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Im vorigen Jahr,
anläülich der Sonnenfinsternis am 11. August, fuhren wir, d.h.
meine beiden Neffen Kai und Jan, mein jüngster Patensohn Nils, gerade
11 Jahre alt geworden, und ich nach Heilbronn. Der Grund war natürlich
nicht nur die Sonnenfinsternis; wir wollten uns eine Woche lang einen kleinen
Teil unseres so schönen Vater/Mutterlandes ansehen.
Ich will Sie nicht mit einer Reisebeschreibung langweilen, sondern auf ein
kulturelles Erbe hinweisen, mit dem Sie auch die Jugend begeistern können.
Es geht um Götz (Gottfried) von Berlichingen, dem Ritter mit der eisernen
Hand, dem von Goethe ein bleibendes Denkmal gesetzt worden ist.
Zurück zu unserer Reise. Der 2. Tag führte uns in das Jagsttal,
wo wir u.a. in Jagsthausen Station machten. Fast hat man den Eindruck, daü
der kleine Ort dem Ansturm der Touristen nicht gewachsen ist. Es herrscht
Unruhe. Jagsthausen ist ein Festspielort; auf dem Burghof wird im Sommer
Goethes "Götz von Berlichingen" in Serie aufgeführt.
Der Ritter Götz ist 1480 in Jagsthausen geboren und dort aufgewachsen
Seine berühmte eiserne Hand wird im Schloümuseum gezeigt; neben
dem Götz - Kult ist interessant, daü sich in Jagsthausen ein
römisches Kastell befand. Es gibt Ausgrabungen, die gezeigt werden.
Das Schloü befindet sich immer noch im Besitz der Familie von Berlichingen.
Nils wurde im Museum auf den Stammbaum der Familie Berlichingen aufmerksam
gemacht und entdeckte dort zwei Jungen etwa in seinem Alter, die den vorläufigen
Schluü der Familienchronik bilden. Leider muüte ich Nils aus
zeitlichen Gründen davon abhalten, die beiden Jungen für die NEUE
POLITIK zu interviewen. Nach Meinung von Nils müüten sie doch
noch mehr über ihren Vorfahren Götz wissen und natürlich
auch Kenntnis haben über geheime Gänge und einige interessante
Dinge mehr.
In meinem alten Lexikon von 1908 wird von drei Schlössern in Jagsthausen
geschrieben. in meinem "neuen" Lexikon von 1971 ist nur von einem
Schloü die Rede. Ich bin ziemlich sicher, daü das als Götz
- Burg angebotene Schloü in dem jetzigen Aussehen nicht aus dem 15.
Jahrhundert stammt. Leider gibt es auch im Internet nur "lokalpatriotische"
und geschäftsbezogene Propaganda, aber keine sachliche Information.
Ich selber war schon einmal vor ungefähr 25 Jahren in Jagsthausen und
habe den Ort viel ruhiger, viel beschaulicher in Erinnerung. Ich fand neben
der Hektik im August 1999 noch bemerkenswert, daü sich im Ort Jagsthausen
in einem alten deutschen Wirtshaus ein Grieche mit seinen und einheimischen
Speisen niedergelassen hatte - eine Chance für mich als Vegetarier,
ordentlich und schmackhaft essen zu können. In sehr vielen deutschen
Wirtshäusern / Restaurants ist das nicht möglich; es mischen sich
hier Arroganz Faulheit und Phantasielosigkeit
Am 3. Tag unseres Ausfluges waren wir dann auf der Burg Hornberg am Neckar.
Im Internet finde ich folgenden Text (von mir leicht gekürzt): Götz
von Berlichingen (1480-1562 nach Christus); Der Ritter mit der eisernen
Hand.; Götz von Berlichingen entstammte einem alten schwäbischen
Adelsgeschlecht und wurde 1480 in Jagsthausen geboren. Er erhielt die übliche
ritterliche Erziehung, die sich auf das Erlernen der höfischen Sitten
und des Waffenhandwerkes beschränkte. Während des Landshuter Erbfolgekrieges
verlor er seine rechte Hand. Als Ersatz lieü er sich eine kunstvoll
konstruierte Eisenprothese anfertigen, die als eines der ältesten Beispiele
künstlicher Glieder noch heute in Jagsthausen aufbewahrt wird. Seinem
Stand gemäü überfiel er Kaufmannszüge und führte
zahlreiche Fehden gegen geistliche Fürsten und Städte, so daü
1512 und erneut 1518 die Reichsacht über ihn verhängt wurde. Im
Bauernkrieg übernahm er die Führung des Odenwälder Haufens,
verlieü die Aufständischen aber schon fünf Wochen später,
da er die Ausweglosigkeit ihrer Lage erkannt hatte. Er geriet in Gefangenschaft
und blieb bis 1530 in Haft. Nachdem er in mehrjährigen Prozessen durch
das Reichskammergericht freigesprochen worden war, kämpfte er im Dienst
Kaiser Karls V. 1542 gegen die Türken und 1544 gegen Frankreich. Götz
von Berlichingen starb am 23. Juli 1562 auf Burg Hornberg (Neckarzimmern).
