Dieter Kersten - November / Dezember 2001    
Editorial    
     
 

Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

es muß März 2000 gewesen sein, als ich der Webseite

den Text eines Vortrages von Fritz Aerni entnahm. Es ging damals um Jörg Haider. Eine Passage aus diesem Vortrag will ich Ihnen nicht vorenthalten: > Nach verlorenem Krieg züchtete der lydische Feldherr Paphon hundert Papageien, die abgerichtet wurden, daß sie immerfort riefen > Paphon ist ein Gott! <. Das hat ihn getröstet. Der freie Mitarbeiter an der von Carl Huter (1861-1912) in Leipzig herausgegebenen Zeitschrift "Die Hochwart", Theodor Lessing, knüpfte an diese von Herodot überlieferte Anekdote, adressiert an den Reichspräsidenten Hindenburg, die Bemerkung: "Euer Exzellenz halten sich zu diesem Zweck hundert deutsche Professoren zur Verfügung". Dabei hatte er wegen des am 25. April 1925 im Prager Tagblatt erschienenen Artikels allerhand Unannehmlichkeiten erlitten. Er hatte, durchaus physiognomisch, Hindenburg beschrieben: Wenn man in das gute väterliche Antlitz des alten Hindenburg blickt, so fällt zunächst auf ... , so beginnt er und beschreibt ihn als väterlichen Diener Gottes und des Vaterlandes, der dabei aber als Feldherr mehr Menschen in den Tod geführt hat als Alexander, Cäsar und Attila zusammen und der seine ganze Bildung aus der Kreuzzeitung und der Sonntagspredigt des Herrn Pastor holte. Kurz, er empfahl, in den bevorstehenden Reichspräsidentenwahlen Hindenburg nicht zu wählen, denn: "nach Plato sollen die Philosophen Führer der Völker sein. Ein Philosoph würde mit Hindenburg nun eben nicht den Thronstuhl besteigen. Nur ein repräsentatives Symbol, ein Fragezeichen, ein Zero. ( Anmerk D.K.: ZŽro = französisch = null) Man kann sagen: besser ein Zero als ein Nero. Leider zeigt die Geschichte, daß hinter einem Zero immer ein künftiger Nero verborgen steht." Hindenburg hat im Januar 1933, nach allerlei verwirrenden Wahlerfolgen der NSDAP und Intrigen seiner Vertrauensleute, Hitler zum Reichskanzler gemacht. Niemand wußte, wer Hitler eigentlich ist. Was er geschrieben hatte, das hat man nicht gelesen oder man nahm es nicht ernst. Einer hat sogar verlauten lassen, daß Hitler so dumm sei, daß er wohl keine drei Wochen werde regieren können. Er hat offenbar nicht gewußt, wie intelligent man zum Regieren sein muß oder wie dumm man sein darf .. .< 100 Papageien ... Namen und Ereignisse sind international austauschbar.

Es ist immer so, daß über Geschichte, wenn sie überwunden zu sein scheint, gelacht werden darf. Bei den Namen Hindenburg und Hitler bleibt einem das Lachen schon im Halse stecken. Zwölf Jahre Hitlerei, mit Beteiligung des deutschen Volkes, haben Deutschland und Europa in einer so schlimmen Art und Weise deformiert, wie es der Anschlag auf der World Trade Center in New York am 11. September gar nicht leisten kann. Ob spätere Generationen über unsere neueste Gegenwart, die irgendwann mal Geschichte sein wird, lachen oder weinen werden, das können wir nicht wissen. Bundeskanzler Schröder hat sich in einem Interview, welches aus China gesendet wurde, vehement gegen irgendeine Art von Neutralität gewandt. Ich habe zwar keinerlei Anhaltspunkte, daß innerhalb der Bundesregierung und der sie tragenden Parteien eine Diskussion über Neutralität stattfindet. Ich will jedoch diesen Ball, den mir der Bundeskanzler zugespielt hat, auffangen und schreiben, daß wir einen radikalen Kurswechsel unserer Außenpolitik brauchen. Wir müssen, zusammen mit unseren europäischen Partnern, einschließlich Rußland, eine auf Neutralität ausgerichtete Politik gegenüber allen Völkern und Staaten außerhalb Europas initiieren. Diese Neutralität bezieht sich nur auf das Militärische: es werden keine Waffen mehr aus Deutschland und Europa geliefert und es werden keine Militärs mehr ausgebildet. Statt dessen wird den Völkern und Staaten außerhalb Deutschlands und Europas eine umfassende Technische Nothilfe bei Naturkatastrophen angeboten, ohne jede politische Bedingung, einfach um der Menschen willen.

