buch anbiete und der Erhalt und der verstärkte Ausbau des deutschen/eurpäischen Schienennetzes.

Der deutsche Bahnchef Mehdorn scheint von dem Autolobbyisten und derzeitigen Bundeskanzler Schröder zur endgültigem Vernichtung der Deutschen Bahn bestellt zu sein. Während auf Kosten der Steuerzahler deutsche Lokführer mit 50 Jahren in eine gepolsterte Pension entlassen werden, heuert die Schweizer Bahn die gut ausgebildeten Deutschen bei sich an. Die Schweizer beklagen sich über die Deutsche Bahn, die auf dem südbadischen Umschlagplatz Lörrach nicht in der Lage ist, genug Schienenfahrzeuge für den Güterfernverkehr zur Verfügung zu stellen. Der Güterfernverkehr gehört vollständig auf die Schiene. Wie der Güterverkehr, so muß der öffentliche Schienen- Personenverkehr, fern und nah, ausgebaut werden. Zweidrittel des PKW-Verkehrs sind zu viel! Was auf den Straßen, insbesondere auf den Großstadtstraßen abläuft, verstößt gegen die Menschenrechte! Die Krankenkosten steigen so wie der Autoverkehr zunimmt.

Bitte denken Sie jetzt schon an Ihre Weihnachtsbuchbestellung. Ich kann Ihnen fast jedes Buch mit ISBN-Nummer beschaffen. Buchbestellungen helfen, den Kommentar - und Informationsbrief zu erhalten.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten

abgeschlossen am 13. Oktober 2000

 
     
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