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Heribert Sasse,
einstmals geschasster Staatsbühnen - Intendant zu Berlin, hat das
Schloüpark - Theater in Berlin - Steglitz als Privattheater eröffnet.
Neben dem vom Steuerzahler total renovierten Haus wird von einem Betrag
von 5 Millionen DM Zuschuü aus der Steuerzahler - Schatulle gesprochen,
sehr viel Geld für einen Mann, von dem Eingeweihte behaupten, daü
er das geschlossene Schiller - Theater in Berlin - Charlottenburg heruntergewirtschaftet
hat, um danach mit des Gerichtes Hilfe für über 5 Jahre pro
Monat DM 12 500,-- (in Worten: zwölftausendfünfhundert) Abfindung
zu kassieren - die er dann im fernen Österreich in aller Ruhe verzehrte.
Eine sehr interessante Geschichte angesichts der kulturpolitischen Geld
- Diskussion in Berlin. Herr Sasse eröffnete das Schloüpark
- Theater am 17. März 1995 mit Shakespeares Richard III
und hatte am 18. März 1995 in der Berliner Tageszeitung Der Tagesspiegel
eine sehr schlechte Kritik. Er spielte die Rolle des Richard selbst und
fiel in diesem Zeitungsbericht auch als Schauspieler durch.
Einem kultur - und finanzpolitischen Klagelied von Detlev Lücke in
der Wochenzeitschrift FREITAG vom 17. März 1995 entnehme ich, daü
23 Musikkorps der Bundeswehr mit 80 Millionen DM im Jahr finanziert werden.
Ich gehe mal davon aus, daü die Jungs ihr Gehalt zusätzlich
über den Verteidigungshaushalt erhalten. Nun kann ja die Betrachtungsweise
unterschiedlich sein: eine Entmilitarisierung kann auch darin bestehen,
daü die ganze Bundeswehr in Musikkorps aufgeteilt wird. Dann bin
ich mit allem einverstanden. Nur jetzt finde ich, daü die Bundeswehr
mit ihren 23 Musikkorps genauso überflüssig ist wie ein Kropf.
(Obwohl - ich gestehe es: ich habe was übrig für Marschmusik.)
+ + +
Am 16. März 1995 sah ich in der Vagantenbühne nahe
dem Berliner Zoo das Stück von Ephraim Kishon Es war eine Lerche.
Das Stück hatte seine Premiere am 15. Oktober 1993. Die drei Schauspieler
Sabine Kotzur, Detlef Bierstedt und Reinhard Scheunemann spielten unter
der Regie von Rainer Behrend ein vorzügliches Theater vor leider
nur halb ausverkauftem Haus. Mir persönlich scheint die Art Humor
des Herrn Kishon nicht zu liegen - ich kann dem Stück, welches die
Geschichte von Romeo und Julia weitererzählt, nichts abgewinnen;
es hat mit Mord und Selbstmord der Beiden nicht geklappt und nun zanken
sie sich um Tochter und Leben. Meine Distanz scheint mein Problem zu sein:
das Publikum hat sich amüsiert.
+ + +
Am 7. April 1995 war ich wieder in der Deutschen Oper Berlin in Charlottenburg
und sah und hörte Das Mädchen aus dem goldenen Westen
von Giacomo Puccini. Diese Oper erlebte ihre Uraufführung am 10.
Dezember 1910 an der Metropolitan Opera in New York, in der Enrico Caruso
den Dick Johnson sang. Die deutschsprachige Uraufführung in Berlin
fand 1913 statt. Hier sang die Minnie Herta Stolzenberg, von der mein
Vater - als junger Mann Statist an der Charlottenburger Oper - in seinen
Erzählungen schwärmte. Ich weiü nicht, wie es Ihnen, verehrte
Leserin, verehrter Leser, mit Pucchini ergeht: wenn ich seine beiden Opern
Madame Butterfly und La Bohéme hintereinander höre, dann fühle
ich mich leicht Puccini - geschädigt, denn die Art Musik ist sehr
ähnlich, manchmal fast austauschbar. Mit dem Stück Das Mädchen
aus dem goldenen Westen ist es anders. Freilich, es fehlt der "Ohrwurm",
die gefällige Melodie, die man gerne nachsummt oder nachpfeift -
statt dessen ist in der Musik ein Spannungsbogen, der vom Anfang bis zum
Ende nicht abreiüt. Und das bei einer Aufführung, die, zwei
Pausen mit eingerechnet, 3 1/4 Stunden lang dauert. Das Orchester war
gut, wie immer in der Deutschen Oper und spielte unter der Leitung von
Paolo Olmi. Trotz dieses Lobes denke ich, daü sich das Orchester
etwas besser auf die Gesangssolisten einstellen sollte; Corneliu Murgu
sang den Dick Johnson und hatte zu Anfang Schwierigkeiten, sich gegenüber
dem Orchester durchzusetzen. Auch erschien mir das Timbre des Tenors zu
Anfang etwas schrill. Erst im Laufe der Aufführung sang er sich ein.
Herausragend war Galina Kalinina als Minnie - ein kräftiger Sopran,
so richtig angemessen für die einzige weibliche Rolle in diesem Goldgräberstück.
Dem Chronisten bleibt nur nachzutragen, das es die 24. Aufführung
dieser Inszenierung seit der Premiere am 19. Dezember 1982 war. Die Oper
war leider nur zu ca. 2/3 besucht; ich unterhielt mich in der einen Pause
kurz mit dem Platzanweiser und Programmverkäufer, der den - für
die Charlottenburger Oper - schlechten Besuch auf die neue Wettberwerbssituation
in Berlin zurückführte. Vielleicht spiegelt die geringe Zahl
der Aufführungen - 24 innerhalb von 13 Jahren - auch die Skepsis
des Publikums gegenüber dieser Oper wieder. Die Skepsis ist unbegründet.
Dem Vernehmen nach war die von mir besuchte Aufführung für lange
Zeit die letzte Aufführung in diesem Haus - nicht nur in dieser Saison.
Schade.
Zum Schluü möchte ich auf das Programm - Heft verweisen, in
dem ein interessanter Beitrag von Giuseppe Sonopoli über Puccini
- ein europäischer Komponist; Anmerkungen zu "La Funiciulla
des West" (der italienische Titel) erschienen ist. Dieser Beitrag
befaüt sich besonders mit der Musik der besprochenen Oper und ist
sehr interessant. Ich nehme an, daü Ihnen die Deutsche Oper Berlin,
Bismarckstraüe 35, 10627 Berlin, auf Anforderung ein solches Programmheft
gerne zuschickt.
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