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Liebe
Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,
oh, Jupiter, wer hätte gedacht, daß 2000 Jahre
nach der Geburt Deines großen Kontrahenten Jesus Christus der Ritus
(Hokuspokus) und die Verkleidungen aus Deinen Tempeln und der Deiner Kollegen
so lebendig ist, daß die ganze Christenheit fasziniert das Fernsehen
einschaltet oder die hohen Reisekosten nach Rom auf sich nimmt, um Plagiatoren
zuzujubeln. Auf den Seiten zwei und drei bringe ich drei Beiträge
zu dem Thema Papst und katholische Kirche.
Vielleicht ist das schon zuviel Ehre für eine Institution
wie die Katholische Kirche, deren > historische Verdienste
... für die Werdung Europas< und für dieses Land ich eben
nicht > zu schätzen weiß < Die Zitate stammen
aus dem Kommentar meines Mitstreiters Martin Rust auf Seite zwei.
Warum sollte ich > Grund zur Freude < haben? Das
zu äußern überlasse ich Gazetten wie z.B. der BILD, die
am 20. Mai titelte: Wir sind Papst!, oder der BZ am gleichen
Tag: Jubelt! Ein Deutscher Papst. Die Alemannische Fastnacht
ist eben auch anders als der Rheinische Karneval!
Wenn ich auch nicht mit allen Teilen des vorzüglichen
Beitrages von Friedrich Schorlemmer übereinstimme bzw. ich mich für
vieles, was zwischen den "Glaubensgemeinschaften" abläuft,
nicht "zuständig" fühle - ich hielt es für geboten,
den Beitrag im Kommentar- und Informationsbrief abzudrucken. In dem Schorlemmer-Beitrag
finden Sie die Begründungen, die mich davon abhalten, Gefühle
des Stolzes, daß ein Deutscher Papst geworden ist, zu haben. Wenn
in dieser ernsten Geschichte Spaß erlaubt sein darf, dann kann ich
als geborener Preuße nur feststellen, daß ja kein Deutscher,
sondern ein Bayer zum Papst gewählt worden ist. Griesgrämig
bin ich deshalb keinesfalls. Im Gegenteil, ich bin ausgesprochen fröhlich,
da ich die Ketten kirchlicher Bindungen abgeworfen habe.
Natürlich können wir uns alle in Deutschland
und Europa, egal welcher Religion oder welcher Religionsrichtung wir angehören
oder ob wir die Ketten abgeworfen haben, nicht aus diesem kulturellen
Geflecht lösen, welches 2000 Jahre gewebt worden ist.
Wer vergleichende geschichtliche Beispiele mag, der sollte
sich mit Hadrian VI. beschäftigen, dem letzten Deutschen auf dem
päpstlichen Thron vor dem jetzigen Papst Benedikt XVI. Im ARGENTINISCHEN
TAGEBLATT vom 23. April wird Hadrian VI. als ein Papst beschrieben, der
nicht verstand, was mit der Reformation in Deutschland seiner Kirche geschieht.
Im Meyers Konversationslexikon von 1908 wird Hadrian VI. etwas genauer
beschrieben. Ich fasse den langen Text zusammen: Geboren 1459, gestorben
1523, studierte Philosophie und Theologie
und zeichnete sich durch seine Gelehrsamkeit aus. Er
war an der Durchführung der Inquisition in Spanien führend beteiligt.
Er wurde 1522 zum Papst gewählt. Erst beim Schreiben dieses Textes
fällt mir auf, daß mein Satz - > er scheiterte in seinem
Amt als Papst, als er die Kirche reformieren wollte < - etwas kurz
gegriffen ist. Er war ja nur ein Jahr Papst; trotzdem ist der Satz eine
korrekte Zusammenfassung des Lexikon-Textes.
Ich habe bestimmte Worte durch Fettdruck markiert. Sie
zeigen die große Übereinstimmung mit dem jetzigen Papst. Mitstreiter
Johannes Scholler, von dem der Beitrag über Friedrich Nietzsche auf
Seite vier stammt, prophezeit, daß Benedikt XVI. der letzte Papst
sein wird, weil die katholische Kirche, so wie sie existiert, an ihren
Problemen zerbrechen wird.
