Dieter Kersten - Januar 2005    
Editorial    
     
 

Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

nichts eignet sich besser als ein Jahreswechsel, noch einmal, jenseits von den wichtigen tagespolitischen Ereignissen, zu reflektieren, was das Ziel dieser Initiative Kommentar- und Informationsbrief NEUE POLITIK ist. Viele Dinge kommen im Laufe eines Jahres zu kurz, und manche Leserinnen und Leser, die sich etwas Vorwärtsstrebendes im Blick auf den Untertitel Beiträge zur politischen Neuordnung vorgestellt haben, sind vielleicht enttäuscht.

Ich habe mir zur politischen Neuordnung Notizen gemacht und bin erstaunt, was da alles zusammen gekommen ist. Was mir immer mehr bewußt wird, ist die Tatsache, daß ich alle diese Themen als Einzelperson nicht bewältigen kann. Ich brauche Ihre Mitarbeit. Manchmal erhalte ich Beiträge, die für die neunmal acht Seiten im Jahr zu lang sind, öfters erhalte ich auch gut gemeinte Beiträge, die ich überarbeiten müßte, was ich aber meistens nicht schaffe. Deshalb müssen wir, Sie und ich, ich als der Verantwortliche für den Kommentar-und Informationsbrief und Sie als Mitstreiter und verantwortliche Bürger, miteinander Geduld und einen langen Atem haben.

Wir müssen Demokratie neu ordnen. Nach 1945 sollten wir lernen, daß die us-amerikanische Demokratie die einzig richtige Demokratie ist. Heute wissen wir, daß diese Art von "Demokratie" lediglich eine schlimme Verschärfung einer Parteien- und Lobbyistenherrschaft ist. Wir brauchen als Korrektiv eine direkte Demokratie. Volksentscheide sind ein wichtiges Mittel, die Parteien- und Lobbyistenherrschaft im Zaum zu halten. Noch wirksamer ist es, den Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich in politischen Nachbarschaften zu treffen, in denen sie diskutieren und sich aussprechen können, um sich eine Meinung bilden zu können, die weitgehend unabhängig von den Medien der Lobbyisten ist. Dann können parallel zu den Parteien- Parlamenten Entscheidungen getroffen werden. Ich biete in der Bestelliste dazu historisches Material (Artur Mahraun) an. Jeder muß sich seinen Standpunkt erarbeiten; dazu gehören Informationen und dazu gehört auch Wissen. Wir sollten die Idee von einer "Freien Schule", einer "Freien Universität" und von einem lebenslangen Bildungsrecht und Bildungspflicht als demokratisches Recht ausbauen (Bildungsgutschein). Die Bürger dieses Landes sollten auch das Recht erhalten, über die Verwendung von Forschungsgeldern wenigstens mit zu entscheiden, und zwar, indem sie über einen Forschungsgutschein bestimmen, wer die Mittel für eine hoffentlich menschengerechte naturwissenschaftlich-technische Forschung erhält.

Die Neugestaltung des Rechtswesens erscheint mir sehr notwendig, weil weite Teile unseres Rechtsverständnisses auf obrigkeitsstaatlichen Prinzipien beruhen. Die Unübersichtlichkeit der Gesetze ist gewollt. Eine ganze Kaste, nämlich die der Juristen, hat ein politisch und kulturell unzulässiges Auslegungs- und Anwendungsprivileg, welches sich in vielen Fällen mehr gegen die Menschen richtet, als daß es ein Recht für die Menschen ist. Hinzu kommt noch, daß unser "öffentliches Leben" in einer unerträglichen Weise von studierten Juristen durchsetzt ist und bestimmt wird. Der "Rechtsstaat" ist in vielen Bereichen zu einem Unrechtsstaat geworden.

