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Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,
in der Wochenzeitschrift FREITAG vom 16. November 2001 wurde auf der
ersten Seite ein Fotorahmen wiedergegeben, welcher laut BILD auf dem amtlichen
Kanzlerschreibtisch in Berlin steht. In diesem Rahmen befindet sich ein
Farbfoto seiner Frau und links eingesteckt ein Schwarz/ Weiß-Foto seines
im 2. Weltkrieg gefallenen Vaters. Sein Vater ist als Soldat mit ernstem
Blick, Kragenspiegeln, Stahlhelm, Reichsadler und Hakenkreuz abgebildet.
("Mit würdigem" Blick, so die damalige Sprachregelung.) Den
Vater des gegenwärtigen Kriegskanzlers können wir nicht mehr befragen,
wie er zu diesem Bild heute stehen würde, für die Beurteilung des Sohnes
sollten wir, angesichts der uneingeschränkten Solidarität
dieses Kanzlers mit der sich im 3. Weltkrieg befindenen USA, einige Betrachtungen
anstellen.
Ist dieser Stahlhelm-tragene Mann, der auch einmal Schröder hieß, der
sich auf den Führer Adolf Hitler vereidigen ließ und der für seinen Führer
sich hat töten lassen, als Vorbild in diesem 3. Weltkrieg geeignet? Natürlich,
auf jeden Fall ! Der Soldat Schröder senior hat nie sein Vaterland, hat
nie Frau und Kinder, hat nie die Heimat verteidigt, hat auch nicht in
Notwehr gehandelt, sondern er ist für fremde Interessen mißbraucht worden.
Er hat sich mißbrauchen lassen, weil eine im 19./20. Jahrhundert ins Nationalistische
gekippte Aufklärung des 18. Jahrhundert zu nationalegoistischen Denkblockaden
geführt hat. Das System Herr und Knecht in seiner männlichen und weiblichen
Form war Grundlage der Fehlerziehung ganzer Generationen und es hat furchtbar
viel Blut gekostet an allen Fronten im 19. und 20. Jahrhundert, in allen
beteiligten Ländern bzw. Nationen, von den heroisierten Schlachten des
preußischen Königs Friedrich II., über die verklärten Freiheitskriege
bis Auschwitz und Hiroshima. Die Toleranzvorstellungen und die Freiheitsideen
von Lessing, Schiller, Mendelssohn, Klopstock, Leibniz und Kant; sie blieben
und bleiben bis heute den Sonntagsreden vorbehalten.
Schröder hat es sicher sehr gerne gesehen, daß das Bild seines soldatischen
Vaters in BILD veröffentlicht wurde. FREITAG untertitelt das Bild mit
zwei Sätzen des BILD-Mitarbeiters Franz Josef Wagner > Nun
sehe ich auf Ihrem Schreibtisch das Foto Ihres Vaters und ich denke: So,
wie er dasitzt, der Kanzler, der Sohn eines gefallenen Soldaten, weiß
er, was er tut. < Kein Fragezeichen, verehrte Leserin, verehrter
Leser, sondern genau das, wozu der Bundeskanzler mit dieser "privaten"
Demonstration die …ffentlichkeit verführen will, nämlich den Willen zu
erzeugen, mit bedingungsloser Solidarität in den 3. Weltkrieg
zu marschieren.
In einem ganz anderen Zusammenhang interviewte Günter Gaus in FREITAG
vom 15. Februar > den Schriftsteller und Filmregisseur Egon Günter
über ein Ende der DDR, das vor ihrem Anfang lag - über ein Leben zwischen
Welten und Stühlen, über nicht gelesene Stasi-Akten <. Ich zitiere:
Ja, .. und weil - wie Bloch (Anmerk. D.K.: Ernst Bloch = deutscher
Philosoph) sagte - der Zweck die Mittel niemals heiligt. Es muß
auf jeder Etappe das Ziel vorhanden sein. Und wenn man sagt, wir machen
das erst einmal mit Gewalt und am Ende wird sich die Glückseligkeit schon
ergeben, da gerät Gewalt an einen Punkt, von dem es kein Zurück mehr gibt.
Ich sollte hier anhalten und das Geschriebene noch einmal überdenken.
