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Liebe
Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,
während ich beginne, das Editorial zu schreiben,
sind BRD-Politiker und Medien voller Lob über die Wahlen im Irak
am 30. Januar. In der Tat hatte auch ich mir den Wahltag blutiger vorgestellt
als er dann tatsächlich war. Immerhin ist in einem bescheidenden
Umfang und im Geiste westlicher (us-amerikanischer) Demokratievorstellungen
gewählt worden. Weitgehend ausgenommen von den Wahlen war die sunnitische
Bevölkerungsgruppe, an der us-amerikanische Rache als Exempel statuiert
wurde und wird, nur weil die meisten Regierungsangehörigen unter
Saddam Hussein Sunniten waren. Auf Seite Fünf dokumentiere ich einen
Bericht über die us-amerikanischen Morde in und um Falludscha. So
etwas wie in Falludscha hat sich auch in anderen Orten des Iraks zugetragen.
Hier und dort sind die "Feinde" Sunniten.
Mir scheint wieder einmal, daß die Welt ein Irrenhaus
ist, national wie international. Ich hatte ursprünglich vor, einen
Beitrag über das Verhalten der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag,
die Shoa und andere Gräuel im 2. Weltkrieg zu schreiben, aber mit
einem Mal zwang mich eine Schreibsperre, aufzuhören. Dabei hatte
ich eine "schöne" Überschrift - > Eine
gute Tat ist besser als tausend Seufzer <. Ich beschrieb in
meinem mißlungenen Beitrag, wo ich >>dieses Sprichwort ...
aufgeschnappt hatte .. beim Hören von RBB Inforadio am 28. Januar.
Es wurde ein Rabbi in Moskau interviewt, der auf Russisch diesen Satz
sprach. Ich weiß noch nicht einmal, ob es sich um ein russisches
oder ein jüdisches Sprichwort handelt. Mir gefällt es, egal
woher es kommt.<<
Es hat in Deutschland noch nie eine ergebnisoffene und
bürgernahe Diskussion über den deutschen Antisemitismus und
die zwölf Jahre Hitlerei gegeben. Über die vierzig Jahre dauernde
Herrschaft der irakischen Bath-Partei und Saddam Husseins zerreißen
sich unsere wackeren Kommentatoren in Rundfunk und Fernsehen die Mäuler,
aber die deutsche Geschichte, die unsere Gegenwart bestimmt, wird immer
nur aus einem einseitigen Blickwinkel gesehen.
Der Blickwinkel ist davon bestimmt, daß es zwischen
1945 und 1949 keinen Neuanfang in Deutschland gegeben hat, sondern daß
die politische Klasse, die in der Weimarer Republik versagt und auch noch
Hitler und seine Kumpane formal an die Macht gebracht hatte, ihre alten
Funktionen, nur noch komfortabler, nach 1945 wieder erhielten. Ja, sogar
die Leute, die zwischen 1933 und 1945 ihrem kriminellen politischen Handwerk
nachgegangen waren, wurden weitgehend rehabilitiert. Dabei gibt es keinen
Unterscheid zwischen DDR und alter BRD. Die DDR war in vielen Bereichen
die rote Fortsetzung des braunen Staates. Deshalb wundert es mich auch
nicht, daß in zwei Bundesstaaten auf dem Boden der ehemaligen DDR,
in Brandenburg (DVU) und in Sachsen (NPD), natürlich mit Hilfe altbundesrepublikanischer
"Volksgenossen", "rechte" Parteien in die Parlamente
kamen. Viele Menschen in der ehemaligen DDR sind seit 1933 in einem Milieu
aufgewachsen, in dem die Sumpfgewächse Fremdenfeindlichkeit, Deutschtümelei
und Antisemitismus gedeihen. In der alten BRD tobte zwar zeitweilig die
Auseinandersetzung zwischen links und rechts, wobei Fremdenfeindlichkeit,
Deutschtümelei und Antisemitismus auch vorkamen, aber merkwürdig
eunuchenhaft. Wer die Verantwortung der politischen Elite für die
Hitlerei diskutieren wollte, der wurde entweder völlig totgeschwiegen
(konnte sich kein Gehör verschaffen) oder bekam zu hören - "Geh
doch rüber" (in die DDR). Die Oligarchie hatte und hat die Menschen
in Deutschland fest im Griff.
