Dieter Kersten - Juni 2005    
Editorial    
     
 

Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

Sie wissen, daß ich ein nicht zu belehrender Anhänger von Demokratie und Freiheit bin. Beides sind Zwillingsschwestern, unzertrennlich. Beides sind begehrte Mädchen oder Frauen, aber sie sind nur zusammen zu bekommen, und deshalb nur platonisch zu lieben. Sie eignen sich nicht für Beischlaf, Sex und Vergewaltigungen, für Falschheit und Betrug. Auf Seite Zwei dokumentiere ich einen Text von Dietrich Bonhoeffer. Ich weiß nicht, ob Dietrich Bonhoeffer Artur Mahraun (ebenfalls Jungdeutscher Orden) kannte. Zeitgenossen waren sie ja. Mahraun hat die Idee der politischen Nachbarschaft, der überschaubaren, beratungsfähigen, kleinen Volksversammlung (Basisdemokratie) entwickelt. Ich biete Ihnen dazu in der beiliegenden Bestelliste und auch im Büchershop meiner Webseite www.neuepolitik.com einige Literatur an.

Demokratie und Freiheit kennen ihre alte Mutter Europa, die sie nicht nur geboren, sondern auch großgezogen hat, allen Widerständen, Kriegen, und dem sonstigen Mord und Totschlag zum Trotz. Demokratie und Freiheit haben jüngst in zwei Volksabstimmungen über die "Verfassung" Europas Erfolg gehabt. Ich bringe dazu einen Beitrag auf Seite Zwei und Drei.

Über Silvio Gesell, den großen Sozial - und Wirtschaftsreformer, habe ich inzwischen so viele Beiträge gesammelt, daß ich mich fast nicht entscheiden kann, welchen Text ich bringen soll. Sie finden auf den Seiten Sechs und Sieben einen von Werner Onken aus dem ARGENTINISCHEN TAGEBLATT. Dazu paßt die Buchbesprechung auf Seite Sieben und Acht, die schon lange bei meinen vorbereiteten Texten liegt. Die Buchbesprechung folgt, ohne besondere Kennzeichnung, dem Beitrag von Werner Onken.

Am 22. Mai haben 63 Prozent der Wähler in Nordrhein-Westfalen einen neuen Landtag gewählt. Es kam, wie es kommen mußte: die Wähler entschieden sich gegen SPD und GRÜNE und wählten in Mehrheit eine Koalition von CDU und FDP. Noch am gleichen Tag verkündete der Bundes-SPD-Chef Müntefering, daß er und Bundeskanzler Schröder beschlossen hätten, im Herbst d.J. Neuwahlen durchzuführen.

Merkwürdigerweise fiel mir gleich der ehemalige CSU-Bundesinnenminister Hermann Höcherl ein, der 1963 in einer "Abhör-Affäre", also in einer ganz anderen Situation, den historischen Satz geprägt hatte: "Verfassungsschützer können nicht ständig mit dem Grundgesetz unter dem Arm herumlaufen".

Politiker schon gar nicht! Müntefering und Schröder haben einmal mehr und höchstselbst bewiesen, daß sie das Grundgesetz nicht kennen, sondern nur die ungeschriebenen und diktatorischen Gesetze des "Basta".

Was am Anfang noch so aussah wie eine Flucht nach vorne, nach einem Befreiungsschlag von den Zwängen der Kungelei im Bundesrat mit der CDU/CSU, ist in der Praxis ein Verstoß gegen die Regeln des Grundgesetzes. Schröder versucht an einer Geschichtslüge zu basteln. Er will nicht real an seiner falschen (Welt-) Wirtschafts-und Innenpolitik scheitern, sondern er will dem "dummen Volk", welches die Notwendigkeiten seiner "Reformen" nicht begriffen hat, seine ganz persönliche, politische Größe vorführen Die SPD will und wird nach den Wahlen im September zwar als Verlierer, aber mit einer absolut weißen Weste dastehen. Dazu ist in den Augen der "Basta" - Politiker jedes Mittel recht, auch ein Bruch des Grundgesetzes.


