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(D.K.) Wenn Sie sich mit Shakespeares Hamlet befassen und nicht vorzeitig an manchen langen Monologen verzweifeln, dann finden Sie einen Tragödien-Text vor, welcher einen großen Teil der Kulturentwicklung Europas bis zu Shakespeares Dichtertat spiegelt. Es könnte ein spannendes, ein ereignisreiches Theaterstück sein Es ist auch als Lesestoff geeignet. Mir liegt das Reclam-Heftchen mit dem Text in der Übersetzung von August Wilhelm Schlegel vor.
Ich verweise an dieser Stelle auch auf das Internet. Im Internet-Lexikon Wikipedia finden Sie eine genaue Beschreibung (Zusammenfassung) des Stückes Hamlet mit einigen unterschiedlichen inhaltlichen Interpretationen.
William Shakespeare lebte von 1564-1616. Er verfaßte das Stück Hamlet wahrscheinlich zwischen 1598 und Sommer 1602. Shakespeare war ein Theater-Pragmatiker, der vielfach mit Hilfe der Historie über die eigene Zeit berichtete, sie karikierte und vielleicht sogar das Ziel hatte, die Menschen zu bessern. Das Theater der damaligen Zeit vermittelte Nachrichten aus aller Welt, war u.a. gesellschaftlicher Mittelpunkt der Stadt und der Region und damit ein Treffpunkt der Bürger aller gesellschaftlicher Schichten Die Menschen des 16./17. Jahrhunderts lebten ohne Radio, Fernsehen und Internet. Die Zahl der Analphabeten war deutlich größer als heute. Die Voraussetzungen für das Theater waren völlig anders.
Ich sah am Freitag, den 13. März im Maxim-Gorki-Theater ein Theaterstück, von dem offensichtlich fast alle Anwesenden behaupteten, es sei der Hamlet von William Shakespeare. Ich kann das auch anders schreiben: Anno 2008/2009 benutzt der 28jährige Regisseur Tilman Köhler Shakespeares Hamlet, um vermeintliche Gegenwartsprobleme abzufragen und erzeugt dabei ein konfuses Bild von einem historischen Stück.
Die Aufführung war total langweilig, ohne jede Spannung, mit Hinzudichtungen. Der Regisseur hat nicht darauf geachtet, daß deutlich artikuliert gesprochen werden muß, damit auch Geflüster auf der Bühne im Ohr des Theaterbesuchers ankommt. Das war nicht nur mein Problem. Die Aufführung dauerte mit Pause dreieinhalb Stunden. Ich gestehe, ich bin zwischendurch eingeschlafen. Hoffentlich habe ich nicht geschnarcht.
Die Aufführung war gut besucht. Es war mindestens eine Abiturklasse im Zuschauerraum. Es wurde geklatscht (in Berlin wird alles beklatscht, habe ich manchmal den Eindruck).
Das Programmheft kostet € 1,50 und ist inhaltlich äußerst mager. Die Premiere dieser Inszenierung war am 21. Mai 2008.
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(D.K.) Am 5. April fuhr ich zum Renaissance-Theater in Berlin-Charlottenburg, um mir die Komödie Frohe Feste von Alan Ayckbourn anzusehen.Der Besuch endete unerwartet. Es ist mir, glaube ich, das erste Mal passiert, daß ich eine Theateraufführung in der Pause verlassen habe.
Was ich nicht wußte: Alan Ayckbourn, geboren am 12. April 1939, gilt als ein erfolgreicher britischer Autor von Theaterkomödien. Auf der Wikipedia-Seite über Ayckbourn steht u.a. folgendes: Ayckbourns Komödien beschäftigen sich mit den Umgangsformen der britischen Oberschicht. Ayckbourn gilt auch als Meister der Farce.
Auf der gleichen Wikipedia-Seite wird ein Beitrag aus der Wochenzeitschrift DIE ZEIT (ohne Datum- und Verfasserangabe) abgedruckt: Ayckbourn ... schreibt über die Mühen der modernen Menschheit, den Pleuelstangen, Zahnrädern, Kolben des "großen Mechanismus" auszuweichen. Wo Shakespeare die Menschen exemplarisch fallen läßt, sieht Ayckbourn sie alltäglich hüpfen, stolpern und tanzen. Wo bei Shakespeare die Männer Macht und Bedeutung haben, sind bei Ayckbourn längst die Frauen Trägerinnen der Potenz und des Lebenswillens. In seinem Werk finden wir Damen vom Schlag Camilla Parker Bowles; seine Männer sind einfühlsame, zaudernde Wichte.-
Ach, ja, die „Menschheit“, welch ein erhabener Gedanke. Über Farce schreibt mein Duden: >Posse, Verhöhnung, Karikatur eines Geschehens.<
Diese drei Kriterien werden bei der „Komödie“ Frohe Feste unzureichend erfüllt. Ich gebe zu, daß ich den „englischen Humor“ nie verstanden habe. Mit der „britischen Oberschicht“ habe ich auch nichts im Sinn, auch nicht mit Camilla Parker Bowles. Über Frauen als Trägerinnen von Potenz in diesem Stück schweige ich lieber.