Liebe Leserinnen, liebe Leser, Sie wissen, daß
ich schon des öfteren über die Finanzierung Hitlers und seiner
Partei durch die Bankhäuser Baruch und Warburg berichtet habe. Henry
Ford besuchte Hitler an seinem 50. Geburtstag und überreichte ihm
50 000 Dollar als Geschenk. Seitdem George W. Bush in den USA an der Regierung
ist, wird kolportiert, daß sein Großvater Prescot Bush vor
1933 die SA bewaffnet hat. Wichtig erscheint mir in diesem Zusammenhang
folgende Meldung, die ich am 6. November 2004 im ARGENTINISCHEN TAGEBLATT
unter der Überschrift Klage gegen Bush vorfand:
> Düsseldorf (dpa) - Wenige Tage vor der Präsidentenwahl
in den USA ist beim Bundesbezirksgericht New York eine Millionenklage
von Holocaust-Opfern gegen Amtsinhaber George W. Bush eingereicht worden.
Wie der Düsseldorfer Anwalt Peter Wolz am Montag berichtete, werden
vom US-Präsidenten 400 Millionen US- Dollar Schadenersatz gefordert.
Kläger sei die internationale Projektgruppe Auschwitz-Sammelklagen
(IPAS). Ihrer Ansicht nach beruht das geerbte Vermögen Bushs zum
Teil auf Gewinnen aus NS-Sklavenarbeit, die dessen Großvater Precott
Bush mit Geschäften mit den Nazis während des Zweiten Weltkrieg
gemacht habe.<
Da uns die Geschichte immer wieder einholt, zweiundsiebzig
Jahre nach der Machtergreifung Hitlers und sechzig Jahre nach der Befreiung
von Auschwitz, verlange ich eine umfassende Aufklärung. Unter Aufklärung
verstehe ich nicht nur die Öffnung aller Archive, die mit der Geschichte
der letzten hundert Jahre zu tun haben, sozusagen die Offenlegung aller
Fakten und die Klärung aller Gerüchte und Vermutungen, sondern
auch eine umfangreiche, vorurteilsfreie Diskussion. Ich verbitte mir den
Umerziehungs-Unterton, den manche Vertreter der Medien in Deutschland
anders meinenden gegenüber anschlagen.
Die jetzt herrschende politische Klasse, oder wie ich auch gerne schreibe,
die Oligarchie, das sind die Kinder und Enkel der politischen Klasse,
die Hitler an die Macht gebracht oder die sogar mit Hitler paktiert hat.
Ihre Vertreter Schily, Schröder, Merkel und Konsorten forcieren mit
ihren diversen Gesetzesvorhaben die Kontrolle über die Bürger.
Hinzu kommt, daß die jetzige bundesdeutsche Oligarchie nicht nur
verantwortlich ist für die laufende Globalisierung, sondern auch
für die damit einher gehenden sozialen Zumutungen. Die politische
Klasse stellt diese Beziehung selbst her. Sie muß sich also fragen
lassen, ob ihr politisches Handeln nicht von dem Ungeist des 3. Reiches
bestimmt wird: der Menschenverachtung.
> Eine gute Tat ist besser als tausend Seufzer
<, was ist das für ein schönes Sprichwort !! Nachdem
ich Sie im Editorial mit tausend Seufzer versorgt habe,
hoffe ich, daß Sie Freude am sonstigen Inhalt haben. Teilen Sie
mir Ihre Meinung mit, per Email, Fax oder Brief.
An dieser Stelle möchte ich allen Abonnenten für
ihre Überweisungen danken. Ich freue mich über die großzügigen
Aufrundungen des Abo-Betrages. Das Geld fließt in die notwendige
Werbung. Ich weiß, daß es viele Menschen, auch unter uns,
gibt, die auf jeden Cent achten müssen. Deshalb Ihnen allen meine
Hochachtung.
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Kersten
(abgeschlossen 11. Februar 2005)
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