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Liebe
Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,
der so genannte "D-Day" - die Landung der Alliierten in der
Normandie am 6. Juni 1944 (so ist eine Zeichnung im ARGENTINISCHEN TAGEBLATT
vom 6. Juni 2004 überschrieben) - hat wegen des 60-jährigen
Jahrestages und der Teilnahme von Kanzler Schröder an den "Feierlichkeiten"
sehr viel Platz in den Nachrichten gehabt. Ein dpa-Bericht in der oben
zitierten Zeitung mit gleichem Datum war überschrieben > "Kreuzzug
zur Befreiung Europas": Die Landung in der Normandie <. Wie sich
die Worte gleichen !! Der aktuelle Krieg gegen den Irak ist erklärtermaßen
auch ein Kreuzzug, diesmal für die Befreiung aller Iraker und Demokratie
in allen islamischen Staaten, versteht sich, so wird uns jetzt immer wieder
in den Medien erzählt. Die zivilisierte Welt (Bundeskanzler Schröder,
einmütig mit US-Präsident Bush) mit erhobenem Zeigefinger: am
us - amerikanischen Wesen, selbstredend, denn sie sehen sich als ein auserwähltes
Volk, und natürlich auch an (West-!) Europa (als zweitrangiges, auserwähltes
Territorium) soll die Welt genesen. 50 Jahre Frieden für Europa sind
vorbei, nun sind wieder Kriege angesagt - wenn wir uns nicht basisdemokratisch,
direktdemokratisch gegen die Ideenlosigkeit und die Anmaßung der
Regierenden wehren.
Und das Kreuz? Das Kreuz wird seit 2000 Jahren mißbraucht, wenn
unsere Zeitrechnungen stimmen.
Das Kreuz us-amerikanischer Machart ist mir, 1939 geboren, durch den Kreuzzug
nicht näher gebracht worden. Ich fühle mich nicht befreit; eine
Kulturlosigkeit ist von einer anderen abgelöst worden, und die kulturelle
Werte, die vor 1933 noch bestanden hatten und entwicklungsfähig gewesen
wären, sind vernichtet worden, spätestens im Bombenkrieg der
"Alliierten" gegen Deutschland und die Deutschen, bei dem sie
oftmals die Vernichtung deutscher Kulturzentren der Vernichtung von Industriezentren
vorzogen.
Am Rande der Geschichten um den D-Day wurde bekannt, daß die US-Amerikaner
auch eine Militärregierung für Frankreich geplant hatten. Dem
kam De Gaulle, ungeliebter und unbequemer Verbündeter der "Alliierten",
zuvor, indem er noch vor dem D-Day die Besetzung der Verwaltungsposten
in den Departements vornahm und somit ein Widerstandspotential gegen die
us-amerikanische Anmaßung stärkte. Er setzte durch, als Erster
in Paris einzumarschieren und rettete so Frankreich für die Franzosen.
Es paßt genau in das Bild, wenn sich 8 Tage später, am 14.
