Dieter Kersten - Mai 1995    
Oper: Gluck "Orpheus und Eurydike"  
     
  Musikalisch - theatralische Aktion - Azione teatrale per musica von Raniero de Calzabigi - so wird die Oper von Christoph Willibald Gluck ORPHEUS UND EURYDIKE im Programm - Zettel angekündigt. Die deutsche Textfassung stammt von Eberhard Schmidt. Ich sah und hörte die Kupfer - Inszenierung am 21. April 1995 in der Komischen Oper zu Berlin, besser gesagt, in Berlin - Mitte. Es ist ein uraltes Thema, die Liebe der Beiden zueinander und die Vergänglichkeit des Lebens. Liebe wird ja meistens überhöht dargestellt, der Tod wird in der Oper immer als dramatisches Finale geliefert, aber nicht als das, was jedes Menschenleben abschlieüt. Das Stück beginnt mit dem Tod und endet mit dem Tod. Die neuerliche Wiedererweckung der Eurydike durch Amor ist ein künstliches "Happy end", welches mit der eigentlichen Geschichte der beiden antiken Sagengestalten nichts zu tun hat.
Harry Kupfer liefert eine moderne Inszenierung, in Straüenkleidung, und Hans Schavernoch ein sehr modernes Bühnenbild. Der Chor sitzt leicht überhöht im Orchestergraben, was sicher ungewöhnlich ist, und Amor ist dort auch meistens zu finden. Jochen Kowalski sang den Orpheus, Yvonne Wiedstruck die Eurydike und Anna Korondi den Amor. Die Chorsolisten stammten aus dem eigenen Haus, die Tänzer sind Mitglieder der Gruppe Junge Tänzer "Jean Weidt". Es war die 77. Aufführung nach der Premiere am 19. Dezember 1987. Für mich war Jochen Kowalski eine neue Erfahrung; Gluck hat diese Rolle für einen Kastraten geschrieben und Jochen Kowalski sang diese Rolle in der Alt - Stimmlage. Wäre die Rolle als Hosenrolle von einer Dame in Alt oder Sopran gesungen worden, dann hätte die Darbietung sicher sehr viel an Reiz verloren. Die Aufführung hat mir rundum sehr gut gefallen. Stimmen und Orchester vertrugen sich gut. Übrig bleiben muü meine ständig variierte Bemerkung, daü die Gesangs - Solisten heutzutage offensichtlich nicht mehr lernen, durchgängig deutlich zu singen, damit man auch den Text versteht. Das wäre besonders reizvoll bei einer Oper wie dieser, die in deutscher Sprache gesungen wurde.
 
     
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