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Liebe
Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,
wir haben in diesem Jahr in Deutschland 15 Kommunal -
und Landtagswahlen und dennoch keine Wahl. Welche Partei sich auch immer
zur Wahl stellt, sie ist eben nur Partei, nur ein Teil vom Ganzen, ein
Interessenverein zur Erlangung eines politischen Mandats, zur vermeintlichen
bis tatsächlichen Erringung von Macht Einzelner bzw. Gruppen. Gemeinschaftsinteressen
des Bürgers, das ist nur etwas für Sonntagsreden von Parteipolitikern
und fallen der Korruption und/oder dem "Kuhhandel" zum Opfer.
Vieles geschieht unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Die Medien
verbreiten eine "veröffentlichte Meinung", die genau das
wiedergibt, was die Interessengruppen = Parteien vorgeben. Das ebenfalls
unzulässige aber durchaus übliche Gegenstück ist, daß
Medien selber "Politik machen". Nachrichten und Meinungen werden
in höchst unzulässiger Weise miteinander verknüpft.
Die Parteien und ihre Parlamente, ihre Interessen-Organisationen, sind
an die Stelle des "Gottesgnadentums" der Fürsten getreten.
Sie empfinden sich auch so. Das Sein bestimmt das Bewußtsein.
Demokratie, als Volksherrschaft verstanden, muß grundsätzlich
neu gebaut werden Ein wichtiger Zwischenschritt ist die Volksgesetzgebung
durch Volksentscheid. In einem sehr begrenzten Umfang ist das in einigen
Bundesländern schon möglich. Nur müssen sich, sollte der
Volksentscheid von unten nach oben gehen, immer wieder neue Initiativgruppen
bilden, die finanziell schlecht ausgestattet sind und die gegen den parteienfixierten
Medienrummel sehr schwer ankommen.
Im letzten Absatz des Editorials vom Februar d.J. habe ich auf Artur Mahraun
und seine Demokratie-Ideen hingewiesen.
Artur Mahraun, geboren am 30. Dezember 1890 und gestorben am 27. März
1950, war in der Weimarer Republik Hochmeister des von ihm gegründeten
Jungdeutschen Ordens. 1927 erschien das Jungdeutsche Manifest
- Untertitel - Volk gegen Kaste und Geld - Sicherung des Friedens
durch Neubau der Staaten. Es enthält einen Staatsvorschlag,
aufgebaut auf Nachbarschaften von je ca. 500 beieinanderwohnenden Wahlberechtigten,
deren gewählte Vertreter in einem pyramidenförmigen Staatsaufbau
von unten nach oben bis zum Reichspräsidenten alle politischen Gremien
besetzen sollte. Die Wahlen sollten im Kursystem sttattfinden, d.h., das
nächst folgende Parlament bestätigt die vorherige Vertretung.
Parteien waren in diesem demokratischen Kursystem nicht vorgesehen. In
seinen Nachkriegsschriften Deutschland ruft und im Prostest des
Individuums rückt Mahraun von der Kurwahl ab und sieht den
nachbarschaftlichen Staatsaufbau als eine ausgleichende, kontrollierende
Gewalt des Volkes neben den Parteienparlamenten vor. Wichtig ist, daß
jeder Nachbarschaftssprecher in jeder Stufe des nachbarschaftlichen Staatsaufbaus
jederzeit abwählbar ist. Wichtig ist auch, daß die politische
Nachbarschaft ein Beratungsort ist, in dem Sachverstand und gesunder
Menschverstand den Spezialinteressen der Parteien und Medien gegenüber
gestellt wird.
Die politischen Nachbarschaften wären eine klare
und auch notwendige Machtbeschränkung der Parteien. Das ist durchzusetzen,
indem in einer Verfassunggebenden Nationalversammlung
eine neue Verfassung augearbeitet wird, in der die politischen Nachbarschaften
als Hoheitswesen des Volkes einen zentralen Platz einnehmen
müssen. Eine Verfassung ist ohnehin nach dem alten Grundgesetz der
Bundesrepublik Deutschland - Artikel 146 - geboten. Diese Gebot, sich
nach der Deutschen Einheit eine Verfassung zu geben, ist 1990 von der
Kohl-Regierung und den Parteien im Bundestag hintertrieben worden.
