Dieter Kersten - Mai / Juni 2010    
Editorial    
     
 

vier sehr unterschiedliche Ereignisse haben den April bestimmt: der Absturz der polnischen Regierungsmaschine bei Smolensk (Katyn) mit dem Tod des polnischen Staatspräsidenten Lech Kaczynski, die Staubwolke des isländischen Vulkans Eyjafjöll, die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands und die Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko.


Lech Walesa, Präsident Polens vom 1990 bis 1995, hat mit Recht die kritische Frage gestellt, weshalb fast die ganze Führung Polens in einem Flugzeug saß, welches dann abstürzte. Der (gemeinsame) Tod von 96 Polen unterschiedlicher gesellschaftlicher Funktionen kann getrost angesichts ihres gemeinsamen Willens, dem sowjetischen Massaker im Jahre 1940 an polnischen Militärs und Intellektuellen von Katyn vor Ort an den Gräbern zu gedenken, als eine neuerliche Tragödie bezeichnet werden. Wirkt Geschichte nach? Bis Gorbatschow 1990 klargestellt hatte, daß die Sowjetunion für den Massenmord in Katyn verantwortlich war, durften einige „deutsche Linke“ und „Bußfertige verschiedener Farben“, political correct ?!, die Deutschen im Sinne einer Kollektivschuld anklagen, das Massaker begangen zu haben. Seien wir also in Zukunft alle vorsichtig mit der Bewertung von Geschichte, angesichts des „wiederholten“ Katyns in diesem Jahr.


Während „Katyn“ politisch rückwärtsgewandt wirkt, ist die Staubwolke des Vulkans Eyjafjöll  fast ein Menetekel für die Zukunft. Unsere „technische Arroganz“ der Gegenwart ist getroffen. Was unsere Gesellschaft als bedeutenden Schritt in die Zukunft sieht,  nämlich die technische Beherrschung aller Lebensumstände, stellt ein Vulkan auf der Insel Island in Frage!? - oder ad absurdum?


Die russischen Medien haben erstaunt eine Parallele zu der „Schweinegrippe“-Hysterie in Westeuropa gezogen.


Mir scheint, die Angst vor der Staubwolke des Vulkans Eyjafjöll war übertrieben. Die Hysterie der Behörden hatte viele Gesichter. Das Flugverbot bzw. Flugeinschränkungen wurden immer fragwürdiger, das Testflugzeug des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) aus Oberpfaffenhofen hatte keinen negativen Befund. Die Kunden der Fluggesellschaften waren verhältnismäßig „gefaßt“, der Kundendienst der Fluggesellschaften ließ, nach allem, was ich gehört habe, zu Wünschen übrig.


Das Flugverbot machte auch den Irrsinn einer nur auf Profit getrimmten Globalisierung deutlich. Die in Kenia gezüchteten Rosen für das europäische Wohlstandsvolk verdorrten, weil kein Flugzeug sie auf den europäischen Markt bringen konnte. Die Tagelöhner in Kenia, ihrer selbstversorgenden Landwirtschaft und damit ihrer Lebensgrundlage beraubt, wurden entlassen und hungerten.


Die Rosen aus Kenia sind nur ein Beispiel.


Es hat sich nichts geändert auf den internationalen Kapital- (Geld-)Märkten. Die Milliardenhilfen, die die Staaten aus dem Steueraufkommen bzw. aus einer exorbitanten Vermehrung des Buch- und Realgeldes den Geldinstituten gegeben haben, angeblich um sie vor schlimmen Konkursen zu bewahren, dieses Geld wird zu neuen Geld-Spekulationen verwendet. Die Völker akzeptieren diesen Betrug mit ihrer Arbeit, die vermeintlich reichen Völker aus Angst, den geliehenen Wohlstand zu verlieren und die tatsächlich armen Völker aus Ohnmacht gegenüber einer skrupellosen Geldmafia. Der Handel mit Geld muß unter Strafe gestellt werden. Geld darf nur Mittel zum Kauf (Tausch) von Waren sein.


