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Liebe
Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,
der Beschluß der Bundesregierung war richtig, an
der Bombardierung von Libyen nicht teilzunehmen. Die Motive zu diesem
Beschluß sind zwar unklar, aber da er Menschen schützt, sollten
die Hintergründe nicht weiter hinterfragt werden. Daß sich
Herr Westerwelle nachträglich Kriegs-Lorbeeren auf sein Haupt setzen
will, hat mit seiner unausgeglichenen Persönlichkeit zu tun. Sie
sehen an diesem Beispiel, was für Leute wir in die Parlamente wählen.
Natürlich ist es auch mir bekannt, daß Gaddafi mit seinen Geheimdienst-Methoden
viele Menschen in seinem Land und auch im Ausland umgebracht hat. Wenn
das der alleinige Maßstab sein sollte, dann müßten deutsche
Soldaten sofort gegen die Vereinigten Staaten von Amerika in Marsch gesetzt
werden, wo selbstverursachte Menschenrechtsverletzungen im In- und Ausland
Staatsräson sind.
Wenn von Menschenrechtsverletzungen die Rede ist, möchte ich außerdem
auf die zahlreichen Abkommen der EU-Staaten mit Libyen hinweisen, die
den Flüchtlingsstrom der Afrikaner nach Europa verhindern sollten.
Die europäischen, christlichen, Verhandlungsführer hatten keine
Skrupel, Gaddafi zum Töten der Flüchtlinge anzuhalten.
Die Menschenrechtsverletzungen Gaddafis waren und sind auch nicht der
Grund für den Krieg. Der Grund sind die gewaltigen Erdölreserven
Libyens, die Milliarden an Euros und Dollars, die von der Regierung Gaddafis
angehäuft worden sind und die offensichtlich großen Süßwasservorräte,
die sich über die Jahrmillionen unter dem Wüstenboden angesammelt
haben. Er hat zum Teil „seine“ Wüste zum blühen
gebracht und er hat mit einem Kanalsystem und dem Wasser versucht, seinen
afrikanischen Nachbarn aus der Wassersnot zu helfen. Anstatt sich zu verschulden,
anstatt sich für hohe Zinsen Geld bei den europäisch/us-amerikanischen
Banken zu leihen, hat Gaddafi die Chuzpe gehabt, die Investitionen aus
dem eigenen Staatsvermögen zu tätigen.
Die jetzige Darstellung des Systems Gaddafi in den öffentlichen Medien
kann auf keinen Fall stimmen. Die jetzt gezeigten Bilder der Städte
zeigen kein heruntergekommenes Land. Auch die sozialen Verhältnisse
sollen nicht schlechter aber auch nicht besser, gewesen sein als der europäische
Durchschnitt. Gaddafi hat die Bevölkerung, wenn auch im bescheidenen
Umfang, am Reichtum des Landes teilnehmen lassen.
Sicher, Libyen war unter Gaddafi ein autoritärer Staat. Was ist das
für ein Unterschied zwischen einem autoritären Staat Libyen
und einen Staat wie die Bundesrepublik Deutschland, die ihre Bürger
mit ausgeklügelten Überwachssystemen unter Kontrolle hält?
Ein Paar Millionen Bestechungsgelder würden bei uns auch reichen,
Demonstrationen zu organisieren. Ein großer Teil der öffentlichen
Medien und ihre Mitarbeiter in Deutschland würden ebenfalls mit Sicherheit
im vorauseilenden Gehorsam in die politische Richtung berichten, aus der
sie das meiste Geld vermuten. Das ist doch auch jetzt in der aktuellen
Libyen-Berichterstattung üblich.
Es fällt auf, daß das reiche Libyen mit seinen Menschenrechtsverletzungen
Ziel der NATO - Luftangriffe ist, das vergleichsweise arme Syrien mit
seinen ebenfalls deutlichen Menschenrechtsverletzungen aber nicht.
Syrien ist nach der Verfassung von 1973 offiziell eine sozialistische
Volksrepublik mit Präsidialsystem. Es ist de facto ein Einparteiensystem,
da eine Partei, die syrische Baath-Partei, das gesamte politische System
des Landes dominiert. Formal jedoch befindet sich die Syrische Regierung
in einer Koalition mit kleineren Blockparteien. Wir Deutsche kennen das
von dem DDR-System.
