Dieter Kersten - September / Oktober 2012    
 

Theater:
Luchino Visconto "Rocco und seine Brüder" und
André Roussin "Die Lokomotive"

 
     
 

(D.K.) Am 26. August sah ich im Maxim Gorki Theater zu Berlin das Theaterstück Rocco und seine Brüder, nach einem Film aus dem Jahr 1960 von Luchino Visconto. Ich mußte das Internet bemühen, da ich weder damals noch heute den Film gesehen habe.  Am 27. September 2008 wurde die aus dem Niederländischen ins Deutsche übersetzte Bühnenfassung des Filmes in der Jahrhunderthalle Bochum uraufgeführt. Diese Bühnenfassung, jetzt aber  unter der Regie von Antú Romero Nunes,  habe ich im Maxim Gorki Theater gesehen.

Rocco und seine Brüder waren 1960 in Italien ein  wichtiges Thema, mit einer eigenen Dramatik. Rocco und seine Brüder verließen ihre Heimat im Süden Italiens,  setzten sich in die Eisenbahn, und fuhren nach Mailand. Sie waren Teil einer Völkerwanderung von ca. 3 Millionen Menschen, die der Armut entflohen und in Norditalien und in Mittel- und Nordeuropa Arbeit suchten.  Die Süditaliener entdeckten damals die Industrialisierung des Nordens und den damit verbundenen Wirtschaftsboom.

Das war 1960. In Italien 2012 findet sich (in Deutschland? - in Europa?) kein Dramatiker, der z.B. die asozialen Zustände im reichen Italien oder Deutschland beschreibt. Wir haben in Deutschland 3 Millionen Arbeitslose, freundlich gerechnet, und eine Verwaltung, die diese Arbeitslosigkeit obrigkeitsstaatlich verwaltet.

Die historische Sozialkritik von Luchino Visconto kann nicht so ohne weiteres auf die Jetztzeit übertragen werden, auch wenn Theater Theater ist. Die Darsteller und der Regisseur Antú Romero Nunes haben sich vergebliche Mühe gegeben.

Das Berliner Bürgertum im gut besuchten Maxim Gorki Theater klatschte lebhaft Beifall.

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(D.K.) Die Lokomotive ist reinstes Boulevardtheater, ohne jeden Anspruch auf irgendeinen geistigen Tiefgang oder moralische Belehrung, mit viel Anlaß zum Lachen. Ich sah das Theaterstück am  9. Oktober 2012 im Theater am Kurfürstendamm. Das Stück stammt von dem Franzosen André Roussin (1911-1987). Die Übersetzung hat Hans Weigel (1908- 1991)  besorgt. Jürgen Wölffer, geboren 1944, hat das Stück bearbeitet und führte Regie.

Die Hauptrolle spielte Anita Kupsch, eine „Berlin-Wilmersdorfer“ Pflanze, geboren 1940 als Tochter eines Schrotthändlers. In dem sechsköpfigen Ensemble spielte auch ihre Enkelin Lea Schobesberger, 19 Jahre jung, die, soweit ich es beurteilen kann, ihrer Großmutter nicht nur die Jugend (und „die natürliche Frische“) voraus hat.

Das Theater war gut besucht. Das Publikum erklatschte sich einige Vorhänge.
 
     
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