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In dem Ballett
- Führer (1996 Phillipp Reclam jun., Stuttgart) steht in der Einleitung
eine interessante Zusammenfassung der Geschichte des Balletts. Ich kann
das nicht alles zitieren; nur einige Sätze bringe ich zur Einstimmung
auf meinen Bericht über eine Ballettaufführung. Es steht da
unter vielem: Das klassische Ballett ist ein Kind der Renaissance.
..... Das klassische Ballett ist mediterran, der Aus-druckstanz germanisch;
das erste ist extrovertiert, der letztere introvertiert; es ist rational,
er ist irrational; es strebt in die Luft, er bleibt bodenverhaftet. .....
Für das klassische Ballett gibt es keinen anderen Bezug als den Menschen
hier und heute im Mittelpunkt alles Seins. .....
Ich beginne so langsam, das Ballett zu verstehen und zu lieben. Das liegt
natürlich an den vorzüglichen Vorstellungen, die ich in der
letzten Zeit besuchen durfte. Am 15. Dezember 1996 sah und hörte
ich DIE SCHNEEKÖNIGIN, in der Deutschen Oper in Berlin - Charlottenburg,
Tanzmärchen für kleine und groüe Leute von Ray Bara
und Franzis Hengst nach dem Märchen von Hans Christian Andersen,
Musik von Alexander Glasunow, zusammengestellt von Ray Barra und Michael
Heise. In dem erwähnten Ballettführer erhoffte ich über
das Stück mehr als durch das Programmheft zu erfahren. So ganz nebenbei
erfährt man im Programmheft, daü die Musik von Alexander Glasunow
ursprünglich einer anderen Choreographie zu gehören schien,
nämlich dem Ballett Raymonda. Ich weiü nicht,
weshalb so eine Information nicht klar und deutlich im Programmheft vermerkt
ist, auch dann, wenn die Musik, was möglich ist, aus den beiden "Ur"
- Balletten Raymonda und Die Jahreszeiten
entnommen sein sollte. Dies ist meine Vermutung. Wenn es so ist, dann
wäre es doch interessant und mitteilungswert. Es geht in diesem Stück
um den Spiegel und den Zauberer (der Teufel), um das Pärchen Gerda
und Kay, um die Liebe und die Rose, um die Verführung durch die Schneekönigin,
ihre Kälte und ihre Wirksamkeit auf einen (ungefestigten) jungen
Mann Kay. Die Liebe von Gerda läüt Kay zum Mann werden, anders
ausgedrückt, Kay überwindet seine spätpupertäre Phase
durch die Liebe des Mädchens Gerda. Das Alles ist durch Musik, Tanz
und Bühnenbild vorzüglich dargestellt.
Raymonda wurde, und das entnehme ich dem Programmheft,
am 7. Januar 1898 im Petersburger Marien - Theater mit groüem Erfolg
erstaufgeführt. Die Premiere in der Fassung DIE SCHNEEKÖNIGIN
fand am 25. November 1995 in Berlin statt und ich sah und hörte die
17. Aufführung.
Alexander Konstantinowitsch Glasunow wurde am 10 August 1865 in St. Petersburg
geboren und starb am 21. März 1936 in Boulogne bei Paris. Als Schüler
von Rimski-Korsakow und Mili Balakirews und Freund von Tschaikowsky gehört
Glasunow zur besten russischen Ballett - Komponisten - Generation.
Wer auch immer mit Kindern zu tun hat, sollte sie zum Ballett DIE SCHNEEKÖNIGIN
mitnehmen. Ich sah Kinder im noch nicht schulpflichtigen Alter, die offensichtlich
viel Freude hatten.
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Ich habe vergeblich gesucht und ich bin nicht fündig geworden. Habe
ich schon einmal über DAS RHEINGOLD berichtet oder habe ich nicht?
Mir ist ja schon mal geraten worden, ein Jahresregister anzufertigen,
aber bisher ist es mir nicht gelungen.
