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Ansicht 1828;
von links nach rechts:
Neue Wache, Zeughaus, Schloßbrücke, Stadtschloss
Am
3. Februar habe ich zusammen mit meinem Neffen Jan Evers, der ja selber
Fotograf ist, die Fotoausstellung > Der Fotograf Willy Römer
1887-1979 - auf den Straßen von Berlin < besucht. Wenn
Sie diesen Bericht lesen, gibt es die Ausstellung im Zeughaus (Deutsches
Historisches Museum), nicht mehr. Der Museumskatalog ist als Buch weiterhin
zu erhalten. Das Buch ist übrigens ca. 2,5 kg schwer und misst 30,5
x 24,5 cm und hat 400 Seiten. Ich biete das Buch in der Bestelliste an.
Ich habe es mir einfach gemacht und dokumentiere jetzt den Text zu der
Ausstellung, den ich der Web-Seite des Zeughauses entnommen habe:
> Willy Römer hat ein beeindruckendes Archiv
von Fotografien hinterlassen und war doch als Fotograf bislang fast unbekannt.
Obwohl einige seiner Aufnahmen vor allem aus den Revolutionsjahren 1918/19
Eingang in die Geschichtsbücher über das 20. Jahrhundert gefunden
haben und darüber vielen Menschen bekannt sind, ist er als Urheber
fast nie namentlich genannt worden. Das lag zum einen daran, daß
er als individueller Bildautor hinter dem Namen seiner Firma "Photothek"
verschwand, solange diese existierte. Zum anderen daran, daß viele
jüngere Mitarbeiter von Redaktionen und Bildagenturen ihn nicht kannten
oder glaubten, er sei wie so viele seiner Kollegen im Krieg oder kurz
danach gestorben. "Was, Sie leben noch? Wir haben doch schon vor
vierzig Jahren aktuelle Bilder von Ihnen bezogen!" mußte er
sich sagen lassen, wenn er sich in Erinnerung brachte und auf Honorierung
bestand. Sein Bildarchiv konnte vor allem deshalb bis heute gerettet werden,
weil er selbst so alt wurde und den Bestand zusammenhielt.
Der Nachlaß des Fotografen Willy Römer und
seiner Pressebildfirma Photothek umfaßt die gesamte Geschichte der
Weimarer Republik von der Novemberrevolution 1918 bis zum Reichstagsbrand
1933. In über 7.000 Aufnahmen sind die wesentlichen Repräsentanten
der ersten deutschen Republik porträtiert. Die Firma Photothek Römer
& Bernstein wurde eine der wichtigsten Pressebildfirmen der Weimarer
Republik. Sie bestand von ihrer Gründung im Februar 1920 bis zu ihrer
Schließung durch das NS-Regime am 30.09.1935. Die Firma war schon
im April 1933 als "Judenfirma" denunziert worden, weil Walter
Bernstein jüdischer Abstammung war.
Die Ausstellung im DHM ist eine umfassende Werkschau
und zeigt neben den Pressefotos von den großen politischen Ereignissen
der wechselvollen Jahre von der Kaiserzeit bis zum Beginn des Zweiten
Weltkrieges mit gleicher Gewichtung seine leiseren, stimmungsvollen, dokumentarischen
Bilder vom Leben auf den Straßen seiner Heimatstadt Berlin.
Die Fotos von Willy Römer, der im Handwerkermilieu
am nördlichen Stadtrand Berlins aufgewachsen ist, erlauben uns heute
einen faszinierenden Blick auf das alltägliche Leben und Arbeiten
der Menschen in der Großstadt Berlin vor ihrer Zerstörung.
Sein besonderes Interesse galt dem Leben auf den Straßen, den spielenden
Kindern und fliegenden Händlern.
In seinen Bildern offenbart sich eine Gleichzeitigkeit
des Ungleichzeitigen: Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts lief das
Leben auf den Höfen und Gassen noch fast wie vor 600 Jahren ab. In
den letzten Handwerksbetrieben wurden noch Nägel geschmiedet oder
Wagenräder hergestellt wie vor Jahrhunderten. Häuser wurden
noch Stein auf Stein gemauert wie im Mittelalter, gleichzeitig entstanden
jedoch die ersten Plattenbauten und Hochhäuser aus Stahl und Glas.
Römer hat beides fotografiert: den Abschied von den alten Produktions-
und Lebensweisen und die Erscheinungen der neuen Zeit im Stadtbild der
Metropole Berlin - Schnellbahnen, Leuchtreklame, Verkehrsregelungen, Telefon
und Radio, Flugzeuge und Zeppelin-Luftschiffe.
Bei einem großen Teil der ausgestellten Fotos handelt
es sich um Originalabzüge aus dem Arbeitsarchiv Willy Römers.
Zudem werden neue Vergrößerungen von den Glasnegativen und
einige Apparate, Arbeitsmaterialien, Dokumente und Veröffentlichungen
gezeigt. <
In dem Ausstellungskatalog/Buch wird neben den Fotos
viel Geschichte als Text geboten. Ich habe das alles gar nicht lesen können.
Kann sein, daß manches "political correct" dargestellt
ist. Dennoch, das Buch ist eine sprudelnde Quelle, an der sich geschichtsinteressierte
Menschen laben können. Berlin ist der Hauptort der Arbeit von Willy
Römer. Es gibt aber auch Bilder vom Leben in Rußland, in Posen
und aus einigen Landschaften Deutschlands.