In dem System der zwei Säulen politischer Gestaltung hätten
die Parteien endlich die Möglichkeit, das zu sein, was sie ohnehin
sind: Interessenvertreter von Gruppen unterschiedlichster Art. Sie bräuchten
sich nicht mehr zu verbiegen. Das Volk (die Bürger) hätte seine
ureigenste Vertretung in der nachbarschaftlichen Ordnung.
Der Bürger ("der Nachbar") wäre eingebunden in alle
Entscheidungen Die meisten Bürger sind auch heute schon dazu in der
Lage. Es muß nur die entsprechende Form der direkten Demokratie
geschaffen werden.
Mahraun schlug im Jungdeutschen Manifest auch jeweils
eine Wirtschafts-, Frauen- und Kulturkammer vor. Es gibt nichts, was im
Hoheitswesen des Volkes, in den Politischen Nachbarschaften,
nicht abgestimmt werden kann. Es liegt am Bürger. Es gibt dann keinen
Grund mehr, mit dem Finger auf die anderen zu zeigen.
Auf Seite 2 und 3 greife ich am Beispiel eines Artikels von Oberstleutnant
Dipl.-Päd. Jürgen Rose das Thema der aktiven Neutralität
wieder auf und erweitere es, indem ich über die neue Welt
der Globalisierung berichte.
Auf Seite 3 ff gebe ich den Text eines Rundfunkinterviews wieder. Labor-Nahrung
ist ja gleichzeitig Labor- "Gesundheit", d.h. viele der modernen
Krankheiten von Mensch und Natur werden durch das "Labor" erst
hervorgerufen. Mit der Natur hat das alles nichts zu tun. Die Behauptung,
die zunehmende Zahl der Menschen auf dieser Erde ist ohne Chemie und Gentechnik
nicht zu ernähren, ist durch mehrere Studien längst widerlegt.
In Europa werden zunehmend ursprünglich landwirtschaftlich genutzte
Flächen "stillgelegt", und dafür wird u.a. in Afrika
Hunger inszeniert, weil das reiche Europa in ausbeuterischer Manier von
dort Lebensmittel bezieht.
Zum Schluß lassen Sie mich noch auf ein außenpolitisches Thema
eingehen, welches ganz offensichtlich hochbrisant ist, sonst würde
die CSU es nicht zu ihrem Wahlkampfthema machen - der mögliche Beitritt
der Türkei in die EU. Zu dem Thema Europa hatte ich mich bereits
im Editorial der Januar-Ausgabe geäußert. In den Sonntagsreden
über Europa finde ich keine "europäische Idee". Europa
ist kein kulturelles Projekt sondern eine rein wirtschaftliche Angelegenheit.
Europa wird durch die Konzerne vorangetrieben und nicht durch die Menschen.
EU-Europa hat keine demokratische Ordnung, noch nicht einmal eine parteidemokratische
Ordnung. Europa besteht aus Bürokratie und einem Schein-Parlament.
Ich bin deshalb der Auffassung, daß es ein Fehler ist, die muslimische
Türkei in ein demokratisch wie kulturell völlig desolates Europa
zu holen. Ich bin der Auffassung, daß wir die Türkei unterstützen
sollten, eine "Union nahöstlicher Staaten" zu bilden. Die
kulturellen Gemeinsamkeiten im Nahen Osten sind größer, als
eine kulturelle Gemeinsamkeit mit der Europäischen Union. Vielleicht
gelingt es, diese "Union nahöstlicher Staaten" kulturell
und demokratisch fundierter zu gestalten, als es dieses zur Zeit "real
vorhandene" Europa ist.
Die nächste Ausgabe des Kommentar-und Informationsbriefes erscheint
im Mai. Der Buchdienst steht Ihnen auch zwischenzeitlich zur Verfügung.
Für Anregungen bin ich immer zugänglich. Bleiben Sie mir gewogen.
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Kersten
Abgeschlossen 12. März 2004 |
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