Dieter Kersten - Februar 2008    
 

Oper: Wolfgang Amadeus Mozart "Le nozze de Figaro - Die Hochzeit des Figaro"

 
     
 

Die Staatsoper Berlin hat die Tradition, zu den Stücken ihrer Inszenierungen ein kleines Büchlein zu edieren, gut gebunden und gut redigiert, in dem nicht nur die Textvorlage der jeweiligen Oper, sondern auch - meistens - sehr interessante, informative Begleittexte veröffentlicht werden. Dieses Buch hat leider keine ISBN-Nummer und kann  im Buchhandel nicht bestellt werden. Sie können es als Opernbesucher für das jeweilige Stück vor Ort zusammen mit dem kostenlosen Programm erwerben. Es kostet, meiner schlechten Erinnerung nach, zwischen 11 und 15 Euro. Ob Sie dieses Büchlein schriftlich bestellen oder an der Theaterkasse erwerben können, habe ich noch nicht probiert.

Meine Vorrede gilt dem Besuch einer Aufführung von Le nozze de Figaro - Die Hochzeit des Figaro von Wolfgang Amadeus Mozart am Mittwoch, den 9. Januar 2008. Es handelt sich um die 61. Vorstellung nach der Premiere am 21. Mai 1999; die musikalische Leitung hatte  Dan Ettinger, die Inszenierung besorgte Thomas Langhoff. Die Aufführung fand in der Original-Sprache Italienisch statt, die Leuchtschrift oberhalb der Bühne gab die deutsche Übersetzung wieder.

Ich hatte das Stück bereits am 4. April 2000 in der Komischen Oper, in einer Inszenierung von Harry Kupfer nach einer Übersetzung von Walter Felsenstein, gesehen. Sie können den Text (Kommentar- und Informationsbrief NEUE POLITIK, Ausgabe Juni 2000) im Internet auf der Seite www.neuepolitik.comunter Kulturnachlesen. Ich verzichte deshalb auf eine Beschreibung der Geschichte der Oper. Über die Inszenierung selbst hatte ich wenig geschrieben, außer daß ich den politischen Charakter des Stückes hervorgehoben habe. Wahrscheinlich war der Name Walter Felsenstein, der Nachkriegsgründer der Komischen Operund Vorgänger von Harry Kupfer dafür verantwortlich.

Mozart selber ist in seiner Zeit „politischer“ gewesen,  als manche Anhänger seiner  exzellenten Musik wahrhaben wollen.

Die Inszenierung in der Staatsoper Berlin scheint mir etwas lockerer und freundlicher zu sein, als damals in der Komischen Oper. Das Bühnenbild der Staatsoper-Aufführung war  in den ersten Szenen unaufgeregt sparsam, fing dann aber an, für das Auge etwas anzubieten. Die Interpreten waren alle sehr gut „bei Stimme“ und spielten ihre Rollen überzeugend - wenn ich mir auch eine etwas jünger aussehende Susanna gewünscht hätte.

Zum Abschluß will ich aus dem eingangs erwähnten Büchlein einige Textstellen zitieren, die ich besonders gut und informativ empfinde. Ich zitiere aus dem Beitrag von Manfred Haedler, der  folgende Überschrift hat: »Welttheater der Liebe« - Utopie und Realismus in den Charakteren von Mozarts »Figaro«: „»Frau Gräfin, Vergebung!« oder original italienisch »Contessa perdono«, fleht Graf Almaviva zu Füßen seiner Angetrauten am Ende eines tollen Tages und eines verhinderten Seitensprungs. Und das nach dem unversöhnlichen sechsfachen Nein aus gleichem Munde, als er Sekunden zuvor selbst um Vergebung gebeten wird von der als Gräfin verkleideten Zofe Susanna, dem Kammerdiener Figaro, dem Pagen Cherubino, dem Gärtner Antonio, dessen Tochter Barbarina, der Figaro-Mutter und künftigen Arztgattin Marcellina und dem Musikmeister Basilio. Sie alle haben eben erst ihren Herrn kniefällig, aber durchaus unernst um Verzeihung gebeten, und er hat sie ernst und brüsk verweigert. Das bloße Erscheinen der Gräfin klärt die Verkleidungsposse, löst die Verwirrung, offenbart das gräfliche Unrecht, seine angemaßte, grundlose Eifersucht und verwandelt den aufgeblasenen Rache-Engel in einen reuigen Sünder. Ganze vier Andante-Takte in G-Dur, eine schnörkellose, eindringlich gesteigerte Bittgeste benötigt Mozart, um den Wandel eines Saulus zu einem Paulus zu beglaubigen. Mozarts Musik läßt keinen Zweifel an der Redlichkeit dieses Wandels zu. Nur ohrenlose Regisseure lassen ihren Grafen im abschließenden turbulenten Allegro-Finale dieses tollen Tags unter den Töchtern des Schlosses nach neuen Opfern seiner Schürzenjägerei suchen und der kleinen Barbarina neuerlich ans Mieder gehen. Mozarts Noten belegen solches Tun nicht, Doppelsinn und Laster liegen ihnen fern. Er läßt an des Grafen Liebesfähigkeit keinen Zweifel und bezeugt ihm im Augenblick sogar Treue. Die Gräfin verzeiht mit einer ganz eng verwandten musikalischen Phrase, ergänzt durch eine kokette kleine musikalische Verzierung, und besiegelt so die Versöhnung. Die Palastrevolte gegen Adelsdünkel und das angemaßte feudale Recht der ersten Nacht erreicht den Verursacher des moralischen Aufstands, zwingt auch ihn in den Bann der Humanität und entbindet dabei auch seinen menschlichen Kern, sein humanes Fühlen.   ......   Doch Mozart malt andererseits auch kein Gemälde mit pausbäckigen, harmlosen Strahlemännern und -weibern, sondern er schafft Menschenbilder von aufgeklärter Differenziertheit, voller Hoffnungen, dennoch mit Abgründen und Widersprüchen.  .... Der Diener gleicht seinem Herrn, beide, Figaro wie Almaviva, offenbaren sich als erziehungsbedürftige, wenn auch nicht ganz hoffnungslose Machos.“

Zweidrittel der Theaterplätze waren besetzt. Da Ferien waren, hätte ich mir gewünscht, daß mehr junge Besucher anwesend gewesen wären.
Es war ein schöner Abend in einem schönen Haus.

 
     
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