Es rächt sich einmal mehr, daß wir nur einen Verfassungs-Ersatz, nämlich das von den westlichen Besatzungsmächten uns aufoktroyierte Grundgesetz haben. Es wird immer noch die Mär verbreitet, daß das Grundgesetz die Fehler der Weimarer Verfassung vermeidet. Wieso wurde aber damals wie heute die Weimarer Verfassung von internationalen Fachleuten über den grünen Klee gelobt? Die Diskussion über die Fehler der Parteien der Weimarer Republik, mit deren politischen Erben wir heute zu tun haben, ist nie öffentlich und in genügender Ausführlichkeit und Klarheit geführt worden. Eine solche Diskussion würde das Selbstverständnis der politischen Klasse von links bis rechts empfindlich treffen. Schon jetzt könnte sich jeder informieren. Demokratie und Freiheit haben auch etwas mit Bildung, und Bildung hat etwas mit Prioritäten-Setzen zu tun. Demokratie und Freiheit benötigen die ganz persönliche Arbeitszeit eines jeden Menschen. Demokratie und Freiheit werden um so wertvoller, je mehr sie zum Inhalt des Lebens eines Volkes wird.

Parteien sind infolge ihrer inneren Struktur und ihres Selbstverständnisses niemals demokratische Institutionen. Sie sind Vereine zur Ausübung von Macht über den Bürger, dem jede politische, gesellschaftliche Handlungsfähigkeit abgesprochen wird. Da die Parteien Vereine zur Ausübung von Macht sind, gleichen sie sich zum Ende einer geschichtlichen Periode immer mehr. Die Vorstände dieser Parteien können nie Demokraten sein. Sie sind in einem ewigen Machtkampf nach oben gelangt und verachten ihre Mitglieder wie sie auch das Wahlvolk verachten. Es wird ja schon ganz offiziell von Parteiendemokratie gesprochen, womit gesagt wird, daß unsere Ordnung nur eine Abart von Demokratie ist. In der Zeitschrift CICERO, April 2005, können Sie ein Interview mit dem GRÜNEN Hubert Kleinert lesen, welches Martina Fietz geführt hat. Eine Frage, eine Antwort: > Was treibt sie (Anm. DIE GRÜNEN) denn heute an, wenn nicht der Wunsch nach einer anderen, besseren Gesellschaft ? Sie sind immer mehr zu einer ganz gewöhnlichen Machterwerbspartei geworden, die ihren Erfolg fast ausschließlich darüber definiert und dem alles unterordnet. Entsprechend werden die Parteitage immer mehr zu bloßen Akklamationsveranstaltungen. Damit liegen sie allerdings voll im Trend einer sich selbst aushöhlenden Parteiendemokratie, in der die wichtigste Nachricht über einen Parteitag darin besteht, wie lange die Delegierten der Führung zugejubelt haben. <

Wie können Sie feststellen, ob irgendein Kandidat oder Kandidatin für die Bundestagswahlen überhaupt wählbar sind? Ich habe einen kleinen Fragenkatalog erarbeitet, den Sie den Kandidatinnen und Kandidaten vorlegen können. Sie finden ihn auf Seite Vier. Sie können Ihrerseits die Fragen ergänzen. Am Schluß wissen Sie, wen Sie wählen können. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir umgehend die Antworten zuschicken würden, damit ich sie unverzüglich veröffentlichen kann, auch wenn es erst nach den Wahlen sein sollte.

Ein Artikel anläßlich des 100. Todestages von Jules Verne von Gerhard Armanski in der Wochenzeitschrift FREITAG vom 1. April hat die interessante Zwischenüberschrift > Die Stiefschwestern Utopie und Science Fiction - sie stehen auf verlorenem Posten in einer Zeit, die keine Alternativen mehr kennen will >.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten

Abgeschlossen 17. Juni 2005

 
     
  Diesen Artikel als PDF-Datei herunterladen Download  
     
  Alle Artikel liegen als PDF - Datei zum herunterladen vor. Um PDF - Dateien zu lesen, benötigen Sie den "Acrobat Reader". Falls das Programm nicht auf Ihrem PC installiert ist, können Sie es sich hier kostenfrei herunterladen. Hompage_Acrobat