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In Staub mit
allen Feinden Brandenburgs! Ich kann mich entsinnen, daü ich
als Schüler zwar Kleists Prinz von Homburg als sehr spannend
empfand, die Verurteilung des Prinzen durch den Groüen Kurfürsten
aber nie verstand. Kern des Stückes ist die Schlacht bei Fehrbellin
1675 gegen die Schweden; der Sieg über die Schweden war dem Prinzen
vom Homburg zu verdanken, der der Kleistschen Diktion nach gegen den ausdrücklichen
Befehl handelte, auf eine Anweisung des Groüen Kurfürsten zu
warten. Homburg griff selbstherrlich in die Schlacht ein. Er wurde daraufhin
vom Groüen Kurfürsten zum Tode verurteilt. Kleist hat das Stück
als einen Traum des Prinzen geschrieben. Das Stück endet mit dem Erwachen
des Prinzen und mit der Überreichung des Lorbeers.
Ich habe immer gedacht, die Figur des Prinzen von Homburg ist eine
reine Erfindung des Dichters. Es gab ihn aber wirklich, den Prinzen
von Homburg; laut Brockhaus-Enzyklopädie ist der Prinz von
Homburg Friedrich II., Landgraf von Hessen-Homburg von 1680 - 1708,
geboren am 30. 3. 1633 in Homburg vor der Höhe und gestorben ebenda
am 24. 1. 1708. Trotzdem haben die Kleistsche Figur und die Handlung des
Stückes wenig mit der geschichtlichen Überlieferung zu tun.
Am 21. September 1997 sah und hörte ich in der Deutschen Oper, Berlin
- Charlottenburg, Der Prinz von Homburg, Oper in drei Akten von Hans Werner
Henze, nach Heinrich von Kleists Drama, für Musik eingerichtet von
Ingeborg Bachmann. Es war die Berliner Premiere und eine Neuinszenierung
anläülich der Berliner Festwochen >>Deutschlandbilder<<.
Die musikalische Leitung hatte Christian Thielemann, die Inszenierung besorgte
der Intendant Götz Friedrich, die Ausstattung Andreas Reinhardt. Das
Stück ist am 22. Mai 1960 in Hamburg uraufgeführt und in dieser
Inszenierung in Berlin am 23. September 1960 als Gastspiel im Rahmen der
10. Berliner Festwochen gezeigt worden.
Ich bin ein sehr interessierter Musikhörer aber kein Musikfachmann.
Deshalb mögen mir die Fachfrauen und - männer verzeihen, wenn
ich einmal mehr feststelle, daü ich der Musik von Henze sehr distanziert
gegenüber stehe. In einem Beitrag im Programmheft fand ich den Satz:
Mit seinem Namen verbinden wir meist eine rhythmisch und harmonisch
sehr aggressive Musik. In der Tat habe ich Henzes Musik als sehr aggressiv
empfunden. Andererseits hat er die Gesangsinterpreten keinesfalls mit Disharmonien
gequält; die Gesangspartien waren durchaus harmonisch. Das spannende
Bühnengeschehen wurde durch die Musik erstaunlich gut begleitet. Henze
versteht sein Fach. Meine Ablehnung moderner Musik hat durchaus einen (positiven)
Riü bekommen.
Die Gesangsinterpreten haben vorzüglich gespielt und gesungen. Es sei
ausnahmsweise René Kollo genannt, der den Kurfürsten gesungen
hat. Das Bühnenbild war sehr einfach modern. Was sich Götz Friedrich
bzw. Andreas Reinhardt dabei gedacht haben, Junge Brandenburger
als Motorradfahrer im dezenten Rocker-Outfit auf die Bühne zu bringen,
ist mir nicht klar. Ich kann mir nicht vorstellen, daü sich die junge
Motorradszene der Gegenwart für einen Prinzen von Homburg
aus der Vergangenheit interessiert, geschweige denn für eine Miüachtung
eines militärischen Befehls. Infolge der schlechten Leistungen unserer
hochbezahlten Lehrer haben viele junge Leute keinen blassen Schimmer von
Heinrich von Kleist oder Ingeborg Bachmann, so auch vom Groüen Kurfürsten
und der Schlacht bei Fehrbellin.
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