Dieter Kersten - Oktober 2002    
Editorial    
     
 

Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

vor längerer Zeit hatte ich im Kommentar-und Informationsbrief die Freiwirtschaftler (Gesellianer) und die Antroprosophen (Steiner) gebeten, mich, d.h. natürlich die Leser dieses Informationsbriefes, aufzuklären, weshalb in Japan und in den Vereinigten Staaten die Konjunktur nicht in Schwung kommt, obwohl der Zins fast gegen Null gesenkt ist, besonders eindrucksvoll in Japan. Auch in Europa ist der Zins gesenkt worden - trotzdem zahlen wir immer noch, je nachdem, für was und bei wem wir Geld leihen, zwischen 5,5% und 13,5% , nach oben fast offen. Die andere Frage war die nach dem internationalen Geldhandel und der Spekulation mit Derivaten, Optionen und einiges mehr, einschließlich Aktien und festverzinslichen Wertpapieren, die Frage nach der internationalen Geldflucht. Abgesehen davon, daß eine von attac vorgeschlagene internationale Tobin-Steuer, die diese Geldbewegungen besteuern soll, nur dann funktioniert, wenn alle Staaten mitmachen, wird sie die real vorhandenen Geldsäcke, die. selbst bei internationalem Electronic-Banking, zwischen Frankfurt am Main und New York hin und her transportiert werden, nicht verhindern.

Der deutsche Finanztheoretiker Silvio Gesell (1862 - 1930) hat bekanntlich ein Geld vorgeschlagen, welches den Geldbesitzer zwingen soll, es auszugeben bzw. zu investieren. Hortet der Geldbesitzer das Geld im Strumpf, unter der Matratze, in schwarzen Koffern oder gar im Tresor, soll er durch eine Gebühr bestraft werden, weil er das Geld nicht regelmäßig weitergibt. Für einen Geldbesitzer gibt es nur drei Möglichkeiten, sich der Gebühr zu entziehen - er muß das Geld für den Konsum ausgeben, er kann das Geld verleihen oder verschenken. Mir ist die Frage nicht beantwortet worden, ob es nicht besser wäre., das bisherige Geld durchweg durch das elektronische Geld zu ersetzen. Welche volkswirtschaftlichen Folgen könnte der Ersatz von Papier-und Metallgeld durch elektronisches Geld haben? Der Vorteil von elektronischen Geld ist, daß es sich nicht horten läßt!? Wichtig ist, daß ein neues Geld anonym, Fälschungssicher und zinsfrei ist.

Das sind nur einige wenige und wichtige Fragen an die …konomen; es bedarf einer nationalen und internationalen wissenschaftlichen Anstrengung, eine neue Wirtschaftsordnung zu initiieren, die den bisherigen Turbokapitalismus ersetzt. Der Turbokapitalismus mit seiner Globalisierung steht nach meiner Meinung kurz vor dem Kollaps und es besteht die Gefahr, daß die nationalen Wirtschaften - nach dem Motto Rette sich wer kann nationale Lösungen nach altem Muster einführen, die das Chaos dann erweitern.

Ich hoffe, ich erhalte Antworten.

Der Schrei nach Steuererhöhungen durch einige SPD-Ministerpräsidenten geht in diese alte Richtung. Es fällt den Parteipolitikern nichts anderes ein, als Steuererhöhungen. Soll das Volk doch bluten - warum hat es auch diese Regierungen gewählt. Im Mittelalter gab es den Zehnten, also 10 % Steuern, heute zahlen wir im Durchschnitt 50 % bis 60 % Steuern. Auch Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger und Rentner sind davon betroffen, denn mit jedem Cent Geld, welches ausgegeben wird, kassiert der Fiskus Steuern. Die Frondienste des Mittelalters sind heute die überbordende staatliche Bürokratie, die ständig durch den Bürger gefüttert werden muß. Die Menschen, die wirtschaftlich und gesellschaftlich aktiv sind, füllen ständig Anträge, Formular und undurchsichtige Steuererklärungen aus. Fiskalisch sind wir weit hinter das Mittelalter zurückgeworfen und wir, die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, wir dulden diesen Rückschritt.

