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Liebe
Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,
vor einigen Wochen, gerade als die Januar-Nummer mit den medizinisch-politischen
Beiträgen gedruckt wurde, lauschte ich einem Gespräch zwischen
einer jungen Medizinerin und einer etwas älteren Heilpraktikerin
und stellte einmal mehr fest, daß die auf den Menschen bezogenen
medizinischen Positionen gar nicht so weit auseinander liegen. Vorhandene
gemeinsame Erkenntnisse bzw. Ergebnisse empirischer Forschung bzw. Beobachtung
sind schnell festgestellt.. Bei der Umsetzung in die medizinisch-menschliche
Praxis klafft noch eine große, entscheidende Lücke. Diese Lücke
wird zum Schaden der Menschen von den materiellen Interessen der Pharmaindustrie
und deren Paladine ausgefüllt, flankiert von der Angst der Menschen,
medizinisch-therapeutische Freiheiten zu fordern, zu nutzen und zu geniessen.
Die von mir geforderte Therapiefreiheit, vor allen Dingen auch im Blick
auf das Krankenversicherungswesen, also bei der Bezahlung von Therapien
außerhalb der Schulmedizin, muß von uns Bürgern noch
durchgesetzt werden. Die Zeitschriften der "Gesetzlichen Krankenversicherungen
(GKVs)" bringen zwar immer wieder alternative Therapievorschläge,
ohne diese aber zu bezahlen.
Sehr wachsam müssen wir sein, wenn es um solche Schnellschüsse
des Bundeskanzlers geht, wie die Anfang Januar begonnene Innovations-Kampagne,
die sich schon längst wieder im Sande zu verlaufen scheint. Schröder
verband seine Innovations-Rede mit der Aufforderung, über Risiken
von Innovationen weder öffentlich nachzudenken noch zu diskutieren.
Das hört sich sehr nach einem Auftrag der Wissenschafts-und Industrielobbyisten
an den Kanzler an, Steuergelder ohne wenn und aber locker zu machen. Die
im vorigen Jahrhundert in einem Zeitraum von fast hundert Jahren Hunderte
von Milliarden gezahlten Dollars, DMs oder auch Euros aus dem Steueraufkommen
aller Bürger aller Staaten haben die Atomforschung nicht menschlicher
und nicht gesünder gemacht. Die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki
und der Reaktorunfall von Tschernobyl sind nur die "Highlighs"
einer breiten Blutspur "innovativer Forschung" à la Schröder.
Wenn uns schon jetzt von Fachleuten aus dem In-und Ausland die Risiken
von Nano-und Gen-Technologie erklärt werden, dann darf der Bürger
nicht den Mund halten, auch wenn es dem Bundeskanzler und seinen Lobbyisten
nicht gefällt Auf Seite 6 wird eine Innovation vorgestellt, die keinem
Menschen schadet, und deren Waffenfähigkeit marginal ist. Ist das
der Grund, weshalb diese neue Energietechnik in Forschung und Entwicklung
nicht unterstützt wird? Es gibt leider genug Beispiele, daß
gute Ideen erst dann gefördert wurden, als das Militär sie adoptierte.
Die Innovations-Kampagne des Bundeskanzlers betrifft geldintensive, spektakuläre
Großforschung, mit deren Ergebnissen sich Politiker auch dann schmücken
können, wenn sie Millionen von Toten zu Folge hat Ein weiteres Negativbeispiel
ist die so genannte GRÜNE REVOLUTION, die radikale Chemisierung und
Technisierung der Landwirtschaft überall auf dieser Erde, ohne Rücksicht
auf die natürlichen und auch kulturellen Gegebenheiten in den sehr
unterschiedlichen Regionen. Die Folge war und ist Hunger, wobei neben
Zerstörung der Natur auch die gezielte Zerstörung von Kulturen
(des kulturellen Umfeldes) verantwortlich ist. Für die Völker,
für den Einzelnen, für den Unterprivilegierten, steht am Ende
solcher unüberlegten Innovationen immer Elend, für die Lobbyisten
und ihre Politiker bzw. Regierungen und Konzerne die Zunahme von Reichtum
und Privilegien.
