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Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,
einigen Lesern ist aufgefallen, daß ich den Kommentar-und Informationsbrief
am 12. September 2001 abschloß, aber keine Bemerkung über den 11. September
und den Terroranschlag in den USA machte. Kurze Zeit erwog ich, ein Extrablatt
beizulegen, aber dann entschloß ich mich gegen eine spontane Äußerung.
Ich denke, ich tat gut so. Leser haben einige Beiträge geschickt, und
ich will versuchen, sie alle zu veröffentlichen. Eine Chronik der "Pearl
Harbor" - Ereignisse, gespickt mit einigen Bewertungen, können Sie
auf Seite 2 ff. lesen.
In allen Beiträgen kommt das Entsetzen über einen solchen Terroranschlag
zum Ausdruck. Wir haben uns schon daran gewöhnt, daß in unserer Zeit,
meistens in Palästina/Israel, Selbstmordattentäter sich und andere in
die Luft sprengen. Wir haben uns immer gefragt, was junge Menschen dazu
treibt, sich und andere auf eine so merkwürdig-bestialische Art zu töten.
Es ist nicht sehr lange her, daß auch in Deutschland Selbstmordattentäter
zu Helden der Nation erklärt wurden. Denken Sie nur an die Erstürmung
der Höhen von Langemarck in Belgien etwa Oktober/November 1914 durch die
deutschen Kriegsfreiwilligen-Regimenter. Der Propaganda nach sollen sie
singend in das Maschinengewehrfeuer des Gegners gelaufen sein, fast alle
unausgebildete, blutjunge Soldaten, besessen vom nationalen Wahn (Sendungsbewußtsein).
Der deutsche Soldatenfriedhof in Langemarck hat 45 000 Gräber.
Dieser Miniausflug in die deutsche Geschichte sollte uns vor Arroganz
gegenüber jetzigen Tätern schützen. Wir sind nicht die Edlen. Wir hatteb
87 Jahren Zeit, uns zu entwickeln.
Unser technischer Fortschritt wird zur Hybris = > zur frevelhaften
Vermessenheit gegenüber den Göttern <. Ein gekapertes Passagierflugzeug,
in Harakiri-Art auf ein Atomkraftwerk in Deutschland geflogen, kann zu
über hunderttausend Toten und Millionen von (kranken) Obdachlosen in unserem
Land führen. Eine geschickte Lahmlegung unserer zentralistischen Elektroenergieversorgung
hat den völligen Zusammenbruch unserer "Zivilisation" zur Folge.
Alle unsere modernen Heizungen z. B. sind von der Versorgung mit elektrischer
Energie abhängig - und viele Häuser haben gar keinen Schornstein mehr.
Während ich diese Zeilen schreibe, heute am 7. Oktober, ist, verglichen
mit den öffentlichen Auftreten des us-amerikanischen Präsidenten George
W. Bush kurz nach dem 11. September mit Fliegerjacke und dem unchristlichen
Ruf nach Rache und Vergeltung, die Lage verhältnismäßig ruhig. Der Flüchtlingsstrom
in Afghanistan hat sich zwar durch die arroganten Reden des Herrn Bush
erheblich erhöht, so daß die Statistik von vorher, daß jedes 5. Kind dort
das fünfte Lebensjahr nicht erreicht, auch schon Makulatur sein wird.
Die deutsche Bundesregierung unter Bundeskanzler Schröder übt sich in
besonders schrillem Kriegsgeschrei. Deutschland, mit vielen US-Militärbasen
versehen, will diesmal auf der "richtigen" Seite dabei sein.
Von einem mäßigenden Einfluß auf die US-Regierung ist nichts zu spüren.
