Dieter Kersten - Oktober 1996    
Oper: Bizet "Carmen"
Theater: Schiller "Kabale und Liebe"
 
     
 

Die Deutsche Oper Berlin in der Bismarckstraüe in Berlin - Charlottenburg war bis auf den letzten Platz besetzt: es gab CARMEN, Musik von Georges Bizet, wie es im Programm stand - Oper in 3 Akten (4 Bildern) von Henri Meihac und Ludovic Halévy, nach der Novelle von Prosper Mérimée. Ich sah und hörte das Meisterwerk des französischen Komponisten (1838 - 1878) am 6. September 1996; es war die 50. - generalüberholte - Aufführung seit der Premiere am 11. Mai 1979 der Inszenierung von Peter Beauvais. Es wurde werkgetreu in französischer Sprache gesungen.
Die Uraufführung fand 1875 an der Opera comique in Paris statt, drei Monate vor dem Tode des Komponisten. Das Publikum pfiff das Werk aus.
Es ist eine melodiöse Oper, sehr schwungvoll, die den Sängerinnen und Sängern ein hohes darstellerisches Engagement abverlangt. Eingängige Melodien und das Temperament der Handlung hat dieses Stück zu einer Volksoper gemacht. Die Aufführung wurde allen diesen Ansprüchen gerecht, mit einer Ausnahme: gesanglich und darstellerisch war der Darsteller des Stierfechters Escamillo weit unter dem ansonsten hohem Niveau, was deshalb schade ist, weil sein Auftrittslied: Auf in den Kampf ..... vielen Menschen so flott von der Zunge geht. Die Bühnenbilder, geschaffen, wie die Kostüme, von Pier Luigi Samritani waren ebenfalls vorzüg- lich.

+ + +

Am 20. September 1996 sah ich im Maxim Gorki Theater in Berlin - Mitte KABALE UND LIEBE von Friedrich Schiller. Liest man in den einschlägigen Lexika oder folgt man den Philologen des kulturell correctness, so ist das Stück in der Sturm - und Drang - Zeit des Dichters entstanden. So wird bequem die sicher heftige, aber in dieser Heftigkeit berechtigte Gesellschaftskritik heruntergespielt. Es ist eine Gesellschaftskritik von gestern? Oder? Gibt es noch Standesunterschiede in der Liebe? Sie gibt es sicher noch, aber das Problem kann meistens anders gelöst werden als im 18. Jahrhundert. So war ich gespannt, wie Schillers Stück heutzutage auf der Bühne interpretiert wird.
Es war eine flotte und interessante Aufführung. Untermalt von Musik von Lone Justice, Palace Brothers, Tortoise, John Cale, Nico and the Faction und von Musik aus den Filmen "Schnappt Shorty" und "Taxi Driver" wurde die Handlung zwischen alter und neuer Mafia, Aussteigern und aufrechter Liebe angesiedelt. Louise Millerin ist ein sympatisches, kluges Mädchen, welches trotz ihrer Intelligenz geleimt wird. Ihr Freund Ferdinand ist ein etwas lauter, naiver junger Mann. Sein Vater, der standesbewuüte Präsident von Walter ist nichts weiter als ein mieser, dreister und dreckiger Mafiosi, der nur seine politischen Macht - Interessen im Kopf hat. Der Herzog, der ohnehin nicht als Person in Erscheinung tritt, bleibt der Herzog, ebenso wie uns der Verkauf seiner Landeskinder in die Vereinigten Staaten als altes Thema aus dem 18. Jahrhundert erhalten bleibt. Herzog - ist der Name Schall und Rauch? Obwohl Hansjürgen Hürrig, der den Präsidenten (Ministerpräsidenten, Kanzler) spielt, nicht die Breite und Höhe des real existierenden Kanzlers des Jahres 1996 hat, ist das 18. Jahrhundert bei mir im 20. Jahrhundert angekommen.
Es wäre interessant zu erfahren, welche Aufsatzthemen die Lehrerinnen und Lehrer von heute den Schülern von heute stellen und welche korrekte Meinung sie heute abverlangen. Das Theater war gut besucht, weil einige Schulklassen anwesend waren. Dieses deutsche Bildungsbürgerstück ist am 13. April 1784 in Frankfurt a. M. als Louise Millerin aufgeführt worden und hieü danach auf Anraten des groüen deutschen Schauspielers Wilhelm Iffland Kabale und Liebe. Es ist interessant, im Etymologischen Wörterbuch von Kluge aus dem Jahre 1995 über das Herkommen des Wortes Kabale folgendes zu lesen: f. per. (peripherer Wortschatz) fremd. 'Intrige' (<17. Jh.) Entlehnt aus Frz. cabale (eigentlich: 'Kabbala, jüdische Geheimlehre'), dieses aus hebr. qabãlã (h) (ursprünglich 'Überlieferung'). So schwierig ist es mit der Sprache, mit der deutschen Sprache des deutschen Theaterstückes Kabale und Liebe des deutschen Dichters Friedrich Schiller.
Einiges zu der Spielstätte Maxim Gorki Theater: Maxim Gorki ist ein berühmter russischer Schriftsteller und Theatermann (1868 - 1936). Die Spielstätte ist die ehemalige Preuüische Singakademie - aber hier stockt schon die Tastatur. In dem Buch Berlin - Baumeister und Bauten, erschienen 1987 im Tourist Verlag der DDR steht über das Haus folgendes: Nach abgelehnten Entwürfen von G. Steinmeyer (1823) und K.F. Schinkel (seit 1812) baute dann schlieülich C.Th. Ottmer (1825-27) in Anlehnung an Schinkel die Singakademie, Am Festungsgraben 2, hinter dem Kastanienwäldchen. Den Vorzug erhielt er wegen des niedrigsten Kostenanschlages - am Ende lagen die Kosten weit darüber; finanzielle Auseinandersetzungen zwischen Ottmer und der Singakademie zogen sich bis 1839 hin. Durch H. Bürde erhielt das Haus 1848 eine neue Ausstattung für die Tagungen der Preuüischen Nationalversammlung (Mai.Sept.) ...Unter Beseitigung der seit 1865 durch M. Gropius u.a. vorgenommenen Anbauten, wurde nach dem Krieg das Gebäude auüen restauriert, im Inneren jedoch völlig umgebaut, 1952 öffnete das Maxim Gorki Theater seine Pforten. Von der alten Singakademie ist also - auüer dem Äuüeren - nichts mehr erhalten. Der Zuschauerraum gleicht einem Kino aus den 50iger Jahren, welches seit dieser Zeit keine Renovierung mehr erfahren hat.
Mit der Singakademie ist der Name Karl Friedrich Zelter eng verbunden. Zelter wurde 1758 in Berlin geboren und starb ebenda 1832. Er war Maurermeister, studierte Musik und Zeichnen an der Akademie der Künste und wurde später Professor. Er pflegte u.a. zu Schiller und Goethe freundschaftliche Beziehungen.

 
     
  Diesen Artikel als PDF-Datei herunterladen Download  
     
  Alle Artikel liegen als PDF - Datei zum herunterladen vor. Um PDF - Dateien zu lesen, benötigen Sie den "Acrobat Reader". Falls das Programm nicht auf Ihrem PC installiert ist, können Sie es sich hier kostenfrei herunterladen. Hompage_Acrobat