Dieter Kersten - Juli / August 2006    
Editorial    
     
 

Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

die erste Ausgabe der Unabhängigen Wochenschrift NEUE POLITIK erschien am 3. März 1956 in Hamburg.  Gründer, Herausgeber und Chefredakteur war Wolf Schenke. Wolf Schenke starb am 4. März 1989.  Im März 1990 gab ich zum ersten Mal in eigener Regie die NEUE POLITIK als Kommentar- und Informationsbrief heraus, zu Anfang einmal im Monat, später neunmal im Jahr. Unter den Abonnenten gibt es noch einige Wenige, die 50 Jahre der NEUEN POLITIK  die Treue gehalten haben. Ich danke Ihnen, und ich danke auch allen neuen Abonnenten und   meinen Helfern, daß Sie mir das alles ermöglicht haben.

Die Wochenschrift NEUE POLITIK hat sich ebenso mit politischen Tagesfragen beschäftigt, wie ich es im Kommentar- und Informationsbrief auch tue. Die Leitlinien der NEUEN POLITIK haben sich in den Jahrzehnten  nicht verändert, wenn auch die Schwerpunkte unterschiedlich waren und sind, und sich da und dort Anschauungen und Stil verändert haben. Neue Ordnungsideen, wie Direkte Demokratie, neue Ideen zur Gestaltung der Wirtschaft, freie Schulen und ihre Pädagogik, eine neue Medizin, Neutralität und Abrüstung, das sind die Themen, die die NEUE POLITIK über die Zeitläufe begleitet haben und nachwievor Auftrag sind. Darüber hinaus will ich aufklären und Entscheidungs- und Bewußtseinsprozesse anregen.

Der Zusatz Beiträge zur politischen Neuordnung stammt aus einem „Publikations-Versuch“, der ca. 35 Jahre alt ist und den ich damals zusammen mit Ferdinand Tendam erfolglos startete. Ferdinand Tendam war jahrelang der Chefredakteur von RUF UND ECHO, einer Zeitschrift der > Vereinigung der Freunde der Nachbarschaftsbewegung <, eine Gründung der Freunde Artur Mahrauns (ehem. Jungdeutscher Orden). Als RUF UND ECHO eingestellt wurde, ging Ferdinand Tendam für eine Zeit als Mitarbeiter zu Wolf Schenkes Wochenschrift NEUE POLITIK: Später übernahm Ferdinand Tendam die Redaktion der Zeitschrift DER NATURARZT. Er starb am 6. März 1981.

Nun aber zu der Tagespolitik im  Juni 2006. Seit Wochen beschäftigt sich die deutsche Öffentlichkeit mit der Fußball- Weltmeisterschaft. Wir müssen achtgeben, daß nicht  politisch wichtigere Themen mehr denn je über die Köpfe der politisch aktiven Bürger hinweg in den fast geheimen Regierungs- und Parteizirkeln entschieden werden. Das gilt gleichermaßen für die  „Gesundheitsreform“ wie für die „Förderalismusreform“ und dem „Antidiskriminierungsgesetz“. Alle drei Gesetzesvorhaben habe ich in Anführungsstriche gesetzt, weil alle drei Vorhaben mit Kungelei und nicht mit Sachverstand in der Bundesregierung, im Bundestag und Bundesrat verhandelt worden sind. In allen drei Gesetzesvorhaben spiegelt sich die Angst der Parteien vor Machtverlust wieder.

Dieser Machtverlust  findet nicht mit einem Paukenschlag statt, sondern vollzieht sich schleichend. Der Bürger kann kein Vertrauen mehr in die  von Parteien geprägten Institutionen haben.

Von einer auf die Menschen bezogene „neuen Medizin“ ist nirgendwo die Rede, die Macht der Pharma- und Medizingeräte- Industrie wird von den Bundestagsparteien und auch von den streikenden Ärzten nicht infrage gestellt. Stattdessen werden Steuererhöhungen bzw. neue Steuern vorgesehen, die nach neoliberaler Meinungsführerschaft die Arbeitseinkommen der gebeutelten Mittelschicht betreffen werden.

