Dieter Kersten - November / Dezember 2008    
Editorial    
     
 

Liebe Freunde,   sehr geehrte Damen und Herren,

auf Seite 2 ff versuche ich, mich mit den zusammengebrochenen Finanz- und Wirtschaftsmärkten zu befassen, und zwar auch in der Form, daß ich Hinweise auf mögliche Lösungen bringe. Auf der Seite 3 ff drucke ich einen Beitrag aus FREITAG ab, der sich mit den Cross Border Leasing - Geschäften befaßt. Bevor alle diese Geschäfte platzten, sind die verschiedenen Facetten des zusammenbrechenden internationalen Wirtschafts- und Finanzaustausches nicht nur in der NEUEN POLITIK, sondern viel umfangreicher und seit Jahren in in kleineren politischen Zeitschriften, Büchern und Veranstaltungen (Gespräche) vorausgesagt worden. Die „staatstragenden“ Politiker aller politischen Farben, im Bund, in den Bundesländern und den Gemeinden, haben diese Warnungen nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Im Gegenteil! Die Menschen, die es auf sich nahmen, sich außerhalb der uniformierten Meinungen zu bewegen, wurden als Nörgler, Besserwisser, Spinner und arrogante Typen stigmatisiert. Das geschieht immer noch, und zwar nicht nur, wenn man in das Gespräch, selten, mit Politikern auf allen „Parlamentsebenen“ kommt (kam), sondern auch dann, wenn ich (man) mit dem Bürger redet(e). Sprechen Sie mal das Publikum an, welches heute wieder auf die Zinsversprechen der Banken, ja, ich kann es leider nicht anders formulieren, reinfallen. 5 bis 6 % Zinsen oder auch mehr zu versprechen, heißt den negativen Kreislauf von Betrug, Verlust und Geldgier fortzusetzen, übrigens immer wieder und wieder mit Hilfe der Politik (Bundesregierung). Diese Zinsen sind irreal, weil sie nur bei schärfster Kalkulation wirklich zu erwirtschaften sind. Das Geld, was der blauäugige Kunde bei Sparkassen und Banken zu diesem Zinssatz anlegt, ist ein ungedeckter Wechsel auf die Zukunft. Die Banker brauchen Geld und  hoffen auf die Wiederkehr aller finanzkapitalistischen Methoden mit ihren rigorosen Ausbeutungsszenarien. Nur so können sie Zinsen und Geld überhaupt zurückzahlen.  Ich verweise an dieser Stelle auf das Zitat von Elmar Altvater in FREITAG, welches ich auf Seite 1 abdrucke.

Der Bürger spart! Was in vielen, persönlichen Lebenssituationen  richtig und notwendig ist, könnte diesmal, in dieser Geld- und Wirtschaftskrise, für den Verbraucher zu einem vermögenstötenden Bumerang werden. Die 500 bis 1000 Milliarden Euro, die alleine die Bundesregierung für den Bestand des maroden, und so immer marode bleibenden, Geldsystems in Deutschland „ausgegeben“ werden, sind Steuergelder, die der Bundesfinanzminister wieder reinholen wird (muß). Um das zu bewerkstelligen, werden die Steuern erhöht  und die Inflation nimmt zu. Diese Inflation ist nicht vergleichbar mit der Inflation unter Bundeskanzler Helmut Schmidt (1974 bis 1982), der damals noch „mit dem Brustton der Überzeugung“ sagen konnte, besser etwas Inflation als zu viele Arbeitslose. Deshalb erscheint es mir wichtig und richtig, das private Geld zielgerecht und umsichtig auszugeben, u.U. für Güter, die man ohnehin plante zu kaufen. „Auf der Strecke bleiben“ die sozial „schwachen“ Menschen.