Unsterblich wurde der Ritter durch das 1773 entstandene Drama des jungen
Goethe, der dessen Autobiographie zugrunde legte Umgeben von Weinbergen
erhebt sich die Burg Hornberg als stolze Ritterburg aus dem 11. Jahrhundert
hoch über dem romantischen Neckartal. Über viele Jahrhunderte
war sie ein Lehen des Bistums von Speyer. 1517 kaufte Götz von Berlichingen
den Hornberg als seine einzige Burg. Hier verbrachte er 45 Jahre seines
bewegten Lebens und starb 1562. Sein Enkel verkaufte die Burg 1612 an die
Freiherren von Gemmingen, in deren Besitz sie sich bis heute – in
der 12. Generation – befindet.
Die Burg Hornberg ist eine imposante, gut gepflegte Burgruine, die uns trotz
des einsetzenden Regens viel Spaü gemacht hat. Sie läüt
der Phantasie über das mittelalterliche Ritterleben viel Platz. Keine
Hektik eines Festspielortes stört den Gast.
In meiner Tasche trug ich die ganze Zeit ein Reklamheft, zu dessen Lektüre
ich aber erst nach der Reise kam. Dieses kleine Heft ist ein Kulturgut besonderer
Art: Lebensbeschreibung des Ritters Götz von Berlichingen. Es sind
die Lebenserinnerungen des Ritters mit der eisernen Hand höchst persönlich;
er hat sie zum Teil dem Pfarrer diktiert, zum Teil wohl selbst geschrieben.
Der Text wurde von Karl Müller ins Neuhochdeutsche übertragen
und erhielt ein Nachwort von Hermann Missenharter. Missenharter schreibt
u.a. über den Götz: Er war eine ehrliche Haut, und ist in
allem, was er berichtet, durchaus glaubwürdig: ein Reitersmann, zwar
von rauhen Sitten wie alle seine Standesgenossen, der aber oft genug auch
ohne Erwartung von Lohn, für Arme und Verfolgte sich mit kämpferischer
Leidenschaft einsetzt, wobei ihm frühe schon, seit dem Unglück
von Landshut (1504) die "Eisern Hand" an Stelle seiner fehlenden
Rechten zu einer fast legendären Popularität verhalf.
Es war wohl einerseits das bewegte Leben des Götz wie auch sein Bericht,
was Goethe veranlaüte, seinen Götz zu schreiben. Goethe hat wahrscheinlich
den Lebensbericht des Götz schon als Junge im elterlichen Haus gelesen
und ich kann mir vorstellen, daü ein Satz wie > Darum soll
sich niemand auf seine Macht und seinen Hochmut verlassen <
die Zustimmung des jungen Goethe fand. Es ist sogar eine aktuelle Erkenntnis
für das 21. Jahrhundert, in unserer real vorhandenen politischen Welt.
Ob Helmut Kohl und Johannes Rau die Lebensbeschreibung des Ritters Götz
von Berlichingen gelesen haben? Aber in der Bibel steht in der Bergpredigt
der Satz, man solle die Perlen nicht vor die Säue werfen
Friedrich Engels war ja nicht nur Freund und Finanzier von Karl Marx - er
war auch einer unserer gröüten politischen Schriftsteller des
19. Jahrhunderts. In > Der deutsche Bauernkrieg < kommt auch
unser Held Götz von Berlichingen zu Ehren. Manches an Engels Darstellungen
des Bauernkrieges mag durch neuere Forschungen überholt sein. Seine
Geschichte liest sich aber genauso flott wie die Lebensbeschreibung
des Ritters Götz von Berlichingen.
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