Die Frage, ob sich "dieser stahlhelm-tragene Mann ... als Vorbild
in diesem 3. Weltkrieg" eignet, hatte ich mit einem deutlichen "Ja"
beantwortet, aber ich habe des "Ja" nicht begründet. Die Fragen,
die sich aus diesem "Ja" ergeben, sind die nach den fremden
Interessen und die Frage nach der Aufklärung, ihrer gesellschaftlichen
Ordnung einschließlich das, was wir gemeinhin als Moral bezeichnen. Ich
werde das nicht alles klären können - auf dieser ersten Seite der 3. Ausgabe
der NEUEN POLITIK im Jahre 2002. Ich bitte um Ihre Mithilfe, damit wir
gemeinsam Klarheit schaffen.
Die Interessen, für die Herr Schröder senior, hier in diesem Text stellvertretend
für Millionen von Menschen, sterben mußte, waren genau die gleichen, für
die die Frauen und Kinder in Afghanistan, die "alliierten" Kampfsoldaten
und die "Terroristen" heute sterben. Die historische und deutsche
Formulierung "Volk ohne Raum" beinhaltet nichts anderes als
die aktuelle Rohstoffgier der zur Zeit real lebenden Bushs und Schröders.
Das Unvermögen unserer Zivilisation, sich vorzustellen, daß alle Menschen
auf dieser Erde die Chance auf das gleiche Recht auf ein Leben unter gleichen
Bedingen haben, dies hat wieder etwas mit der unvollendeten "europäischen"
Aufklärung des 18. Jahrhunderts zu tun. Ende Februar wurde ruchbar, daß
Soldaten der deutschen KSK-Truppe (Kommando Spezialkräfte)
in Afghanistan im Kampfeinsatz sind. Diese Soldaten schützen ebenfalls
weder Frau und Kind, sie verteidigen nicht die Heimat, sie handeln nicht
in Notwehr, sondern sie kämpfen für die …linteressen der Familien Bush
und Cheney, die ihrerseits wieder ihre Interessen zu einem nationalen
Interesse der USA gemacht haben. Die Soldaten der deutschen KSK-Truppe
sind (von deutschen Steuerzahler bezahlte) Söldner einer fremden Macht.
Für des Wort Söldner könnte ich auch das Wort Killer benutzen.
Jochen Scholz weist in seinem Beitrag in FREITAG vom 1. März 2002 unter
der Überschrift Verdeckte Aktion der ruhigen Hand darauf
hin, daß die Bundesregierung eine Woche vor der Abstimmung im Bundestag
am 6. November 2001 über den Einsatz der Bundeswehr an Enduring Freedom
die Entsendung von Kampftruppen ausgeschlossen hat. Die Bundesregierung
hat, und das gilt es festzustellen, die Abgeordneten des Deutsche Bundestages
belogen und betrogen. Jochen Scholz schreibt in dem Beitrag u.a. folgendes:
Die Soldaten des KSK versuchen laut Presseberichten zwar, Übergriffe
ihrer amerikanischen Verbündeten vor Ort zu verhindern, aber sie machen
Gefangene und übergeben sie einer Macht, die sie anschließend einer Behandlung
unterzieht, die rechtsstaatlichen Grundsätzen Hohn spricht, sie mit der
archaischen Todesstrafe bedroht und die Existenz der afghanischen Übergangsregierung
ignoriert. Damit sind deutsche Soldaten Teil einer auch Menschen verachtenden
Maschinerie und verletzen zudem Artikel 2 ihrer eigenen Verfassung, nämlich
des Grundgesetzes.
Enduring heißt bleibend; andauernd; aushalten; ertragen;
aushaltend; ertragend ; Freedom heißt bekanntlich Freiheit.
Wer Kriegsziele verschleiern will, erfindet immer schöne Begriffe.
Wenn ich ganz knapp ein Urteil über die Lage der Erde
abgebe, dann muß ich leider schreiben, sie ist äußert schlecht. Deshalb
müssen wir weiter über unsere eigene gesellschaftliche und wirtschaftliche
Ordnung und über unser Verhältnis zu allen Staaten und Kulturen dieser
Erde nachdenken.
Die nächste Ausgabe des Kommentar-und Informationsbrief NEUE POLITIK
erscheint im Mai.
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Kersten
abgeschlossen 15. März 2002 |
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