Das Stück handelt von Ehepaaren, die sich drei Jahre lang, zu Weihnachten, abwechselnd, in ihren Wohnungen treffen und sich primitiv, völlig unkomödiantisch angiften. Das Publikum lacht.
Wenn die Dialoge spritzig sind und die Handlung paßt, ertrage ich auch so manche „Klamotte“. Diesmal schienen selbst die Akteure, die Schauspieler, keine Freude an ihrem Spiel zu haben, denn sie spielten schlecht.
Die Uraufführung des Stückes fand 1972 in London statt, die deutsche passierte 1974 im Thalia Theater Hamburg. Die Berliner Premiere im Renaissance-Theater war am 13. Dezember 2008.
Am 5. April 2009 waren höchstens 40 % der Plätze besetzt. Anfänglich war die Irritation des Publikums über das übertriebene Spiel zu spüren. Das hatte aber keine Folgen. Meine Nichte und ich, wir wollten das „britisch-englische Thema Frohe Feste“ nicht „aussitzen“. Wir scheinen die Einzigen gewesen zu sein, die das Theater vorzeitig verlassen haben.
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(D.K.) Am Oster-Sonnabend, den 11. April, hatte ich das Vergnügen, einem Konzert des Landesjugendorchesters Berlin beiwohnen zu dürfen. In der Kulturscheune des Gutshofes Woldzegarten in Mecklenburg-Vorpommern hörte ich drei Orchesterstücke der Komponisten Niels Wilhelm Gade, Edvard Grieg und Jean Sibelius. Der Eintritt war frei.
Der Gutshof Woldzegarten liegt in sehr schöner Landschaft in der Nähe von Malchow, Waren und Röbel. Gutshof und Kulturscheune sind Zeugnisse eines historischen landwirtschaftlichen Reichtums, den es heutzutage in Mecklenburg-Vorpommern kaum mehr gibt und durch eine globalisierte Industrie auch nicht ersetzt werden kann. Viele Gutsherren-Familien haben vor 1945 bescheidener gelebt als so mancher Angestellter oder Arbeiter heute. Ihre Liegenschaften waren und sind trotzalledem von so hoher Bau-Qualität (Bau-Substanz), daß sie den 2. Weltkrieg und den Schlendrian des DDR-Sozialismus überlebten. Sie werden auch die Betonbauten der heutigen Zeit überdauern, wenn sie gepflegt werden. Der fruchtbare landwirtschaftliche Boden wird meines Erachtens unzureichend genutzt. Demeter und Bioland könnten hier Pionierarbeit leisten.
Übrigens gehörte das Gut Woldzegarten bis 1945 der Familie von Flotow. Der Komponist Friedrich Adolf Ferdinand von Flotow ist 1812 auf Gut Teutendorf, auch in Mecklenburg-Vorpommern, zur Welt gekommen. Seine Nachfahren haben in der Nähe von Woldzegarten vor kurzem einen Gutshof zurückerworben.
Die Kulturscheune in Woldzegarten enthält einen Saal, in dem 500 bis 600 Personen Platz finden würden. Ungefähr 300 Gäste waren zu dem Konzert des Landesjugendorchesters Berlin gekommen, nach Auskunft an der Rezeption des Hotels mehr Menschen als erwartet. Das Landesjugendorchester Berlin besteht aus 65 Instrumentalisten zwischen 14 und 25 Jahren. Hinzu kam die junge Pianistin (ca. 18 Jahre) Julia Kammerlander.
Gespielt wurden die Konzert-Ouvertüre op.1 „Nachklänge von Ossian“ von Niels W. Gade, Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 16 von Edvard Grieg und Sinfonie Nr. 1 e-Moll op. 39 von Jean Sibelius. Der Dirigent Hermann Bäumer ist „jugendorchester-erfahren“ und der Älteste im Team. Er hat das Jugendorchester im Griff.
Ich muß gestehen, daß ich von dem Komponisten Niels W. Gade (1817bis 1890), geboren undgestorben in Kopenhagen,bisher nichts wußte. Zusammen mit dem Norweger Grieg (1843-1907), geboren und gestorben in Bergen und dem Finnen Sibelius (1865-1957), geboren in Hämeenlinna (Finnland) und gestorben in Järvenpää bei Helsinki, werden alle drei nordischen Komponisten der Romantik bzw. Spätromantik zugerechnet.
Das Jugendorchester spielte alle drei Stücke, die meiner Ansicht nach nicht leicht zu spielen sind, mit Bravour und Einfühlungsvermögen. Die Pianistin war nicht nur souverän in ihrem Spiel, sondern vorzüglich. Weder beim Orchester noch bei der Pianistin habe ich irgendeinen Fehler gehört.
Für eine solche Jugend läßt sich schnell schwärmen.
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