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Vor ungefähr
drei Jahren, im Oktober 1996, berichtete ich schon einmal über die
Oper CARMEN von Georges Bizet. Es handelte sich damals um eine Inszenierung
von Peter Beauvais an der Deutschen Oper in Berlin-Charlottenburg. Diese
Inszenierung hatte keinen groüen Eindruck gemacht und ich widmete
der Aufführung vom 6. September 1996 nur ein paar dürre Zeilen.
Nun sah und hörte ich am 10. Mai 1999 an der Komischen Oper in Berlin
- Mitte das gleiche Stück unter der Regie von Harry Kupfer, einem Schüler
des unvergessenen Walter Felsenstein. Und - Harry Kupfer zeigte, was er
bei seinem alten Meister gelernt hatte - Präzision und Leichtigkeit
in Musik und Handlung, gestrafft zu einem nie absackenden Spannungsbogen
- so vergingen die zwei Stunden, ohne groüe Pause, wie im Fluge. Harry
Kupfer gelang es auch, die persönlichen und sozialen Beziehungen der
dargestellten Personen der Handlung deutlich aufzuzeigen so z. B. Carmen
(Marilyn Schmiege), die intelligente Zigeunerin, die eigentlich mehr will,
als Zigarettenarbeiterin zu sein, Dame, Hure, Führerin und Mutter in
einer Person und der Polizist Don José (Neil Wilson), ein tüchtiger,.
biederer, meistens gesetzestreue Mann, der Carmen verfällt. In dem
interessanten Programmheft wird eine Beziehung hergestellt zwischen der
"intelligenten" Funktion eines Toreros im Stierkampf gegenüber
der natürlichen Kraft des Stieres und es wird dieses Bild übertragen
auf das Verhältnis von Carmen zu Don José. Kupfer wird seinen
Ansprüchen nicht nur bei den beiden Hauptpersonen gerecht, sondern
auch bei den "Nebenpersonen".
Ich bin nach der Vorstellung gefragt worden, ob diese Inszenierung modern
oder konservativ ist. Ich denke, es ist eine konservative Inszenierung unserer
Zeit. Auf moderne technische Schnickschnacks verzichtet die Regisseur. Das
Bühnenbild (Reinhart Zimmermann) ist in seinen Grundelementen immer
das gleiche und wird wirkungsvoll durch allerhand Zubehör verändert
bzw. ergänzt. Die Kostüme (Eleonore Kleiber) würde ich als
rollengerecht bezeichnen.
Die musikalische Leitung hatte Shao-Chia Lü. Alle Darsteller haben
vorzüglich gesungen. Da ich die beiden Hauptdarsteller genannt habe,
will ich noch die Darstellerin der Micala, Marcela de Loa, besonders hervorheben.
Der Franzose Georges Bizet lebte 1838 bis 1878. Die Uraufführung der
Oper fand 1875 statt. Die Aufführung, die ich besuchte, war die 106.
seit der Premiere am 17. Mai 1991. Etwa 90 % der Plätze waren besetzt,
für einen Montag ein respektables Ergebnis. Gesungen wurde in deutscher
Sprache. Der Text richtete sich nach der deutschen Übertragung der
Originalfassung von Walter Felsenstein (in der Fassung der Komischen Oper).
Erklärendes Sonett
zu dem Concerto mit dem Titel
Der Frühling
von Herrn Don Antonio Vivaldi
(1. Satz: Allegro)
Der Frühling ist gekommen, und festlich
gegrüßen ihn die Vögel mit frohem Gesang.
Und die Quellen zum Säuseln der Zphiretten
fließen schon mit sußem Gemurmel.
Während sich der Himmel mit scharzem Mantel bedeckt,
kommen einzelne Blitze und Donner, den Frühling anzukündigen.
Doch als sie schweigen, beginnen die
Vögel von neuem ihr tonreiches Lied.
(2. Satz: Largo'e piantissimo sempre)
Und dort, auf schöner, blühender Wiese
beim lieblichen Säuseln von Blättern und Gräsern
schläft der Hirt, den treuen Hund zur Seite.
(3. Satz: Danza pastorale., Allegro)
Zum festlichen Ton des Dudelsacks
tanzen Nymphen und Schläfer in der geliebten Wohnung
des Frühlings zu seinem prachtvollen Erscheinen.