DER RING DES NIBELUNGEN, Ein Bühnenfestspiel für drei Tage
und einen Vorabend ist ja zusammen mit dem Vorabend
DAS RHEINGOLD als ein künstlerisch Ganzes anzusehen. Vor Jahren habe
ich mich schon einmal mit Texten von Richard Wagner auseinandergesetzt
und war von der dichterischen Qualität sehr angetan. Was die Musik
betrifft, so habe ich ein ziemlich schwankendes Verhältnis zu Wagner.
Einerseits - wenn ich in den Opern - Führern und im Programmheft
die Beschreibungen der Musik lese, nicke ich mit dem Kopf, auf der anderen
Seite bin ich im ersten Teil der Oper DAS RHEINGOLD fast eingeschlafen.
Ich hatte Mühe die Haltung zu bewahren und erinnerte mich an die
Berichte meiner Mutter über meinen, in Wagner - Opern, schnarchenden
Groüvater. Alles sehr peinlich - oder? Erst die Unterwelt des Zwerges
Alberich weckte mich richtig auf.
Das literarische Thema des RINGES erscheint vielen so urdeutsch wie möglich.
Ich bin geneigt, dieses Urteil in einer Zeit der kulturellen Nivellierungen
hinzunehmen, weil unser Volk etwas braucht, mit dem es sich identifizieren
kann. Aber in diesem Thema gibt es auch ein blutiges Ende. Wagner war
kein Endzeit - Apostel, weder was das deutsche Volk, noch was die Menschheit
betrifft. Aber Wagner hat, was die Oper DAS RHEINGOLD und was DER RING
DES NIBELUNGEN betrifft, den Deutschen einen Spiegel vorhalten wollen.
Er war ja schlieülich ein Revolutionär gewesen und er hat in
seiner Person die Spannungen des 19. Jahrhunderts mehr als so mancher
andere Künstler ausgehalten (oder auch aushalten müssen).
Ich sah und hörte die Oper am 10. Januar 1997 in der DEUTSCHEN OPER
BERLIN in der Bismarckstraüe. Es war die 33. Aufführung seit
der Premiere am 16. September 1984. Die Inszenierung stammt vom Intendanten
Götz Friedrich höchstpersönlich, die musikalische Leitung
der Aufführung hatte Jiri Kout. Das Bühnen- bild, technisch
sehr gut variabel, war bestimmt von einem Tunnel, der gleichzeitig als
der Fluü Rhein aber auch als ein Zeitentunnel begreifbar war. Die
Bilder im Hintergrund waren schwer erkennbar, was vielleicht mit meiner
Sehschwäche zu tun hat. Vielleicht hing es aber auch von einer schlechten
Beleuchtung ab. Das grelle Licht am Ende war sicher gewollt, aber zutiefst
unangenehm; ich kann mir durchaus vorstellen, daü dieser Effekt,
ohne dem Auge eines Zuschauers zu schaden, anders zu erreichen ist. Es
wäre sehr gut, wenn einer der Beleuchter sich in die 1. Reihe des
2. Ranges setzen würde. Orchester und Singstimmen waren vorzüglich.
Ausgeklammert ist dabei meine wiederholte Klage, daü Sängerinnen
und Sänger nicht zu verstehen sind, da sie offensichtlich bei ihrer
Ausbildung die Artikulierung der Sprache nicht richtig gelernt haben.
Ein Lob muü ich diesmal dem Programmheft aussprechen, welches eine
gute Einführung in das Werk Richard Wagners ist.
Richard Wagner wurde am 22. Mai 1813 in Leipzig geboren und starb am 13.
Februar 1883 in Venedig. Er ist einer der umstrittensten Künstlerpersönlichkeiten
der deutschen Kulturgeschichte. Wagner war voll und ganz Kind seiner Zeit;
er ist nicht nur Künstler gewesen - er hat politisch Stellung bezogen.
Das haben ihm viele übelgenommen.
