Wenn
einer eine Reise macht, dann kann er was erzählen. Mein Patensohn
Nils (16 Jahre) und ich (65 Jahre) waren zu Ostern für sieben Tage
in London. Da Nils möglichst viel Englisch sprechen sollte, wählte
ich keine Reise über einen Reiseveranstalter mit deutscher Betreuung,
sondern ich bemühte das Internet für die Zimmer- bzw. Hotelsuche.
Es gibt eine verwirrend große Auswahl von Hotels.
London ist sehr groß. Also nahm ich mir den Stadtplan vor: das Hotel
sollte nicht zu weit von der Innenstadt entfernt liegen, eine Entscheidung,
die sich bewährt hat. Die U-Bahn (aber auch die Busse) waren so voll,
daß wir während unserer Anfahrten sehr oft und unbequem stehen
mußten.
Für die Auswahl spielte auch die Nähe zu einer
U-Bahn-Station eine Rolle. Außerdem sollte das Hotel wenigsten drei
Sterne = *** , ein Restaurant und Zweibettzimmer mit getrennten Betten
haben und die Visa-Karte akzeptieren. Mutig buchte ich das erste Mal in
meinem Leben Flug und Hotel "online".
Da ich Wert darauf legte, den Flughafen Heathrow zu benutzen,
weil dieser Flughafen als einziger Londoner Flughafen U-Bahn-Anschluß
hat, kamen Billigflüge nicht in Frage. Sie waren über Ostern
ohnehin schwer zu bekommen. Ich buchte bei der British Airways. Der Service
bei der BA war gut.
Das Exhibition Court Hotel, gebucht online bei www.inthotels.com,
wurde als *** - Hotel angeboten und war eine Absteige primitivster Art,
also ein totales Desaster. Ich werde darauf verzichten, Ihnen die Einzelheiten
zu erzählen. Ich habe mich nach der Rückkehr aus London mit
inthotels.com per Brief und Email in einem sehr harten Ton auseinandergesetzt,
mit der Folge, daß Sie das Exhibition Court Hotel unter www.inthotels.com
nicht mehr finden. Es kann durchaus sein, daß das keine besondere
Heldentat war. Vielleicht lagen noch andere Reklamationen vor. In der
letzten Email, die ich von inthotels.com erhielt, stand folgende Antwort
auf meine Frage, wie die Hotels zu ihren Sternchen kommen, >> Die
Klassifizierung eines Hotels wird vom Tourismusverband der jeweiligen
Stadt/Gemeinde veröffentlicht <<. Demnach hat sich der "Tourismusverband
London" ein sehr schlechtes Zeugnis ausgestellt und alle anderen
besseren *** - Hotels desavouiert.
Inthotels.com habe ich des Betruges bezichtigt, was diese
natürlich empört zurückwiesen. Ich weiß, daß
Betrug in Deutschland einen rechtsfreien Raum abdeckt, weil der Betrogene,
also der Geschädigte immer Vorsatz nachweisen muß. Zumindestens
ist aber inthotels.com seiner Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen. Das
bleibt an dieser Internetfirma hängen.
Mein Besuch in London war mein vierter in meinem Leben.
Ich war vor Ostern 2005 das letzte Mal Ostern 1981 in London. Die Stadt
machte diesmal auf mich einen sehr hektischen Eindruck. Alles ist kommerzialisiert.
Bei "Madame Tussaud's" ist jetzt in jedem Raum ein Andenkenstand
und man kann fast alle Figuren umarmen, abküssen und abtatschen.
Das Publikum ist nahezu hysterisch. Im "Tower" wurden, im Gegensatz
zu früher, keine Führungen angeboten. Die Menschenmassen werden
überall "durch einen großen Wolf" gedreht und kommen
an anderen Ende erschöpft wieder zum Vorschein. Das gilt für
fast alle Sehenswürdigkeiten. Nur in den Parks konnte man etwas Ruhe
finden. Im "Britischen Museum" brauchten wir kein Eintritt zu
bezahlen.
Die Straßen der Londoner City und darüber
hinaus, auch die Parks, sind mit Video-Überwachungs-Geräten
gut versorgt. Sie können nicht unbemerkt in der Nase popeln. Nach
meiner Rückkehr nach Berlin wurde mir berichtet, daß es durchaus
passieren kann, daß Ausschnitte aus diesen Videoaufzeichnungen am
nächsten Tag im englischen Fernsehen gesendet werden. Da wurde der
Geschlechtsverkehr eines jungen Pärchens im Park aufgezeichnet. Die
Wiedergabe des öffentlichen "Sex" kostete dem jungen Mann
den Arbeitsplatz. Liebe Leser, Sie können nun verstehen, wie wichtig
auch deutschen Parteipolitikern die Video-Überwachung in Straßen
und Parks ist und was uns bevorsteht, wenn unsere "Law und Order
-Freaks" sich durchsetzen.
Über die politisch-wirtschaftlichen Zustände
in London/England kann ich naturgemäß nicht viel aussagen.
"Von außen gesehen" und die Menschen im Blick, die ich
auf Londons Straßen gesehen habe, hat die "New Economy"
der vergangenen Premierministerin Thatcher, zusammen mit der Globalisierung,
das Land und die Menschen voll im Griff, obwohl der Labour-Premier Blair
schon lange an der Macht ist. Viele Menschen machen einen angespannten
Eindruck, auch wenn auf der anderen Seite die hohen Eintrittsgelder zu
den Sehenswürdigkeiten bezahlt werden. Ich will die Folgen der New
Economy bzw. der Globalisierung auch an dem Zustand der privatisierten
Metro (U-Bahn) festmachen: Sie ist teilweise verwahrlost, was insbesondere
auf die technischen Anlagen zuzutreffen scheint. Sehr deutlich ist das
dort zu sehen, wo die U-Bahn im Freien fährt.
In der Nähe unseres Hotels gab es einen Supermarkt,
der, die Feiertage ausgenommen, rund um die Uhr geöffnet hatte. In
diesem Supermarkt gab es eine gut besuchte "Bio-Ecke". Das Angebot
an Lebensmitteln entsprach in weiten Teilen dem Warenangebot eines Berliner
Supermarktes. Die Preise ähnelten sich ebenfalls.
Nils hat seine Sache, nämlich für sich und
für mich möglichst viel Englisch zu sprechen, sehr gut gemacht.
Er war wesentlich daran beteiligt, daß trotz des schlechten Hotels
die Stimmung gut blieb. Die eine Woche London war für ihn sicher
ein Erfolg und für mich trotz alledem ein Vergnügen (und eine
Erfahrung mehr).
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