Dieter Kersten - November / Dezember 2000    
Editorial    
     
 

Liebe Mitstreiterinnen, liebe Mitstreiter, sehr geehrte Damen und Herren,

die Berliner Tageszeitung DER TAGESSPIEGELtitelte am 28. Oktober auf der ersten Seite mit der Balkenüberschrift Dienst an der Waffe nun auch für Frauen. Auf der zweiten Seite beschäftigt sich die Zeitung mit der Zukunft der Abtreibungspille unter den Überschriften Zu früh abgesetzt und Die Einführung der Abtreibungspille war ein langer Kampf. Nur ein Jahr später wird wieder gekämpft -gegen das Aus und "Die Länder müssen mehr Geld für den Abbruch erstatten" Natürlich, ich weiß, vielen wird es unsachlich erscheinen, beides, den Dienst an der Waffe und die Abtreibungspille Mifegyne zusammen zu behandeln? Oder? Was für ein (Un-) Geist steckt bei beiden Ereignissen dahinter?

Ich werde das nicht klären können; das schreibe ich gleich zu Anfang, damit da keine falschen Vorstellungen entstehen. Ich kann mir nur Mühe geben, das Denken etwas in Richtung Frieden und Menschenrechte anzuregen. Beide Themen haben etwas damit zu tun. Davon bin ich überzeugt.

Die PDS hat als einzige Partei gegen den Dienst von Frauen an der Waffe gestimmt. Beispiele hinken immer, aber dieses Nein ist genauso ruhmvoll wie das Nein der SPD im Reichstag 1933 gegen das Ermächtigungsgesetz Hitlers. Vielleicht sogar noch ruhmvoller. Fast habe ich den Eindruck, daß die SPD diesmal auf der "richtigen Seite" dabei sein will. Denn- wir befinden uns in einer Vorkriegszeit; wie die Kriege geführt werden, ob es ein großer Krieg ist oder viele, sehr viele kleine Kriege, oder vielleicht sogar beides, das ist für diese Einschätzung unerheblich. Die PDS spricht von einer Zunahme der Militarisierung der Gesellschaft durch diesen Beschluß, Frauen bei der kämpfenden Truppe zuzulassen.

Was sind das für Unwörter: Dienst an der Waffe? Alle Zustimmer und die Medien haben kein Problem, daß Wort Dienst für das Töten von Menschen zu verwenden. Das Wort Dienst an der Waffe erinnert mich an eine Zeit, wo eine Obrigkeit den Menschen suggerierte, daß es eine Ehre sei, das Vaterland zu verteidigen und für das Vaterland zu sterben, und wo ebenfalls gelogen wurde, daß dieser Dienst nur zur Verteidigung der Heimat, der Frauen und Kinder notwendig sei. Was dabei herausgekommen ist, zeigen in Europa die schrecklichen Kriegsbilder spätestens aus dem 2. Weltkrieg. Gedient wurde nur den Waffenherstellern und den mit ihnen verbundenen Oligarchien. Der mit Waffen Dienende hat immer fremden Interessen gedient, so wie es die mit Waffen Dienende in Zukunft auch tun wird. Frauen feiern ihre Lust, nun offiziell Männer, Frauen und Kinder töten zu dürfen, als einen Erfolg der Gleichstellungspolitik. Ich weiß nicht, wer die Geschichte aufgebracht hat, in der die Frau als Bewahrerin, als Schützerin des Lebens, galt. Auf jeden Fall ist das nun völlig verloren gegangen.