Sie werden einwenden, verehrte Leserin, verehrter Leser, daß dann die Rohstoffversorgung Deutschlands und Europas nicht mehr gewährleistet ist. Das bestreite ich energisch. Es ist doch abartig, daß fast die gesamte Nordhalbkugel unserer Erde den größten Verbrauch an Rohstoffen in Anspruch nimmt, die auch fast nur noch auf der Südhalbkugel von der Nordhalbkugel ausgebeutet werden. Weil sich so manches Volk oder so mancher Staat inzwischen wehrt und weil gegensätzliche Interessen der Nordhalbkugel innerhalb der armen Länder in Konfrontation ausgetragen werden, werden Kriege geführt, so auch der Gegenwärtige. Es gibt zahlreiche Äußerungen aus dem Weißen Haus in Washington, daß der Krieg auf dem Balkan (Kosovo) und der Krieg um Afghanistan geführt werden, um die …lversorgung der Vereinigten Staaten sicherzustellen. Europa ist von dieser durch die Kriege erzwungenen Rohstoffversorgung kategorisch ausgeschlossen, so wird verkündet. Ich behaupte, daß eine militärische Neutralität Deutschlands und Europas dazu führen wird, daß Rohstoffverträge auf gegenseitigen Vorteil ausgehandelt werden können. Auch müssen wir uns auf unsere eigene Kraft und Ressourcen besinnen, die durchaus in unserer - europäischen - Kultur verborgen sind.

Zur militärischen Neutralität gehören der Abbau der us-amerikanischen Militärbasen in Deutschland und Europa. Deutschland ist so etwas wie ein Flugzeugträger der us-amerikanischen Streitkräfte geworden. Solange das so ist, sind wir kein Partner auf Gegenseitigkeit. Die Bundeswehr wird bei einer Außenpolitik, die auf militärische Neutralität eingeschworen ist, unnötig. Die Bundeswehr ist abzuschaffen. Das Gleiche gilt für die Armeen unserer europäischen Partner. Deutsche Außenpolitik und europäische Innenpolitik hat darauf hinzuwirken. Das gilt auch für die Produktion von Waffen; zumindestens wir Deutschen sollten als Erste in Europa darauf verzichten.

Wir müssen auch feststellen, daß die Geheimdienste vor dem 11. September völlig versagt haben. Wir kennen das aus unserer Deutschen Geschichte:Je größer und bürokratischer der Staatssicherheitsdienst der Deutschen Demokratischen Republik wurde, desto uneffizienter wurde er. Die Geheimdienste sind abzuschaffen, wie auch die Geheimdiplomatie. Es muß eine Veröffentlichungspflicht geben, auch für die papageienhaft gleichgeschalteten deutschen Medien.

Dies ist die letzte Ausgabe in diesem Jahr. Ich möchte mich bei den Leserinnen und Lesern sehr bedanken, vor allen Dingen auch bei denjenigen, die mit ihren Informationen und mit ihren Beiträgen dazu beigetragen haben, daß der Kommentar-und Informationsdienst NEUE POLITIK farbiger und interessanter geworden ist. Ich wünsche mir das auch für das Jahr 2002.

Bitte denken Sie an mich, wenn Sie Bücher zu Weihnachten verschenken wollen. Ich kann Ihnen fast jedes Buch besorgen und der Erlös dient dem Weiterbestehen dieses Informations- briefes. Ich wünsche Ihnen FROHE WEIHNACHTEN und ein gesundes, glückliches Jahr 2002.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten

abgeschlossen 13. November 2001

 
     
  Diesen Artikel als PDF-Datei herunterladen Download  
     
  Alle Artikel liegen als PDF - Datei zum herunterladen vor. Um PDF - Dateien zu lesen, benötigen Sie den "Acrobat Reader". Falls das Programm nicht auf Ihrem PC installiert ist, können Sie es sich hier kostenfrei herunterladen. Hompage_Acrobat