Juni 2004, der ehemalige israelische Ministerpräsident Ehud Barak,
diesmal in der Berliner Tageszeitung DER TAGESSPIEGEL in einem Interview
zu Wort meldete. Das Interview hat die Überschrift Barak: Die Araber
brauchen einen islamischen Martin Luther. Eine erstaunliche Feststellung
und wie lieb von Herr Barak, sich um den Islam Gedanken zu machen. Der
genaue Wortlaut der Barak-Äußerung aus dem längeren Interview:
> Die arabische Welt braucht einen islamischen Martin Luther, der heute
seine Thesen an eine Moscheetür nagelt - wie damals in Wittenberg
Das könnte Anstoß geben für Reformen. Die meisten arabischen
Herrscher wissen, daß Reformen unausweichlich geworden sind. Aber
sie wollen dabei nicht vom Westen, von Israel oder dem Rest der Welt bevormundet
werden. Demokratisierung sollte für die Araber nicht eine Erfahrung
der Demütigung sein, sondern ihr absolut eigenes Projekt. Wenn wir
uns zu sehr einmischen, machen wir alles kaputt. < Wem nutzt diese
erstaunliche Feststellung? 72 Jahre nach Martin Luthers Tod begann der
Dreißigjährige Krieg (1618 - 1648), ein gigantischer europäischer
Machtkampf und ein Glaubenskrieg, der ganze Landstriche in Deutschland
entvölkerte, das Volk verarmte und kulturelle und soziale Zusammenhänge
zerstörte. In unserer Gegenwart: um des Friedens Willen hat sich
ein Israeli ungefragt aus einer sicher notwendigen islamischen Kulturdiskussion
und Kulturentwicklung herauszuhalten, zumal Ehud Barak in dem Interview
von seiner antipalästinensischen Haltung keinen Hehl macht. Fast
lustig ist es, daß es Herrn Barak, Israeli und Jude, nicht bekannt
zu sein scheint, daß Luther ein Judenhasser großen Ausmaßes
war. Es gibt eine Schrift von Luther - "Von den Juden und deren Lügen"
- in der alle Vorurteile gegen Juden wortgewaltig zusammengefaßt
sind. Die Nazis, deren Machtergreifung u.a. von jüdischen Bankhäusern
finanziert wurde, haben sich dieser Luther-Schrift bedient und die lutherischen
Kirchen haben das damals selbstverständlich akzeptiert.
Den letzten Absatz des Editorials des Kommentar-und Informationsbriefes
vom Juni d.J. habe ich mit dem Sprichwort "Wissen ist Macht"
und einem Blick auf die Erwachsenenbildung beendet. In dieser Ausgabe
bringe ich auf Seite 2 ff. Einige Beiträge über Jugend und Schule.
Dabei kommt mir in den Sinn, wie wichtig wenigstens zwei fernsehfreie
Tage in der Woche wären: Bildungstage anstatt Berieselungstage, Spiel-und
Gesprächstage zwischen den Generationen.
Ist es ein weiter Schritt, wenn ich von Aufforderungen zu Gewalttaten
in Filmen, Videos und Songtexten auf die "politische" Gewalt
der Erwachsenen übergehe? Gewalt und Angst, das sind Handwerkzeuge
der Herrschenden für die Machausübung. Kurz vor dem Madrider
Terroranschlag erschien der Beitrag aus FREITAG; den ich auf Seite 5 ff.
dokumentiere. Der Beitrag zeigt sehr eindrucksvoll, was Sie als Urlauber
von der spanischen Polizei zu erwarten haben, wenn Sie auch nur durch
einen Irrtum in die Fänge der spanischen Obrigkeit geraten. Es zeigt
auch, mit welcher Type Mensch Sie da zu tun haben. Die spanische Regierung
hat jüngst verkündet, daß sie in den Urlaubsgebieten mehr
Polizei einsetzen wird: Viel Spaß also!.
Aber wir Deutschen sind keine Waisenkinder. Im Gegenteil. Mit größtem
Perfektionismus wird bei uns die Freiheit eingeschränkt. Auf Seite
7 dokumentiere ich einen Militäreinsatz deutscher Soldaten in Leipzig.
Immer wieder treten Parteivertreter auf, insbesondere von der CDU/CSU,
die verlangen, daß das Grundgesetz soweit geändert wird, daß
ein Einsatz gegen innenpolitische Demonstranten möglich wird. Wir
müssen uns in aller Form dagegen wehren. Die deutschen Parteien bzw.
deren Macher aller politischen Farben wollen Demokratie abschaffen, weil
sie das Volk für dumm halten. Wir, das Volk, das das alles ertragen
und bezahlen muß, halten die politische Klasse für einen kriminellen
Haufen habgieriger Subjekte. Die Geschichte nennt so etwas Raubritter
und Wegelagerer.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer. Sie hören von mir
wieder im September.
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Kersten
Abgeschlossen am 9. Juli 2004 |
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