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Das Berliner Sprechtheater
TRIBÜNE ist 1919 gegründet worden und seitdem Privattheater.
Es liegt in Berlin - Charlottenburg in der Otto - Suhr - Allee, fast am
Ernst - Reuter - Platz, dort, wo sich die Technische Universität
wie eine Krake ausgebreitet hat. In der Nachkriegszeit, als ich in dieser
Gegend meine Groümutter besuchte, hieü die Straüe noch
Berliner Straüe - sie führte von der Residenz Charlottenburg
zur Residenz Berlin - und der Platz hieü bei den Berlinern Knie,
ganz einfach Knie. Ob er einen richtigen, anderen Namen hatte,
weiü ich nicht: ich könnte nachsehen, aber es ist ohne Bedeutung.
Das Knie hat Eingang in viele altberliner Geschichten gefunden.
In der TRIBÜNE sah ich am 7. November 1996 solides, gut gemachtes
Boulevard, flott gespielt, und zwar Endstation Sehn- sucht von
Tennessee Williams, Deutsch von Berthold Viertel. Viele von Ihnen können
sich sicherlich an den Film mit Vivian Leigh und Marlon Brando erinnern.
Ich persönlich als Filmmuffel habe ihn - denke ich - nicht gesehen;
mir fehlt jede Erinnerung. Die Uraufführung des Theaterstückes
fand am 4. November 1947 im Barrymore Theatre, New York, statt und die
deutschsprachige Erstaufführung war am 10. November 1949 im Schauspielhaus
Zürich. Die Premiere in der TRIBÜNE fand am 11. Oktober 1996
statt.
Tennessee Williams ist ein us - amerikanischer Dramatiker, 1911 in Columbus/
Bundesstaat Mississippi geboren und 1983 in New York gestorben. Endstation
Sehnsucht ist ein Südstaatenthema, welches jedoch so zeitlos
ist, daü keiner Angst haben muü, Geschichtsbewältigung
zu sehen. Leider war der Zuschauerraum nur zur Hälfte besetzt; gegen
Fernsehkonkurrenz hat es Kultur schwer. Solange die Menschen nicht ein
Bedürfnis nach Kultur empfinden, wird nur über Geld geredet,
quer durch die ganze Republik, von Bonn bis Berlin.
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Über des Steuerzahlers Geld wird bei der Konzert - Direktion Prof.
Victor Hohenfels nicht geredet. Die Chefin ("Impresaria") der
seit 39 Jahren existierenden Agentur, Eva - Maria Hohenfels, schreibt
in dem Programmheft: Auf wiederholte Anfragen und um die Verwechslung
mit einem von der Auflösung bedrohten Orchester auszuschalten, gebe
ich das Folgende bekannt: Seit 39 Jahren veranstalte ich die Populären
Konzerte in der Philharmonie mit meinem "sinfonie orchester berlin"
ohne Subventionen auf eigenes Risiko. Ich bin also nicht von "Sparmaünahmen"
betroffen und werde auch weiterhin diese Konzerte ohne Subventionen durchführen.
Der Tagesspiegel bezeichnet mich und mein Orchester - mit welcher Absicht
auch immer - als "Kuriosum", weil "das sinfonie orchester
berlin" als einziges Berliner Orchester seit 39 Jahren ohne Subventionen
existiert und immer "ausverkauft" nachweisen kann. Ich empfinde
diese Tatsache mit Dank als Bestätigung meiner Arbeit. Dank an das
Berliner Publikum, das mir ausverkaufte Häuser schenkt, und nicht
zuletzt Dank an die Mitglieder meines Orchesters für ihren spielfreudigen
Einsatz und ihre Treue. gez. Eva-Maria Hohenfels.
Eva-Maria Hohenfels trat zu Lebzeiten ihres Mannes - ich habe es jedenfalls
erlebt - als Sängerin (ich glaube Sopran) auf; leider ist mir ihr
(Künstler? -) Name von damals entfallen. Es muü etwa 10 Jahre
her sein, als ich das Abonnement kündigte, welches meine Mutter und
ich jahrelang hielten. Es muü auch etwa 10 Jahre her sein, als Prof.
Viktor Hohenfels starb.
Eva-Maria Hohenfels, eine würdige Dame gesetzten Alters, wird mit
Applaus begrüüt, als sie den Kammermusiksaal be- tritt. Die
Plätze sind zu dreiviertel besetzt, was vielleicht an der Erkältungswelle
in Berlin liegt. In den Satzpausen wird viel gehustet und geschneuzt.
Das Publikum besteht aus allen Altersklassen und wahrscheinlich auch aus
allen Schichten der Gesellschaft. Es sind eine ganze Menge Kinder dabei,
was mich regelrecht begeistert. Bei Kartenpreisen von DM 27,- bis DM 43,--,
die sich bei Abonnement noch verringern, können es sich Familien
schon mal leisten, gemeinsam in das Konzert zu gehen; eine Kinokarte ist
heutzutage ja auch nicht billig. Das Orchester besteht ebenfalls - fast
- aus allen Altersklassen. Es hat nicht die hohe spielerische Qualität,
wie die Berliner oder Wiener Philharmoniker. Das Engagement der Musiker
ist jedoch groü. Man spürt die Freude am Spiel. Und es geht
um Populäre Konzerte.
Am 14. Dezember 1996 hörte ich ein Konzert unter der Stabführung
von Andrzej Affeltowicz, welches mit Humoriger Haydn überschrieben
war. Joseph Haydn, einer der groüen deutschen Komponisten, wurde
am 31. März 1732 in Rohnau (Niederösterreich) geboren und starb
am 31. Mai 1809 in Wien. Er war Freund eines weiteren groüen deutschen
Komponisten, von Wolfgang Amadeus Mozart und er war zeitweise Lehrer von
einem Groüen dieser Zeit, von Ludwig van Beethoven.
Ich hörte vier Stücke, die Symphonie Nr. 94 G-Dur "Mit
dem Paukenschlag", die Symphonie Nr. 45 fis-moll "Abschieds-
Symphonie", Symphonie C-Dur "Kinder- Symphonie", Symphonie
Nr. 100 G-Dur "Militär-Symphonie". Haydn hat die meiste
Zeit seines Lebens für das Fürstenhaus Esterhazy gearbeitet,
was dem höfischen Stil seiner Stücke anzumerken ist. Ich kann
mir gut vorstellen, daü Joseph Haydn über sich ebenso lachen
konnte, wie er seinen Spott und seinen Witz seinen Hörern musikalisch
vermittelte.
Der Kammermusiksaal wird auch als die Kleine Philharmonie
bezeichnet. Er steht im Berliner Bezirk Tiergarten, ist durch das Foyer
mit der eigentlichen Philharmonie verbunden. Der Kammermusiksaal
ist 1984 bis 87 gebaut worden, und zwar von dem Architekten Edgar Wisniewski
nach einer Skizze von Hans Scharoun.
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