Ich weise Sie auf den Beitrag von Peter Wapnwski hin, der dem Kleinen
Kulturhohlspiegel folgt.
+ + +
Am 16. Januar 1997 war ich mal wieder im THEATER AM KURFÜRSTENDAMM
und habe mir ein wirklich gutes Boulevard - Theaterstück angesehen:
Der muß es sein, eine romantische Komödie von James
Sherman. Die Schauspieler waren Inge Wolffberg, Peter Schiff, Verena Wengler,
René Heinersdorff, Norbert Hecker, Frank Muth, Istan Verebes. Ich
nenne die Schauspieler deshalb, weil mein Neffe Jan, der mich diesmal
begleitete, meinte, den ein oder anderen aus dem Fernsehen zu kennen.
Ich komme mir dann immer wie ein neugeborenes Kind vor, denn - so selten
ich fernsehe, so wenig kenne ich Personen, geschweige denn ihre Namen.
Es war eine flott gespielte Familienkomödie, die ihre Premiere am
10. Januar 1997 hatte. Also ein ganz frisches Stück sozusagen, von
dem ich hoffe, daü es noch eine Weile gespielt wird. Leider war das
nichtsubventionierte Privattheater nur zur Hälfte gefüllt, so
daü meine Hoffnung wahrscheinlich ein unerfüllbarer Wunsch bleibt.
Die Inhaltsangabe entnehme ich am besten dem Programmheft (kursiv), wobei
ich in normaler Schrift und in Klammern einige Bemerkungen dazu mache.
Liebeswirren in einer jüdischen Familie. Bisher war noch immer alles
gutgegangen. Sarah Goldmann konnte ihren jeweiligen Freund dem Zugriff
der Familie entziehen. Doch diesmal steht sie mit dem Rücken zur
Wand, den Donald, der Neue, "ist keiner von ihnen" (nicht
jüdisch - Tochter Sarah meint, ihre Eltern würden nur einen
jüdischen Freund/Schwiegersohn akzeptieren). Die Familie will
den Auserkorenen nun aber endlich kennenlernen. Widerstand zwecklos. Flugs
bestellt die brave Tochter sich einen passenden Mann bei der Begleitagentur
"Mich schickt der Himmel" und stellt ihn als Dar. David Steinberg
(als jüdischen Arzt) vor. Eigentlich handelt es sich um den Schauspieler
Bob, der bei Vater (von Sarah) Abes Geburtstagsfeier so gut ankommt,
daü sogar Mutter Miriam ins Schwärmen gerät. Nur Joel
(der Bruder von Sarah), von Beruf Psychotherapeut, ist nicht so schnell
zu überzeugen - und seine Zweifel sind berechtigt, denn Bobs Jiddisch
- Kenntnisse stammen aus dem Musical "Anatevka". Donald, Sarahs
eigentliche Herzenswahl, glaubt noch an einen vorübergehenden Störfall.
Bobs Auftritt war jedoch so erfolgreich - auch bei Sarah - daü er
zum Seder - Fest (jüdisches Fest - der Zuschauer lernt einiges
über jüdische Gebräuche) wieder angefordert wird. Die
Frage nach der Wahrheit stellt sich zwangsläufig ....
James Sherman, der Verfasser des Stückes, wird im Programmheft folgendermaüen
vorgestellt: Er ist ein ausgebildeter Schauspieler und Absolvent zweier
Universitäten, der Northeastern Illinois University und der Brandeis
University. Er schreibt Stücke wie "Magic Time", "The
Gos of Isaac", "Mr. 80 %", "The Escape Artist"
und "The old Man came rolling home". Zur Zeit arbeitet er als
Hausautor am Victory Gardens Theatre in Chicago, wo "Der muü
es sein" (Originaltitel "Beau Jest") der gröüte
Publikumserfolg seit Gründung des Theaters war. Seit Oktober 1991
läuft "Der muü es sein" am Lambs Theatre am New Yorker
Broadway vor ständig ausverkauftem Haus.
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