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Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,
eigentlich habe ich was ganz anderes bei Erich Kästner gesucht;
ich weiß schon nicht mehr was. Gefunden habe ich DIE KANTATE "DE
MINORIBUS" in Kästners Taschenbuch Die kleine Freiheit
- Chansons und Prosa 1949-1952. Ich biete Ihnen dieses Buch in
der Bestelliste an. Angesichts der Bedingungslosen Solidarität
unserer kriegsbereiten und demokratie-zerstörenden bzw. -feindlichen
Bundesregierung ist es bestimmt gut, wenn ich den Klappentext zitiere:
Die ersten Jahre der Bundesrepublik Deutschlands sind geprägt
vom sogenannten Wirtschaftswunder. Der Krieg scheint vergessen, die Rüstungsindustrie
saniert sich, und es werden neue Kasernen gebaut. Der Wind weht bereits
wieder aus einer ganz bestimmten Richtung. Die jüngste Vergangenheit
wird verdrängt, und eine gefährliche Vergeßlichkeit greift um
sich. Unerbittlich und mit beißendem Zynismus analysiert Erich Kästner
in den hier gesammelten Chansons, Glossen und Feuilletons aus den Jahren
1949-1951 die > Entwicklung < der jungen Republik. > Die große
Freiheit ist es nicht geworden ... <.
Die KANTATE »;DE MINORIBUS« ist für das Kabarett geschrieben.
Sie ist keine "schlechte Nachricht", sondern eine nachdrückliche
Mahnung an uns Menschen. Wie sagt die Frauenstimme am Schluß des Textes:
War's nur geträumt? Dann laßt uns öfter träumen.
Dann wissen Träume mehr von uns als wir.
Laut K…LNER STADTANZEIGER vom 14. Juni 2002 sind 2001 weltweit 839 Milliarden
Dollar für die Rüstung ausgegeben worden. Wenn Sie versuchen, im Internet
zu recherchieren, dann werden Sie feststellen, daß die Angaben sehr unterschiedlich
sind. Die Größenordnung wird aber stimmen. Zu den monetären bzw. wirtschaftlichen
Folgen dieser Rüstung äußert sich Leser Norbert Schenkel. Das in diesem
Leserbrief erwähnte Buch von Helmut Creutz biete ich in der Buchliste
an. Neben der Kapitalvernichtung durch die weltweite Rüstung kommt der
weltweite Betrug multinationaler Konzerne hinzu, die mit Hilfe gefälschter
Bilanzen den mittelständischen Anleger abzocken. Enron, WorldCom und Xerox
mit ihren 15-20 Milliarden Dollar Verlusten nehmen sich neben den 839
Milliarden Rüstungsausgaben nahezu lächerlich aus. Rechnen wir aber alleine
die Pleiten nationaler Konzerne bzw. Firmen in Deutschland zusammen, so
kommen hier alleine locker 5-10 Milliarden Euros zusammen. Würden wir
das Desaster von Land zu Land addieren, und zählen wir noch die Staatsschulden
hinzu, dann kommen Summen mit so vielen Nullen zusammen, die kein Erdenbürger
begreifen kann. Die Zeit wird langsam reif für neue volkswirtschaftliche
bzw. monetäre Lösungen.
dpa meldete vom G-8-Gipfel aus Kanada: "Zum Finanzskandal versprach
er (US-Präsident Bush) unnachsichtige Verfolgung der Sünder und ließ seinen
Sprecher Ari Fleischer verkünden: > Der Präsident glaubt an die innere
Kraft des Kapitalismus, das Leben der Menschen zu verbessern. < Das
> in sich gute < System setze Verantwortungsbewußtsein voraus. Wenn
> faule Äpfel < den Ruf des Kapitalismus aufs Spiel setzten, fühle
Bush sich persönlich beleidigt" .