Themenwechsel! In der Ausgabe März/
April des Kommentar- und Informationsbriefes NEUE POLITIK veröffentlichte
ich unter der Überschrift Wild Bill Cody eine Seite
aus einem Buch, die mit folgenden Sätzen endet: > "Wir lebten
im jüdischen Sektor von Warschau", fing er langsam an. Es waren
die ersten Worte, mit denen er mir gegenüber von sich selbst sprach.
Meine Frau, unsere zwei Töchter und unsere drei kleinen Jungen, als
die Deutschen unsere Straße erreichten, stellten sie jeden an die
Wand und eröffneten mit Maschinengewehren das Feuer. Ich bettelte,
daß sie mir erlauben würden, mit meiner Familie zu sterben,
aber da ich Deutsch sprach, steckten sie mich in eine Arbeitsgruppe."
- Er unterbrach, vielleicht weil er wieder seine Frau und seine fünf
Kinder vor sich sah. "Ich mußte mich dann entscheiden",
fuhr er fort, "ob ich mich dem Haß den Soldaten gegenüber
hingeben wollte, die das getan hatten. Es war eine leichte Entscheidung,
wirklich. Ich war Rechtsanwalt, in meiner Praxis hatte ich zu oft gesehen,
was der Haß im Sinn und an den Körpern der Menschen auszurichten
vermochte. Der Haß hatte gerade sechs Personen getötet, die
mir das meiste auf der Welt bedeuteten. Ich entschied mich dafür,
daß ich den Rest meines Lebens - mögen es nur wenige Tage oder
viele Jahre sein - damit zubringen wollte, jede Person, mit der ich zusammenkam,
zu lieben.<
Mich haben diese Sätze nicht mehr losgelassen, gerade
in diesem Jahr, wo sich die "Gedenktage" häufen. Ich vermisse
den Entschluß aller gesellschaftlichen Kräfte in den christlich-jüdisch
dominierten Kulturen, sich zu lieben und diese Liebe
in den Vordergrund geschichtlicher Auseinandersetzungen zu stellen. Dazu
gehört, daß nur Menschen in Positionen und Institutionen gewählt
werden sollten, die liebesfähig sind und die ihren
Hass nicht ständig politisch mißbrauchen. Das gilt gleichermaßen
für die sehr große "Spanne" zwischen dem Zentralrat
der Juden in Deutschland und dem Bundespräsidenten.
Ich bin davon überzeugt, daß ein großer Teil der noch
lebenden Verfolgten des Naziregimes verziehen haben. Leider lassen sich
einige einen unsäglich dummen Gruppenzwang ("political correctness")
zum "ewigen" Hass verführen.
In der Wochenzeitschrift FREITAG vom 4. Februar ist ein
Gespräch mit dem israelischen Maler Jehuda Bacon abgedruckt, der
als 13jähriger 1942 nach Theresienstadt deportiert und am 5. Mai
im KZ Gunzhausen bei Linz befreit wurde. Aus diesem Gespräch will
ich einen Absatz wiedergeben: > Wir haben uns noch im Lager gefragt:
Was wird mit uns sein, wenn wir überleben? Die Deutschen, das waren
für uns die SS-Mörder. Und wir dachten: Wir nehmen Rache. Wir
bauen eine Mauer und lassen dahinter alle Deutschen verhungern. Sehr kindliche
Gedanken. Ich kann mich auch noch daran erinnern, als ich 1945 in meine
Heimatstadt Mährisch-Ostrau zurückkam, da sah ich plötzlich
ältere Deutsche mit einer Binde, die Schnee schaufeln mußten,
und ich erinnerte mich, daß mein Vater das Gleiche tun mußte
und dabei geschlagen wurde, während ich gezwungen war, dieser Demütigung
zuzusehen. Da dachte ich einen Moment: Wenn ich jetzt einen Stein auf
diese Männer werfe, kann mir niemand etwas anhaben - ich nehme Rache.
Aber dann dachte ich: Vielleicht sind sie unschuldig, außerdem wird
die Asche meines Vaters nicht wieder lebendig. Und wenn ich weiterhasse,
hat Hitler gewonnen, weil ich dann so bin wie er. Davon wollte ich mich
befreien. <
Beachten Sie mein reichhaltiges Buchangebot in der beiliegenden
Bestelliste und auf meiner Webseite www.neuepolitik.com.
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Kersten
Abgeschlossen 13. Mai 2005
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