Die Terroranschläge in den USA kamen vielen politischen und wirtschaftlichen
Kreisen in den "zivilisierten" Staaten genau recht. Die SÜDDEUTSCHE
ZEITUNG berichtet in ihrer Ausgabe vom 12. September in einem Serienartikel
( Die Globalisierung und ihre Kritiker) über Die zwei Gesichter
der Globalisierung. Der Inhalt ist am besten und kürzesten in
der Zwischenüberschrift zusammengefaßt: Nicht nur der rasante Aufstieg,
auch der plötzliche Fall fernöstlicher Volkswirtschaften geht auf ihre
weltweite Vernetzung zurück. Auch in den Vereinigten Staaten ging
bereits vor dem 11. September die Konjunktur in die Knie. Die Gründe der
wirtschaftlichen Niedergänge in Asien, Amerika und Europa sind auf eine
sehr komplizierte Art unterschiedlich, hängen aber dennoch zusammen. Großmacht
- und Großmannssucht und die "wissenschaftlich" begründete Globalisierung
haben zu einer Verödung und Verelendung weiter Teile dieser Erde geführt,
wie sie die klassische Kolonialpolitk der Kolonialmächte nicht leisten
konnte. Alte dezentrale, lokale Wirtschaftskreisläufe wurden und werden
zerstört. Diese Elends-Globalisierung hat die Vereinigten Staaten auch
erreicht, wahrscheinlich noch viel heftiger, als Europa. Es nutzte nicht,
daß sich die us-amerikanische Regierung gewisse Pfründe gegen- über den
Industriestaaten sicherte. Die us-amerikanische Gesellschaft hat mit einem
hohen Machtanspruch in den letzten 20 Jahren weitaus mehr konsumiert als
geleistet. Den sichtbaren Schaden will Präsident George W. Bush und die
Kreise, die hinter ihm stehen, kompensieren, indem sie die weltweite Ausbeutung
militarisieren.
US- innenpolitisch nahm die Kritik am Präsidenten zu. Bush ist, daß sollten
wir uns alle vor Augen halten, kein demokratisch gewählter
Präsident. Sein Rivale Al Gore hatte eindeutig mehr Stimmen. Wahlfälschung
wurde sichtbar. Das wurde den Bürgern d er Vereinigten Staaten in den
letzten Monaten so richtig bewußt. So nahm der Druck auf den Präsidenten,
z.B. seine rückwärtsgewandte Umweltpolitik aufzugeben, erheblich zu. Bush
hatte Legitimationsprobleme.
Bush postuliert "Entweder Sie sind mit uns oder den Terroristen"
und die deutsche Bundesregierung schreit Zeter und Mordio, bläst die Kriegsposaunen
kräftiger als irgendeine andere Regierung und versucht, mehr als irgendwo
anders, die innenpolitischen Daumenschrauben einer umfangreichen Kontrolle
der Bürger anzuziehen. Mir scheint es aber, daß der Bürger immer kritischer
öffentlichen Bekundungen gegenübersteht. Demokratie, Freiheit, Menschenwürde,
Neuordungsideen, friedvoller Austausch der Kulturen, sind genau die Themen,
die immer mehr diskutiert werden müssen. Schröder muß unter innenpolitischen
Druck geraten.
Auf Seite 2 ff. schreibe ich u.a. von den negativen morphogenetischen
Feldern, die bei Kriegen und Terror wirksam werden. Mir scheint aber,
daß sich gleichermaßen die positiven morphogenetischen Felder durchsetzen.
Es kann keine Kriegsbegeisterung mehr erzeugt werden. Selbst in den Vereinigten
Staaten wird trotz des Meinungsdruckes der Medien der Unsinn eines Krieges
diskutiert. Nicht umsonst haben sich gerade in den letzten Tagen solche
Leute wie der Bundeskanzler Schröder gegen die Vorstellung von Neutralität
verwahrt. Deshalb ist es notwendig, daß wir alle, Sie und ich, auch dieses
Thema verstärkt in die öffentliche Diskussion bringen. Gerade die Verwundbarkeit
unserer real vorhandenen Technik macht deutlich, daß wir auf das Militär
in der vorhandenen Form verzichten könnten. Das Versagen der Geheimdienste
macht sichtbar, daß wir auch diese abschaffen sollten. Das gesparte Geld
könnten wir in die soziale Befriedung der von uns arm gemachten Länder
stecken.
Ja, wir müssen es tun!
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Kersten
abgeschlossen 19. Oktober 2001 |
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