Sechs Prozent der syrischen Bevölkerung sind Nusairier (Alawiten).
Viele Militäroffiziere und ein großer Teil der herrschenden
politischen Elite entstammen dieser Gemeinschaft, der auch die Familie
Assad, so auch Präsident Baschar al-Assad, angehören. Weshalb
gerade jetzt die sunnitischen Muslime, ca. 80 % der Bevölkerung,
Opfer eines Bürgerkrieges werden, habe ich nicht verstanden. Nüchtern
gesehen dürfte keine Macht Interesse haben, das ohnehin fragile Gleichgewicht
im Nahen Osten zu stören. Aber: Präsident Baschar al-Assad pflegt
ausgesprochen gute Beziehungen mit dem Iran. Das hat auch etwas mit den
kleinteiligen Machtverhältnissen im Libanon zu tun. Einer finanziert
den anderen, einer ist des einen oder anderen Freund oder Feind. Ganz
arm ist übrigens Syrien nicht. Es hat Erdöl- und Erdgasvorkommen,
nicht so reichhaltig, wie Libyen, aber immerhin.
In Israel gibt es massive soziale Auseinandersetzungen, die mit Recht
z.B. die ohnehin völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen in
dem Rest-Palästina in Frage stellen. Aus den sozialen Protesten könnte
auch eine Friedensbewegung werden, denn die Zusammenhänge von israelischem
Landraub, der hundertprozentigen Militarisierung der israelischen Gesellschaft,
dem Töten von Menschen auf beiden Seiten und dem von vielen Menschen
gewünschten Frieden werden immer sichtbarer. Was geschieht stattdessen?
Es werden israelische Bomben auf Gaza abgeworfen!
In den letzten Jahren habe ich immer mehr den Eindruck, daß die
Verwirrungen der politischen Oligarchien zunehmen. Das hat damit zu tun,
daß die alten politischen und wirtschaftlichen Machtstrukturen an
Strahlkraft verloren haben. Sie funktionieren nicht mehr. Immer mehr Völker
haben erkannt, daß sie von ihren Oligarchien nur mißbraucht
werden. Die Völker stehen auf, ohne einen Plan zu haben, wie die
Oligarchien entmachtet werden können.
Themenwechsl: Ich habe mir die Rede des Bundespräsidenten Wulff vom
24. August 2011 auf der Tagung der Wirtschaftsnobelpreisträger in
Lindau aufmerksam durchgelesen. Sie können sich die Rede von der
Webseite des Bundespräsidenten herunterladen. Ich biete meine guten
Dienste an, es für Sie auf Anforderung zu tun. Herr Wulff, langjähriger
Mitgestalter von Politik in diesem Land, hat nichts, aber auch gar nichts
für die Zukunft zu bieten. Es gibt bei ihm keine Ideen, wie man Wirtschaft
so organisieren kann, zum Beispiel, daß es weltweit keinen Handel
mit Geld geben darf. Es gibt keine Idee, wie man Demokratie anders als
durch Interessenorganisationen (Parteien) organisieren kann. Eine Europäische
Wirtschaftsregierung, wie sie von Frankreichs Präsidenten Nicolas
Sarkozy und von Deutschlands Bundeskanzlerin kürzlich, meiner Ansicht
nach, in aller Hilflosigkeit, ausgeheckt wurde, kann doch nur funktionieren,
wenn sie ein breites Selbstbestimmungsfundament bei den Menschen in den
beteiligten Staaten hat. Jeder von uns hat doch nicht nur das Gefühl,
sondern jeder weiß es doch, daß wir, das einfache Volk, nunmehr
die ständigen Fehler unserer Politiker und Fachleute ertragen müssen.
Wir leiden doch heute schon unter dem europäischen Joch unheimlich
vieler Gesetze und Verfügungen für lebensnotwendige Dinge, die
besser „unten“, vor Ort entschieden werden sollten, von den
Menschen, die dort arbeiten und leben.
Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Herbst. Die nächste
Ausgabe erscheint im November d.J..
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Kersten
(abgeschlossen am 15. September 2011) | |