Ein weiteres innenpolitisches Thema ist das, was als „Förderalismusreform“ bezeichnet wird. Eine durch und durch verwirrende Geschichte. In den Nachrichten wird immer von einem Kompromiß gesprochen, mit dem die Mehrheit der SPD für eine „Verfassungsänderung“ gewonnen werden soll.  Als Verhandlungsmasse galt der Inhalt des  „Antidiskriminierungsgesetzes“. Auf der Strecke geblieben sind die Schulen und die Schüler, die Universitäten und die Studenten.

Dabei wäre Subsidiarismus ( ... gegen den Zentralismus gerichtete Anschauung, die dem Staat nur  eine helfende Ergänzung der Selbstverantwortung kleiner Gemeinschaften zugestehen will), die Delegierung von politischer und finanzieller Verantwortung in die Gemeinden,  notwendiger denn je. Das setzt jedoch voraus, daß offensiv Direkte Demokratie praktiziert wird, daß z.B. die jetzigen „Verfassungsänderungen“ durch Volksabstimmungen bestätigt werden. Aber Demokratie ist für die Parteien immer schon Teufelszeug und Tarnung gewesen. Wir müssen Direkte Demokratie gegen die Herrschaftsgelüste der Parteien durchsetzen.

Sie finden dazu etwas unter der Überschrift > Politische Nachbarschaften in Argentinien < auf Seite 6 dieser Ausgabe.

Hat die Fahne Schwarzrotgold auch etwas mit einem neuen Bürgersinn zu tun?  Es wird behauptet, daß die Farben Schwarzrotgold die Uniform des berühmten Freicorps von Lützow  wiedergeben: Uniform schwarz, rote Aufschläge und ein roter Vorstoß, sowie gelbe Knöpfe. Das Freicorps war keine Adelsgründung, sondern eine Ansammlung von Freiwilligen, die Anfang des 19. Jahrhunderts für die Freiheit der Deutschen und gegen die Napoleonische Herrschaft kämpften. Jeder mußte die Kosten für Uniform, Waffen, Pferd und Verpflegung selbst tragen.

Die Verwendung der Deutschen Fahne Schwarzrotgold als ein Zeichen der Freude über die Grenzen der Volkszugehörigkeit hinaus - in Berlin zeigen Türken die Fahne ebenso selbstverständlich wie die Deutschen - empfinde ich als ein gutes Zeichen patriotischer Gesinnung. Historisch sind die Farben Schwarzrotgold seit Anfang des 19. Jahrhunderts ein Symbol für Einigkeit, Recht und Freiheit. Die Trikolore in den deutschen Farben wurde 1832 auf dem Hambacher Fest zum ersten Mal gezeigt, allerdings nach Jenenser Tradition von unten nach oben, das heißt, der schwarze Farbstreifen war unten, der goldene oben. Auf diesem Hamberger Fest waren übrigens alle europäischen Fahnen gleichberechtigt  vertreten.

In den wenigen Jahren der Weimarer Republik war Schwarzrotgold die Fahne der Demokraten/Republikaner. Ich mag die Zusätze nicht, wie den Adler oder Ährenkranz. Ohne Zusatz kann sich jeder Demokrat mit der Fahne Schwarzrotgold identifizieren.

Merkwürdigerweise ist mit der Diskussion über  Schwarzrotgold auch wieder die leidige Diskussion über die Deutsche Nationalhymne hochgekommen. Es gibt nichts friedlicheres, als diese Nationalhymne - im Gegensatz zu vielen anderen Hymnen auf dieser Erde.

Den Artikel von Lucie Andrea Baumann mußte ich leider sehr kürzen. Auch sind einige wichtige Themen „unter den Tisch gefallen“, zu denen ich eigentlich Stellung nehmen wollte. 

Diese Ausgabe ist eine Doppelnummer. Die nächste Ausgabe erscheint im September 2006.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten
(abgeschlossen am  14. Juli 2006)

 
     
  Diesen Artikel als PDF-Datei herunterladen Download  
     
  Alle Artikel liegen als PDF - Datei zum herunterladen vor. Um PDF - Dateien zu lesen, benötigen Sie den "Acrobat Reader". Falls das Programm nicht auf Ihrem PC installiert ist, können Sie es sich hier kostenfrei herunterladen. Hompage_Acrobat