DGB-Chef Sommer beklagte jüngst, daß Entlassungen im …ffentlichen Dienst und ähnlichen Einrichtungen zu einer immer größeren Arbeitslosigkeit führen würden. Auf die Idee, die vorhandenen Probleme durch eine neue …konomie zu lösen, Wirtschaft und Konsum dort wachsen zu lassen, wo es noch notwendig ist, Arbeit dort zu verteilen, wo sie zu verteilen ist, Löhne und Gehälter so zu gestalten, daß Leistung belohnt wird -auf diese Idee kommt der hochbezahlte Funktionär nicht.

Auch aus diesem Zusammenhang heraus ist es eine äußerst wichtige Aufgabe für uns Deutsche, in unserem Land für direkte Demokratie zu sorgen. Der Weg für direkte Demokratie führt über Volksbegehren und Volksentscheid. Eine direkte Beteiligung des Volkes wird auch intellektuelle Kräfte freisetzen, die angesprochenen Geld- und Wirtschaftsfragen zu lösen. Direkte Demokratie eröffnet auch die Möglichkeiten, auf Wissenschaft und Forschung unmittelbar Einfluß zu nehmen, indem das Volk über Einnahmen und Ausgaben mitbestimmt. Die direkte Demokratie ist auch ein guter Schutz gegenüber us-amerikanischen Zumutungen. Deutsche Regierungen, wenn sie nicht unmittelbar von den us-amerikanischen Interessen abhängig sein wollen, täten gut daran, die direkte Demokratie in Deutschland zu verwirklichen. Dazu gehört natürlich ein freies Informationswesen. Aber wir, das Volk, müssen es wollen. Wir müssen unsere verkorkste us-amerikanische "Demokratie"-Erziehung überwinden.

Zum Schluß noch einige Sätze zum Thema Neutralität, was mir sehr am Herzen liegt. Es ist angesichts des drohenden Krieges zwischen der einzigen Supermacht auf dieser Erde, den USA, und dem Irak, wieder sehr aktuell geworden. Der Irak ist ein militärischer Zwerg. Ob er sich auf gefährliche Art und Weise wehren kann, das weiß ich nicht. Der islamische Kulturkreis wird sich aber in allen Teilen und mit Recht angegriffen fühlen, und zwar militärisch und kulturell. Da erhebt eine arrogante us-amerikanische Gesellschaft, auch in unserem Namen, Anspruch auf natürliche Ressourcen, in diesem Fall das Erdöl, die der gesamten Menschheit gehören und die unter den Menschen gerecht verteilt werden sollten. Verbunden wird dieser Anspruch auf möglichst alle Rohstoffe mit dem ebenso anmaßenden Anspruch, als alleiniger Staat auf dieser Erde die Souveränität zu haben, Massenvernichtungswaffen besitzen zu dürfen. Wer hat ihnen, den USA, die noch nicht einmal eine Demokratie sind, dieses Recht gegeben, Gott? In den Augen der Mehrheit der US-Amerikaner schon, aber das ist nichts als Gotteslästerung. Der Arroganz müssen wir eine aktive gesamteuropäische Neutralität entgegensetzen, die den wirtschaftlichen Ausgleich auf dieser Erde herstellt. Die Bundesregierung sollte einen gesamteuropäischen, öffentlichen Dialog über diese angestrebte Neutralität führen, auch mit dem Ziel, Großbritannien einzubinden. Der Dialog mit den USA muß geführt werden, damit die US-Stützpunkte in Europa aufgelöst werden. Auf keinen Fall sollte der mögliche Irak-Krieg von us-amerikanischen Stützpunkten auf deutschem Boden aus geführt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten

abgeschlossen am 11. Oktober 2002

 
     
  Diesen Artikel als PDF-Datei herunterladen Download  
     
  Alle Artikel liegen als PDF - Datei zum herunterladen vor. Um PDF - Dateien zu lesen, benötigen Sie den "Acrobat Reader". Falls das Programm nicht auf Ihrem PC installiert ist, können Sie es sich hier kostenfrei herunterladen. Hompage_Acrobat