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Zur Kultur eines Volkes gehören auch ihre Museen. Das Museum am
Checkpoint - Charlie (Mauer - Museum), Koch - Ecke Friedrichstraüe,
ist ein Musterbeispiel für eine nicht gelungene (politische) Kultureinrichtung
in Deutschland.. Der Checkpoint - Charlie in Berlin war zu Mauer - Zeiten
der us-amerikanische Teil des Grenzüberganges der Alliierten von
West - nach Ost - Berlin und umgekehrt. Das Museum will die West - Berliner
Geschichte ab 1945 aufzeigen, jedoch mit dem Schwerpunkt die Geschichte
vom August 1961, dem Monat des Mauerbaues. Mit Bekannten aus Niedersachsen
war ich das zweite Mal in meinem Leben in diesem Museum. Das erste Mal
ist über dreiüig Jahre her. Damals war, nach meiner Erinnerung,
das Museum wesentlich kleiner, aber genauso schlampig, unübersichtlich,
undidaktisch gemacht, wie die zur Zeit real existierende Ausstellung.
Ich will mich gar nicht über die Masse von Menschen beklagen, die
an diesem Sonnabend (15. Mai) besonders groü war. Die Menschen versuchten
sich durch ein Kuntabund von Exponaten, z.B. Fluchtfahrzeugen, Werkzeuge
zum Tunnelbau, Mauerresten, Kunst oder was manche für Kunst halten
und ein Gewirr von groü - und kleinflächigen Fotografien durchzuwinden.
Zwei überfüllte Eingänge und ein Ausgang machen das Chaos
komplett. Die Diktion des Museums ist erzkonservativ: es gibt nur das
Reich des Bösen und das Reich des Guten. Die US-Amerikaner als die
Guten, versteht sich, sind die groüen Beschützer der West -
Berliner. Kritik an der politischen Nachkriegsentwicklung findet nicht
statt; auch werden die Ursachen des Eisernen Vorhanges, der Blockbildung
und die Wirkungen der Ideologien nicht beschrieben. Die beklagenswerten
und meistens unschuldigen Opfer der Ost-West-Teilung waren Opfer einer
Entwicklung, die von beiden Seiten, von beiden Oligarchien, zu verantworten
waren. Von diesen Gedanken sieht man nichts in diesem Museum. Dem auswärtigen
Besucher sei gesagt: es gibt durchaus sehenswertere Museen in Berlin.
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Das 5. und letzte Abonnementskonzert der Reihe Meisterhafte Stil
- "Blüten" des Deutschen Kammerorchesters im alten
Schauspielhaus am Gendarmenmarkt, welches heutzutage Konzerthaus genannt
wird, fand am Montag, den 17. Mai 1999 statt. Auf dem Programm standen
so unterschiedliche Komponisten wie Max Reger (1873 - 1916), Karl Ditters
von Dittersdorf (1739-1799), Igor Strawinsky (1882-1971), Antonio Vivaldi
(um 1678 - 1741) und Johann Sebastian Bach (1685-1750).
Wie wenig ich Max Reger kenne, zeigt mein Erstaunen über seine Bearbeitung
von J.S. Bachs Aria "Oh Mensch bewein' dein' Sünde groü"
nach dem Choralvorspiel BWV 622. Das Genie Bach hat seine Wirkung
bis in das 19./20. Jahrhundert hinein, und zwar nicht nur bei den Musikkonsumenten,
sondern auch bei den Komponisten. Von Karl Ditters von Dittersdorf hatte
ich bisher nicht viel mehr als den Namen gehört, vielleicht mal seine
Musik im Radio. Auch hier mein freudiges Erstaunen über die fantasiereiche
und musikprächtige Sinfonie nach Ovids Metamorphosen "Die
Rettung der Andromeda durch Perseus". Es ist eine der zwölf
Sinfonien zu den Methamorphosen des Ovid. Igor Strawinskys Apollon
Musagète hat als Ballettmusik das Licht der musikalischen
Welt erblickt. Das Stück paüt aber als Kammermusik gut zu der
Musik aus vier Jahrhunderten. Von Antonio Vivaldi hörte ich dann
das Concerto grosso E-Dur, op. 8 Nr. 1 "Der Frühling",
zu dem der Komponist ein "Erklärendes Sonett" verfaüt
hat, welches ich im Rahmen wiedergebe. Der oder die Übersetzer (in)
das ursprünglich italienischen Textes ist nicht genannt. Zu Bachs
Ouvertüre D-Dur BWV 1069 steht im Programmheft u.a. : Die
Überlieferung der vier Orchestersuiten von J.S. Bach ist äuüerst
lückenhaft. In keinem Fall ist eine Originalpartitur erhalten, das
gesamte Orchestermaterial enthält nur zwei autographe oder teilautographe
Stimmen. Die Orchestersuite D - Dur liegt ausschlieülich in Abschriften
des Thomanerschülers und Kopisten Christian Friedrich Penzel vor.
Es war ein gelungender Kammerkonzert- abend !
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