Es paßt in das Bild einer durch und durch verfaulten Gesellschaft, daß just zu diesem Zeitpunkt die Gehaltserhöhungen und Boni-Versprechungen für den Vorstand der Deutschen Bahn AG bekannt werden.  Ich habe mich im Kommentar- und Informationsbrief schon einige Mal mit dem bundeseigenen Konzern und seinem Vorstandsvorsitzenden Mehdorn befaßt. Der Charakter von Herrn Mehdorn wird von einer Mischung von räuberischer Gier und Menschenverachtung bestimmt. Und da das in den Kanon des neoliberalen Kapitalismus und der damit verbundenen Globalisierung paßt, werden solche Geldansprüche von Aufsichtsrat und Politik abgesegnet, bis, ja bis es irgendwie an die Öffentlichkeit und damit zur Peinlichkeit gerät. Die Rücktrittsforderungen für Bundesminister Tiefensee sind Ersatzhandlungen. Es ist eine Systemkrise. In dieser Systemkrise gibt es Bauernopfer mit Pensionszusagen. Daß parallel dazu auch technische Mängel bei den ICE-Neigezügen und den Berliner S-Bahn-Zügen neuerer Bauart auftreten, machen diese Entgelt-Zusagen für den Bahnvorstand besonders pikant. Während der Bahnvorstand sich mit und ohne Chauffeur mit einer Luxuskarosse fortbewegen, muß der Bürger, der das alles bezahlt, dichtgedrängt in den Zügen stehen, das Fahrgeld bezahlen und für die Zugausfälle auch noch Verständnis aufbringen. Ich habe noch nicht gehört, daß irgendeine Bundestagspartei einen Untersuchungsausschuß beantragt hat, der einen möglichen Zusammenhang von Materialfehlern, demolierten Achsen, und, ich muß es ja vorsichtig formulieren, möglichen Geldzahlungen außerhalb des eigentlichen geschäftlichen Vorganges, überprüft.

Außerdem gibt es eine durch gesellschaftlichen Konsens geprägte Geschwindigkeits-Euphorie. Die Züge müssen immer schneller fahren können. Daß dabei das eingesetzte Material bei Achsen und Rädern überaus stark belastet wird, muß doch wohl klar sein, oder? Die Strategen der Deutschen Bahn sollten ihr Augenmerk auf mehr Komfort richten als auf Geschwindigkeitsrekorde. Spielen Geschwindigkeitsrekorde beim Börsengang eine Rolle?

Auf Seite 6 finden Sie einen Beitrag aus FREITAG zum us-amerikanischen Wahlkampf. Ich nehme mit Erstaunen zur Kenntnis, welche Heilserwartungen in der deutschen Öffentlichkeit mit einer möglichen Wahl von Obama zum us-amerikanischen Präsidenten verbunden werden. Der von mir sehr geschätzte israelische Friedensaktivist Uri Avnery schreibt in einem Beitrag in FREITAG vom 31. Oktober 2008 unter der Überschrift >König des Planeten< :>Ich bevorzuge Barack Obama<. Aber er schreibt ebenfalls: >Vielleicht werde ich eines Tages jedes Wort bedauern ... Obama könnte sich als Enttäuschung erweisen - sogar als große.< Und über die aktuellen Aufgaben eines US-Präsidenten schreibt Avmery: >Und der nächste US-Präsident wird mit einer wirtschaftlichen Depression konfrontiert sein, die im Begriff ist, das Antlitz der Erde zu verändern.<  Und über die USA schreibt er: >Während der vergangenen acht Jahre haben sich die USA der Welt als ein arrogantes, tyrannisches, zynisches und aggressives Land gezeigt, das rücksichtslos über Menschenrechte hinweggeht, auch über die seiner eigenen Bürger, das Folter rechtfertigt, abscheuliche Konzentrationslager unterhält, und so weiter. Wenn Barack Obama, ein Mann von liberaler und demokratischer Gesinnung, die Wahl gewinnt, könnte er das zerstörtes Vertrauen wieder aufbauen. Ich mache mir freilich keine Illusionen. Mir ist klar, dass es auch unter optimalen Umständen einer einzigen Person nicht gelingen kann, ein derart riesiges Schiff in eine völlig andere Richtung zu steuern. Aber schon kleine Kurskorrekturen könnten für die Welt einen immensen Wert haben.<

Ich wünsche Ihnen  ein Frohes Weihnachtsfest und alles Gute für das neue Jahr. Die nächste Ausgabe erscheint im Januar 2009.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten

( abgeschlossen am 20. November 2008)

 
     
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