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In der letzten Zeit
habe ich Ihnen schon öfter aus dem Berliner Boulevard - Theater - Geschehen
berichtet; vielleicht schon zu viel. Dieses Berliner Boulevard - Theater
ist ein Spiegel unserer Gesellschaft, genau wie die Spielpläne der
Opernbühnen und der Konzertsäle. Leider kenne ich mich ja in weiten
Teilen des Spiegels der Gesellschaft nicht aus, z. B. im Filmgeschehen
oder in das, was auf den kleinen, privaten, oftmals avantgardistischen Bühnen
gespielt wird. Ich würde mich sehr freuen, wenn aus dem Kreis der Leserinnen
und Leser über den vernachlässigten Bereich der Kultur berichtet
würde.
Das gilt auch beim Thema Literatur. Auch da bediene ich nur einen ganz kleinen
Ausschnitt des Geschehens.
Ob Theater, Film oder Bücher, es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Daran habe ich gedacht, als ich am 4. Mai in der KOMÖDIE das Stück
Herz - und Beinbruch, eine "Medizinische Komödie"
von Patricia Levrey sah. Im öffentlichen Angebot des Theaters wird
die Komödie als ein Theaterstück "mit Tiefgang" bezeichnet.
Wo was "tief gehen" soll, weiü ich nicht. Die im Programm
- Heft abgebildete, schmallippig - verkniffen aussehende Autorin mit englisch/us-amerikanisch
klingenden Namen ist, so steht's gedruckt, vor allen Dingen in Frankreich
erfolgreich. Das wiederum veranlaüt mich zu schreiben, daü in
Frankreich die primitiven Arztgeschichten anscheinend genauso populär
sind wie in Deutschland.
Das Publikum lachte in einem fort und ich kann mich dann dem Lachen auch
nicht entziehen, obwohl mir vieles ziemlich blöd vorkommt. Anita Kupsch,
eine Berliner Boulevard - Schauspielerinnen - Ikone hat zwar viel Routine;
künstlerisch gesehen ist meiner Ansicht nach das Stück für
sie ein Flop. Wenn eine Frau, die bestimmt schon Mitte sechzig ist, eine
Frau spielen soll, die höchstens Mitte vierzig sein soll, dann ist
damit sehr vorsichtig umzugehen. Dieses Fingerspitzengefühl des Regisseurs
Manfred Lagner (oder auch Langner - er wird im teuren Programm - Heft auf
einer Seite mal so, mal so geschrieben) habe ich nicht gespürt.
Es geht um einen schweren Motorradunfall und die Folgen, um eine geplante,
aber nicht vollendete Scheidung, um einen etwas vertrottelt dargestellten
Ehemann, um einen ebenfalls vertrottelten Arzt, einer selbstbewuüten
Krankenschwester und einer überdrehten Freundin der Patientin. Mehr
ist fast nicht mitzuteilen.
Das ist die übliche Beliebigkeit, mit der in manchen gesellschaftlichen
Kreisen Kultur "verstanden" wird.
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