Dazu einige Sätze aus einem Beitrag von Maria Mies mit der Überschrift
Die neuen Kolonien des Westens, den Sie in der Wochenzeitschrift
FREITAG vom 17. Mai nachlesen können: .... 52 der 100 größten …konomien
der Welt sind Konzerne, nur 48 sind Länder, und der Reichtum der drei
reichsten Männer der Welt, alle aus den USA, ist größer als der von 50
Prozent der ärmsten Länder. .... Für die USA weist eine Studie des Institute
of Policy Studies nach, > daß die Top-Manager amerikanischer Konzerne
heute im Durchschnitt 419mal mehr verdienen als einfache Arbeiter. Nach
Kevin Phillips erhöhten die oberen zehn Prozent der Amerikaner in den
achtziger Jahren ihr Einkommen um 16 Prozent. Bei den ärmeren Schichten
war es umgekehrt. Je weiter unten auf der sozialen Leiter, um so größer
die Einkommenseinbußen. Die zehn Prozent am unteren Ende verloren im selben
Zeitraum 15 Prozent ihrer ohnehin dürftigen Einkommen. 1977 war das Einkommen
des obersten ein Prozent der Bevölkerung 65mal größer als das der ärmsten
zehn Prozent. 1987 war das oberste ein Prozent 115mal reicher.
Der Beitrag des Lesers Dietrich Antelmann auf Seite 4 befindet sich schon
seit Januar/Februar d.J. auf meinem Schreibtisch bzw. auf der Festplatte
meines PC. Er paßt gut zu Kästner und Kelly.
Für den Beitrag Brüder im Lande > Isratin < auf
Seite 5 war in der Juniausgabe kein Platz mehr. Er sollte so etwas wie
ein positiver Ausblick aus den Wirren in Israel/Palästina sein. Die jüngste
Eskalation in Hebron, die Vernichtung eines wesentlichen Verwaltungszentrums
der palästinensischen Selbstverwaltung, demonstriert das Zusammenspiel
zwischen Washington und Tel Aviv. Hat doch > Cäsar < Bush auf dem
fernen > Capitol < beschlossen, einen Vasallen zu Gunsten eines
anderen Vasallen fallen zu lassen. Der Bevorzugte hat nichts Eiligeres
zu tun, als den anderen durch die Zerstörung seiner Verwaltung zu vernichten.
Ist die Vision Brüder im Lande > Isratin < deshalb
hinfällig? Ich behaupte: nein! Visionen sind dazu da,
den Frieden im Krieg vorzubereiten; Visionen, von vielen gedacht, können
den Krieg stoppen. In der taz vom 15./16. Juni können Sie ein Gespräch
mit der palästinensischen Schriftstellerin Sumaya Farhat-Naser lesen.
Die Überschrift lautet "Die zivilen Wurzeln sind zerstört".
Es geht in diesem Beitrag um Helden und Nichthelden, um Fatalismus und
Verzweiflung - "Gewalt in den Familien nimmt zu, Frauen und Kinder
sind psychisch krank". Aber auch aus dem vermeintlich selbstbewußten
"auserwählten" Israel häufen sich die Nachrichten von Selbstmorden
Jugendlicher, und neben der Verweigerung Wehrpflichtiger steht die Verrohung
einer "siegreichen" Soldateska, was ebenfalls in das Zivile
wirkt.
Mit dem Beitrag > Wir schrecken uns nur selber ab < Die
neue US-amerikanische Nuklearstrategie auf Seite 6 setze ich
meine Mahnung fort, die Gefahr eines Atomkrieges zu leicht zu nehmen.
Der Beitrag in der Juniausgabe > Je simpler ein Abkommen <
ist vielleicht zwischen den Beiträgen über Demokratie und Palästina/Israel
als ein deutlicher Hinweis auf die Gefahr, in der wir uns befinden, etwas
verloren gegangen. Alle Abrüstungsverträge, die bis 1990 zwischen der
Sowjetunion und den Vereinigten Staaten geschlossen worden sind, werden
von der Bush-Adminstration nicht nur in Frage gestellt, sondern annulliert
oder unterlaufen. Nach meiner Meinung ist die Gefahr eines Atomkrieges
tendentiell heute größer, als zu der Zeit, als die Friedensbewegung so
bewegende Demonstrationen gegen die Mittelstreckenraketen der US-Amerikaner
in Europa veranstaltete. Wo ist die Friedensbewegung heute?
Es wird Ihnen auffallen, daß ich bisher zu den Wahlen im September keine
Stellung bezogen haben. Sie können aber aus den Beiträgen der letzten
Kommentar-und Informationsbriefe heraus viele Fragen an die Kandidaten
formulieren, um herauszufinden, ob sie bereit sind, für Frieden und Freiheit
einzutreten. Darauf kommt es in dieser Phase deutscher Politik entscheidend
an.
Sie hören erst wieder im September von mir. Bis dahin wünsche ich Ihnen
eine gute Zeit.
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Kersten
abgeschlossen am 12. Juli 2002 |
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