Die Diskussion der letzten Wochen war geprägt von der praktischen
Durchsetzung der Inhalte der Agenda 2010. Neben der "Krankheits"-Politik
ist die Sozialpolitik versus Bundesanstalt (Bundes"agentur")
für Arbeit und ihren inzwischen entlassenen Vorstandsvorsitzenden
Gerster ein Ereignis für die Medien gewesen. Formal ist Florian Gerster
über eine Fülle von Beraterverträgen gestolpert, die (angeblich)
nicht ausgeschrieben waren.
Vor einigen Wochen hörte ich im Inforadio des RBB einen kurzen Ausschnitt
aus einem Vortrag des CDU-Politiker Friedrich Merz, vor wem, weiß
ich nicht mehr. Sinngemäß sagte Herr Merz folgendes: der gesamte
Haushalt der "Bundesagentur für Arbeit" umfaßt etwa
20 Milliarden Euro, und er fügte hinzu, "Sie glauben doch nicht,
daß irgendjemand, der von den 20 Milliarden Euro profitiert, ein
Interesse an Reformen hat."
Es gibt nicht nur die 90 000 Beschäftigten der "Bundesagentur",
die jede Reform boykottieren können, es gibt darüber hinaus
einen sehr lukrativen Markt für Beschäftigungsgesellschaften
und Weiterbildungseinrichtungen. Nach den Informationen, die ich habe,
ist das ein Markt hart an der Legalitätsgrenze, der nicht kontrolliert
wird. Die Lobbyisten für diesen Markt werden viel Geld ausgeben,
um mit Hilfe der Medien einen Mann von seinem Posten zu beseitigen, der
möglicherweie die Kraft gehabt hätte, diesen Mafia-Sumpf "Bundesagentur"
zu entwässern.
Florian Gerster hat sich aber durch sein Verhalten selbst ein Bein gestellt.
Jeder, auch er, muß wissen, daß Berater und Gutachter, privatwirtschaftlich
organisiert, "verdeckte" Lobbyisten sind. Tausende offiziell
beim Bundestag registrierten Lobbyisten sind mit den Beraterfirmen eng
verbandelt. Es wurde ja auch ruchbar, daß in der Hartz-Kommission
Beraterfirmen saßen, die dann später Millionen von Beitrags-bzw
Steuergelder bei der "Bundesagentur" abkassierten. Wer bei solcher
Konstellation nicht superkorrekt ist, gerät, wenn er die Reformen
durchführen will, in die "Fallen" der Lobbyisten. Hinzu
kommt noch folgendes: ich kann locker in der NP schreiben, 45 000 Beschäftigte
in der "Bundesagentur" reichen. Herr Gerster darf das nicht
sagen. Er muß seine Leute motivieren, sie bei der Reform mitnehmen,
um zu Schluß nur noch 45 000 Beschäftigte zu haben. Es mag
schon sein, daß die Arroganz Herrn Gerster da eingeholt hat.
Hinzu kommen noch andere Fehler. Oder waren es gar keine? Eine der ersten
Amtshandlungen von Florian Gerster waren die Verdoppelung seines Gehaltes
und die Renovierung der Vorstandsetage für 1,5 Millionen Euro. Das
war kein guter Einstieg in die Reformen.
Nichts gegen Berater oder auch Beraterfirmen. Selektiv und sparsam eingesetzt,
mag ihre Beratung richtig und wichtig sein,. Aber angesichts der Verfilzung
von Politikern, amtlich registrierten Lobbyisten und privatwirtschaftlich
organisierten Beraterfirmen muß die Frage nach der Kompetenz der
öffentlich Beschäftigten (Beamten und Angestellten) gestattet
sein. Sie werden hochbezahlt, scheinen aber unfähig zu sein, die
Aufgaben ihrer "Bundesagentur" oder ihrer Ministerien selbst
erledigen zu können.
In dieser Ausgabe ist auf etwa 4 Seiten von unseren demokratischen Strukturproblemen
die Rede. Nicht vergessen habe ich dabei Artur Mahraun und seine Demokratie-Ideen,
die ausgleichende Gewalt des Volkes durch den überschaubaren Raum,
der politischen Nachbarschaft. In der Bestell-Liste biete ich dazu Literatur
an. Ich wünsche mir Ihr Interesse.
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Kersten
abgeschlossen 20. Februar 2004 |
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