Mein Bericht gehört sowohl zum Kulturspiegel, und
auch in die Rubrik Buchbesprechungen.
Die Ausstellung war im erweiterten Museumsbau des chinesischen Archtekten
I. M. Pei zu sehen, ein Bauwerk, welches selbst ein lohnendes Objekt einer
Besichtigung sein sollte.
+ + +
Am 6. Februar sah und hörte ich Leoš Janáceks
Oper Katja Kabanowa in der Staatsoper Berlin Unter den Linden. Es wurde
in tschechischer Sprache gesungen, mit deutschen Leuchtschrift-Übertiteln,
was ganz gut funktionierte. Das Libretto wurde vom Komponisten selbst
geschrieben, und zwar nach dem Schauspiel > Grosa < (Das Gewitter,
1859) von Alexander Nikolajewitsch Ostrowski. Ostrowski wurde 1823 in
Moskau geboren und starb 1886 in Stachelykowo. Janácek wurde 1854
im nordmährischen Hukvaldy, in Deutsch Hochwald, geboren und starb
1926 in Ostrava, dem deutschen Mährisch-Ostrau.
Da ich kein ausgewiesener Musikkenner bin, bin ich immer
etwas auf die Literatur angewiesen, z.B. auf das Programmheft. Leider
gibt diesmal das teure Programmheft keine Aufklärung; ich lerne zwar
in einem epischen langen Beitrag, daß Lenin sich auch über
das Küssen geäußert hat (in einem Brief an seine frühere
Geliebte Inessa Armand), und daß sich mit der literarischen Vorlage
von Ostrowski eine Reihe von Komponisten beschäftigt haben, aber
nichts über die Musik des Komponisten Janácek. Auch meine
beiden Opernführer halten sich zurück. Im Internet wird wieder
zu viel angeboten. Erklärendes fand ich in meiner Brockhaus-Enzyklopädie,
in der steht, daß Janácek ab 1881 Direktor eines Staatlichen
Konservatoriums war und dort seine Theorie der Sprachmelodie,
der zufolge der Sprechtonfall die Melodieerfindung bestimmt, entwickelte.
Die Musik von Janácek gefiel mir nur mäßig.
Sie ist voller Dissonanzen und nur zu ertragen, wenn man sich auf das
dramatische Spiel auf der Bühne konzentriert. Die Musik von Janácek
unterstützt die dramatische Handlung und ich habe dann die Musik
vergessen und mich auf das Spiel konzentriert.
Es geht um eine junge Frau, Katja Kabanowa, die in einer
russischen Kleinstadt verheiratet ist und von ihrer Schwiegermutter Kabaniche
tyrannisiert wird. Tichon, ihr Ehemann, ein Muttersöhnchen, verreist
und Katja Kabanowa, ohnehin schon verliebt in einen anderen jungen Mann,
betrügt Tichon. Als dieser heimkehrt, gesteht sie unaufgefordert
ihren Fehltritt. Die Inszenierung macht nicht deutlich, unter welchem
gesellschaftlichen Druck Katja Kabanowa steht. Die Texte im Programmheft
reduzieren das Verhalten der Protagonistin auf Liebe, aber zu was, zu
wem? Sie endet durch Selbstmord, was zwar der Dramatik dient, aber nicht
dem Verständnis.
Die Uraufführung der Oper Katja Kabanowa von Leoš
Janácek fand am 23. Oktober 1921 am Nationaltheater in Brünn
statt. Die Deutsche Erstaufführung war am 8. Dezember 1922 an der
Kölner Oper. Die Berliner Erstaufführung fand am 23. Mai 1926
an der Städtischen Oper in Berlin-Charlottenburg statt. Am 22. Januar
2005 wurde die Oper neu inszeniert an der Staatsoper Unter den Linden
wieder aufgeführt. Ich sah die dritte Vorstellung nach dieser Neuinszenierung.
Das Theater war gut besucht, der Applaus war enthusiastisch.
+ + +
Am 15. Februar war ich in das Schiller-Theater in Berlin-Charlottenburg
eingeladen, mir die PALAST-REVUE mit dem PALAST ORCHESTER und Max Raabe
anzusehen und anzuhören. Nun, ich will nicht lange drum herum schreiben,
mir hat es nur sehr mittelmäßig gefallen. Das mag daran liegen,
daß mir die marinierte Art von Max Raabe nicht gefällt. Das
mag der Stil der 30iger Jahre sein, aber es hat keine Wirkung auf mich.
Die PALAST-REVUE ist eine Nummern-Revue, bei der Max Raabe, sein Orchester,
eine Geigerin und ein Mini-Ballett sich abwechseln und Musik-Titel aus
den 30iger bis 50iger Jahren singen und spielen. Viele Titel kannte ich
nicht, viele waren mir gleichgültig, und ich muß zugeben, der
Schmalz der "Capri-Fischer", das hat mir fast am besten gefallen.
Das Arrangement war gerade man so der Größe
der Bühne angepaßt. Ich hatte den Eindruck, daß sich
die Darsteller gegenseitig auf die Füße traten. Die Bühne
des Schiller-Theaters ist eine klassische Theater-Bühne und meiner
Meinung nach für etwas, was in Richtung Musical geht, nicht geeignet.
Das Haus war bis auf den letzten Platz gefüllt,
hauptsächlich mit der Altersgruppe ab 50 Jahren und es waren vermutlich
viele auswärtige Gäste anwesend. Zum Schluß flammte frenetischer
Beifall auf und es wurden vorbereitete Zugaben gespielt.
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