Griechenland ist Täter und Opfer zugleich. Die (vielleicht angedichtete) Geschichte von der „Wiege der Demokratie“ hat die Griechen in ihrer überwiegenden Mehrheit nicht veranlaßt, „ihre“ Politiker und Finanzjongleure zu kontrollieren. Korruption, Steuerhinterziehung, Vetternwirtschaft und ein „Schuß Nonchalance“ mit dem Gemeinwesen Staat, hat südländisches Format, wenn es auch bei uns (immer stärker) vorkommt. Auf Seite 4 veröffentliche ich eine dpa-Nachricht, vor allen Dingen wegen der genannten Zahlen. Ich habe diese dpa-Nachricht mit einem eigenen Beitrag erweitert. Diese elendige währungspolitische Sackgasse, in die sich alle Euroländer haben bugsieren lassen, sollte uns Deutschen eine Mahnung sein, neben dem Euro ein eigenes, umlaufgesichertes Regio-Geld einzuführen, welches Produktion, Handel und den Menschen dient. Wir müssen unsere lokalen Wirtschaftskreisläufe kontrollieren, in dem wir unseren Geldumlauf unserem Warenbedarf anpassen.


Die Schulden, die Griechenland angehäuft hat, sind über den griechischen Staatshaushalt nicht zu begleichen. Indem die Griechen schlecht Steuern zahlen und ihre Ersparnisse in das Ausland bringen, haben sie ihren Staat selbst aufgegeben. Als Mitglied der Euro-Zone können sie keine eigene Geldpolitik zur Schuldensenkung einsetzen. Entgegen anderen Behauptungen ist jedes Volk für seine Regierung verantwortlich.


Jede Hilfe der Bundesrepublik für Griechenland ist verlorenes Geld und muß vom einfachen, normalen Steuerzahler bezahlt werden. Ich bin gegen eine Währungshilfe für Griechenland! Mir fiel merkwürdigerweise bei dieser Gelegenheit Schillers Ballade „Der Taucher“ ein. Leider ist die Ballade zu lang, um sie im Kommentar- und Informationsbrief abzudrucken. >Und der Mensch versuche die Götter nicht<.


Alle Bundesregierungen der letzten Wahlperioden haben es zugelassen, daß Industrie und Handel die Globaliserung exzessiv vorantreiben. Die Konzerne erhoffen sich durch eine solche Wirtschaft hohe Profite, die aber nicht den Menschen vor Ort zugute kommen, sondern in Manager-Gehältern, Boni und Dividenden verschwinden.


Es ist eine faustdicke Lüge, wenn unsere europäischen „Diktatoren“ in Brüssel behaupten, daß die aus Steuergeldern subventionierten Rosen aus Kenia, die Kartoffeln aus Marokko oder die Äpfel aus Chile (alles nur Beispiele) vor Ort Arbeitsplätze schaffen würden, und ein dort angeblich keimender Wohlstand könnte dann uns als Industrieland helfen, unsere Waren zu verkaufen. Nichts da. Nur funktionierende lokale Wirtschaftskreisläufe, auch über Staatsgrenzen hinweg, haben die Kraft, internationale Verknüpfungen einzugehen. Das gilt  für alle Wirtschaftsregionen dieser Erde, natürlich mit zahlreichen Variationen.


Während ich an dem Editorial schreibe, ist im Golf von Mexiko eine Bohrinsel, zwei Fußballfelder groß, brennend in das Meer gestürzt. Das nachlaufende Öl verseucht das Meer und schädigt das Ökosystem. Diese Katastrophe ist mit Sicherheit größer als Eyjafjöll und die Staubwolke. Unsere Lebensweise beruht auf unserer Gier nach Öl. Wir haben uns mit den Göttern der Unterwelt verbunden und wir müssen deshalb auf deren Altar das Opfer der Vernichtung der eigenen Lebensgrundlagen darbringen.


Trotz aller schlimmen Ereignisse in Politik und  Umwelt - ich wünsche Ihnen einen fröhlichen Frühling und Sommer.


Die nächste Ausgabe des Kommentar- und Informationsbriefes NEUE POLITIK erscheint  Ende Juli 2010.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Kersten

(Abgeschlossen am 20. Mai 2010)

 
     
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