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Am 12. März
1997 war ich das erste Mal in meinem Leben im Metropol - Theater. Das Metropol
- Theater in Berlin - Mitte, Friedrichstraüe, ist das
Operettentheater in Berlin. Es ist schon merkwürdig, daü ich
so spät dieses Theater betreten habe. Dabei bin ich der Operette keineswegs
abhold. Mein Vater hat sehr gerne populäre Operettenmelodien auf dem
Klavier gespielt und dazu laut und vernehmlich gesungen. Der Vater eines
Spielfreundes war Korrepetitor am Metropol - Theater und ich hörte
Sängerinnen oder Sänger in der Wohnung dieses Spielfreundes üben
und war fasziniert.
Das Metropol - Theater befindet sich seit 1955 im ehemaligen Admiralspalast,
über den in dem Büchlein Theater Berlin aus dem FAB-Verlag folgendes
steht: Die Spielstätte des Metropol in der Friedrichstraüe
war ursprünglich als Badehaus (Admiralsgartenbad) und Eisbahn konzipiert.
Dementsprechend leidet das Metropol noch heute unter technischen Unzulänglichkeiten.
Der Mehrflügelbau um einen Innenhof zwischen Friedrich - und der heutigen
Planckstraüe ist im Äuüeren weitgehend erhalten. Die viergeschossige,
mit reichem Reliefschmuck versehene Hauptfassade gliedern dorische Granitwandsäulen.
Der rückwärtige Trakt wurde in exotisch - ornamentalem und figürlichem
Klinkerdekor ausgestattet. Zu ergänzen ist, daü der Admiralspalast
1910 anstelle eines 1873/74 über einer Solquelle errichteten Bades
erbaut worden ist. Wer denkt schon daran, daü es mitten in Berlin
eine Solquelle gegeben hat! Ein besonderer historischer Kick kommt noch
hinzu: Im damaligen Admiralspalast fand am 21./22. April 1946 der Vereinigungsparteitag
zwischen KPD und SPD statt; hier kam es zu dem Händedruck von Pieck
und Grotewohl. Die DDR hat sich allzuoft über diese Versammlung definiert.
Das Metropol von heute steht unter der Intendanz von René
Kollo, Wagnersänger und Sproü einer alten Berliner Theaterfamilie.
Anlaü meines Besuches war die Aufführung Der Vogelhändler,
Operette in drei Akten (nach einer Idee des Biéville) von Moritz
West und Ludwig Held, Musik von Carl Zeller. Es ist eine Operette, die inhaltlich
nicht viel hergibt. Sie hat hinreiüende Ohrwürmer, wie Wie mein
Ahnl zwanzig Jahr .., oder wie No amal, No amal, No amal...,
oder auch Grüss enk Gott, alle miteinander ..., Flix,
Flux, Flax, Florian .. und Kämpfe nie mit Frau'n... .
Von allen erwartete Höhepunkte sind die Lieder Schenkt man sich
Rosen in Tirol ... und das der Christel von der Post, eine
Melodie, die ich zwar etwas summen kann, von derem Inhalt ich aber nur weiü,
daü die Post nicht so schnell ist. Oder denke ich da an die Bundespost?
Nun, die Christel von der Post wurde vorzüglich gesungen und
gespielt von Bianka Sattler. Ich erwähne das besonders, weil es herausragend
war. Der Vogelhändler Adam fiel dadurch auf, daü er einen schlechten
Einstand hatte, aber während der Aufführung besser wurde. Warum
singen sich solche Leute nicht ein? Gut gefallen haben mir auch die beiden
Professoren Süffle und Würmchen, die, immer
zeitnah, die korrupte Wissenschaft persiflieren. Alle anderen Mitwirkenden
haben vorzüglich gespielt und gesungen; die farbenfreudige Kulisse
und die Kleidung tat ihr übriges. Alles ist ja ein wenig "netter"
Kitsch, aber der Schluü war dann zu kitschig und drohte, die Operette
lächerlich zu machen, was sie jedoch nicht verdient.
Carl (im Brockhaus-Lexikon Karl) Zeller ist Jurist gewesen, was mich überrascht.
Er war im Hauptberuf k u. k Ministerialrat im Wiener Kultusministerium.
Komponiert hat er nebenbei und er hatte dadurch auch Ärger mit seinem
Dienstherrn. Wahrscheinlich kannte er infolge seiner beruflichen Tätigkeit
die Wissenschaften so genau, und, vermutlich auch die damals übliche
Zensur und wie sie ausgetrickst werden konnte. Dr. Carl Zeller lebte von
1842 bis 1898. Er hatte den gleichen Kompositionslehrer wie Anton Bruckner.
Carl Zeller ist der Wiener Nach - Strauss - Ära zuzuordnen. Er hat
sieben Operetten komponiert. Der Vogelhändler wurde am 10.
Januar 1881 mit groüem Erfolg in Wien am Theater an der Wien
uraufgeführt.
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