Das wiederholt sich bei dem Geschrei um die Abtreibungspille. Regina Schmid-Zadel, stellvertretende Sprecherin der AG Gesundheit der SPD-Fraktion im Bundestag, bringt die Politik der rot-grünen Bundesregierung auf den Punkt: Wenn die Pille (die Rede ist von der Abtreibungspille Mifegyne ) jetzt vom deutschen Markt genommen wird, wäre das eine klare Niederlage für uns und ein Sieg der Lebensschützer und unserer politischen Gegner, die immer gegen Mifegyne gewesen sind. Der moralischgeistige Krieg gegen die Lebensschützer findet bereits statt. SPDrot /Grün + Schwarz bedeutet die Minimierung des Menschen auf einen weltweiten militärischen Einsatz für Wirtschaftsinteressen und Rohstoffe, die SPDrot/ Grün + Schwarze Globalisierung bedeutet eine ökonomische Reduzierung des menschlichen Handelns auf Shareholder value. Dazu eignet sich die Abtreibungspille Mifegyne gut. Die Menschenrechte, die Lebensschützer, bleiben auf der Strecke. Kein Wunder, daß in der europäischen Ethikkommission überlegt wird, wie man im vorauseilenden Gehorsam us-amerikanische Überlegungen umsetzen kann, alte Menschen, die nichts mehr leisten können, kostengünstig zu entsorgen. Es scheint so, daß es heute schon gesellschaftlich akzeptabel ist, alte Menschen möglichst abzuschieben- damit sie auch schnell sterben.

Der Streit um die Abtreibungspille Mifegyne hat übrigens keinen moralischen Hintergrund, sondern einen materiellen. Selbst das spiegelt unsere Gesellschaft; die Pille wird vom deutschen Markt genommen, weil die deutschen Ärzte für die Verschreibung und Anwendung der Pille zu wenig Geld bekommen. Da wird lieber, unter Umständen zum Schaden der Frau und der "Solidargemeinschaft" teuer und konventionell abgetrieben.

In der bereits erwähnten Ausgabe der Tageszeitung DER TAGESSPIEGELwird auch über den Streik der Berliner Ärzte in der 44. Woche berichtet. Auf der Anzeigenseite Immobilienmarkt Wohnen fand ich (dazu?) folgende Annonce: Arztfamilie sucht Villa in ruhiger Wohnlage von Dahlem, Grunewald, Lichterfelde-West oder Zehlendorf bis 1 500 000 DM ...... Ich habe mich in den Nullen nicht geirrt. Es läßt sich immer noch gut von den Krankheiten der Menschen leben.

Sie merken, mir gefällt die ganze Richtung nicht. Sie werden zu den Themen sicher noch öfter etwas im Kommentar - und Informationsbrief lesen.

Der Schwerpunkt dieser Ausgabe ist China. Einer der zukünftigen Kriege, die zur Zeit von der einzigst verbliebenen Globalmacht USA vorbereitet wird, wird gegen China geführt werden. Es gibt nur zwei "Chancen", diesen Krieg zu verhindern: Klugheit auf seiten der Chinesen oder totale Unterwerfung unter die us-amerikanische Herrschaft. Ich hoffe auf das erste, weil die Globalisierung von Kultur und Wirtschaft auch ohne heißen Krieg zu viel von den ursprünglichen Werten zerstört. Ich teile nicht die Euphorie, die zur Zeit mit der propagandistischen "Aufnahme" Vietnams und Nordkoreas in die "Völkergemeinschaft" erzeugt wird. Natürlich ist es gut, wenn Nordkorea keine Raketen mehr baut und verkauft. Natürlich teile ich die Begeisterung der Menschen, die nach Jahrzehnten ihre Verwandten wiedersehen dürfen. Natürlich freue ich mich, daß eine Atempause im Töten eingetreten ist. Wir dürfen aber trotz alledem nicht aus den Augen verlieren, daß die Ideologien des Wachstums und der Globalisierung und die Ideologie des Auserwähltseins der USA und ihrer Vasallen Kriege zur Folge hat, denen wir uns im Vorfeld erwehren müssen.

Manchmal habe ich den Eindruck, daß uns die Flut von Nachrichten über die Diskriminierung und Verfolgung andersgläubiger, fremd aussehender und sprechender Menschen in Deutschland von noch viel schlimmeren Entwicklungen auf unserer sonst so schönen Erde ablenken soll. Es fällt auch auf, daß z.B. die Anschläge auf Synagogen zunahmen, als Israel begann, die Palästinenser zu provozieren. Davon und von vielen anderen guten und bösen Dingen später.

Diese Ausgabe ist die letzte Ausgabe im Jahr 2000. Deshalb wünsche ich Ihnen schon jetzt ein Frohes Weihnachtsfest und ein glückliches, gesundes Jahr 2001.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten

abgeschlossen am 10. November 2000

 
     
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