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Zum klassischen Repertoire
deutscher Opernbühnen gehört mit Recht Albert Lortzings >>
Zar und Zimmermann <<, eine Komische Oper, die 1837 in Leipzig
uraufgeführt wurde. Als Besonderheit dieser Uraufführung kann
vermerkt werden, daü Lortzing den Peter Iwanow selber sang und spielte,
und die Mutter Lortzings die Witwe Browe spielte. Peter Iwanow ist nicht
der Zar; der hat in dem Stück den Decknamen Peter Michaelow. Peter
Iwanow ist ein russischer Deserteur, der in ständiger Angst lebt, von
seinem russischen Oberst in Holland entdeckt zu werden. Ein durchaus aktuelles
Thema, wenn wir in die Richtung von Bosnien schauen.
Albert Lortzing wurde am 23. Oktober 1801 in Berlin geboren und starb am
21. Januar 1851 in Berlin. Zar und Zimmermann erreichte zu Lebzeiten
Lortzings bereits eine groüe Popularität. Auch Lortzing selbst
erfreute sich bei Theaterdirektoren und Kollegen gröüter Wertschätzung.
Dabei ging es ihm Zeit seines Lebens sehr schlecht und er starb in gröüter
Armut.
Ich sah Zar und Zimmermann am Freitag, den 26. Januar in der Deutschen
Oper Berlin , der Charlottenburger Oper in der Regie von Winfried
Bauernfeind und unter der musikalischen Leitung von Hans Hilsdorf. Die Premiere
fand am 21. Dezember 1985 statt und es war die 85. Aufführung. Ich
hatte diese lebhafte Inszenierung schon einmal gesehen. Ein gutes Bühnenbild,
welches Martin Rupprecht gestaltet hat, begleitet die Aufführung. Durch
den Chor, durch das Kinderballett, durch das Ballett des Hauses, sind viele
Menschen auf der Bühne; ein farbenprächtiges Bild. Sie haben alle
gut gespielt; lediglich Peter Maus, der den Peter Iwanow sang, war stimmlich
sehr farblos. Die Vorstellung war gut besucht, was sicherlich damit zu tun
hatte, daü das >> Theater der Schulen << >>
zugeschlagen >> hatte; vielleicht waren aber die zahlreichen
Kinder die Kameraden der Kinder auf der Bühne; wer will das wissen?
Ich entnehme dem Programmheft der Deutschen Oper folgenden Text:
An Phillipp Jakob Düringen
Mein liebes, liebes Bruder!
Ich bin durch die letzten verhängnisvollen Jahre, die viele Übersiedeln,
die mehrfache Engagementslosigkeit und hauptsächlich durch den seit
drei Jahren gänzlich von mir gewichenen Opernsegen so verarmt, daü
Deutschland darob erröten könnte, wenn es anders Scham im Lebe
hätte.
Albert Lortzing Berlin, 1. August 1850
An das Polizei-Präsidium in Berlin, 1850
Ich bin ein geborener Berliner, verlieü aber meine Vaterstadt schon
mit dem zehnten Jahre und lebte - wie es bei Künstlern häufig
der Fall - stets im Auslande: am Rhein, in Leipzig, Wien ect.. Vor ohngefähr
zehn Jahren begehrte man in Leipzig einen Heimatschein von mir., ich wendete
mich sofort an das hiesige K. Polizei-Präsidium, wurde aber mit dem
Bemerken, daü ich durch zu lange Entfernung von meiner Vaterstadt
meiner Ansprüch verlustig wäre, abgewiesen. Auf das ernstliche
Dringen der Leipziger Behörde erteilte mir endlich die Stadt Köln,
in welcher ich früher sieben Jahre wohnte, freundlichst einen Interimsschein
für mich und meine Familie und zwar auf drei Jahre, welcher bereits
dreimal verlängert wurde, allerdings aber auch mit der Andeutung,
daü eine weitere Wiederholung nicht stattfinden dürfe. Seit
dem Mai dieses Jahres führte mich nun das Schicksal in meine Vaterstadt
zurück, und hoffe ich nicht, sie wieder verlassen zu müssen,
es ergeht daher meine ergebenste Bitte an ein hohes Polizei-Präsidum,
mir und meiner Familie das Recht meiner Heimat, falls es mir wirklich
entzogen sein sollte, gütigst wieder zu erteilen, mindestens aber
doch mir geneigtest andeuten zu wollen, wo die Meinigen im Falle meines
Ablebens ein bleibendes Asyl zu hoffen haben.
Albert Lortzing
So kann es Asylsuchenden ergehen
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