Wir sollten darüber nachdenken, wie wir die Probleme der Politik, Kultur und Wirtschaft voneinander getrennt und dann vielleicht sachgerechter lösen können. Dazu gehört auch die Geld- und Bodenfrage. Die so genannten Nationalökonomen, die Marxisten und auch die Globalisierungs - Ökonomen haben dazu - bisher - keine menschengerechte Antwort gefunden. Sie wissen, daß ich den Vorschlägen von Silvio Gesell sehr zugeneigt bin. Ich biete dazu auch Literatur an. Manchmal erscheint es mir, daß es auch dort mehr Fragen als Antworten gibt. Wir müssen an der Qualität unserer wirtschaftlichen Organisationsformen noch sehr arbeiten, zumal wir Teil einer weltweiten Sklavenhaltergesellschaft sind, ein Zustand, der aufgelöst werden muß.

Oder stimmt es, daß Demokratie nur in einer Sklavenhalter-Gesellschaft möglich ist, so wie es uns die Antike vorgelebt hat?

Ich bin für die gentechnikfreie Landwirtschaft in Deutschland und der Welt und für einen naturgemäßen Landbau. Obwohl nach meinen Beobachtungen die Propagandawelle zur Zeit für die Gentechnik auf Hochtouren läuft, hat es noch keiner der hochdotierten Professoren und Wirtschaftsmanager geschafft, mich davon zu überzeugen, daß stillgelegte landwirtschaftliche Flächen, das Bauernsterben in Afrika, Asien (China!!!) und Lateinamerika, und die Einführung der Gentechnik, besser sind, als eine dezentrale, naturgemäße, dem jeweiligen Klima angepaßte traditionelle Landwirtschaft. Nicht zu vergessen: zu alledem gehört in allen Teilen unserer Erde eine sparsame Wasserwirtschaft unter Ausnützung aller naturgegebenen Reinigungsverfahren.

Ein Ihnen durch den Kommentar- und Informationsbrief NEUE POLITIK bekanntes Thema ist das der Therapiefreiheit in der medizinischen Versorgung der Menschen. Die Schulmedizin hat in der Akutmedizin segensreiche Fortschritte gemacht, in allen anderen Fachrichtungen ist ihr Bündnis mit der Pharmaindustrie nicht nur fragwürdig, sondern partiell mörderisch. Es ist eine menschliche Katastrophe, daß dem Bürger das Recht auf Therapiefreiheit genommen wird.

Außenpolitisch halte ich eine aktive Neutralität Deutschlands und Europas in allen weltpolitischen Händeln für absolut notwendig. Ich bin gegen die Stationierung von US-Truppen und US-Atomwaffen in Deutschland und Europa. Ich bin sogar gegen us-amerikanische Militär-Lazarette auf diesem Kontinent. Ich bin für die Abschaffung von Militär und Rüstung in Deutschland und Europa, auch für die Abschaffung der französischen Force de Frappe (Atomwaffen) wie der britischen Atomwaffen. Ich bin für ein international einsetzbares und gut ausgebildetes Technisches Hilfsdienst deutscher und/oder europäischer Herkunft.

Ich halte den Beschluß über eine Europäische Verfassung für verfrüht, weil keiner weiß, auch nicht die Verfassungsmütter und -väter, was Europa überhaupt ist. Dieses Defizit an europäischem Bewußtsein zeigt sich in der Diskussion über die Aufnahme der Türkei in die EU. Natürlich ist die Türkei nicht Europa. Wenn die Türkei Europa sein sollte, dann könnten wir auch Israel, Marokko und Algerien in die EU aufnehmen. Möglicherweise könnte das alles bei ökonomischen Überlegungen sinnvoll sein. Bei der Bildung eines europäischen Verfassungsstaates (Bundesstaates) aber wäre die Aufnahme der Türkei nach meiner Auffassung eine Fehlentscheidung. Deshalb muß der europäische Verfassungsstaat von einer Wirtschaftsunion getrennt entwickelt werden.

Nicht vergessen habe ich die notwendige politische und materielle Stärkung der UN und eine ebenfalls notwendige weltweite Ressourcen-Diskussion. Dazu gehört auch die Energiediskussion und die Überwindung des Dogmas des 2. Hauptsatz der Thermodynamik. Wir verbrennen uns - unnötig - zu Tode.
Was habe ich noch vergessen???

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten

Abgeschlossen am 14. Januar 2005

 
     
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