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Der nachfolgende
Text bedarf einer Erklärung. Er ist von Nils, 10 Jahre alt, geschrieben
worden, ich nehme an, von dem jüngsten Autor, den es in der Geschichte
der NEUEN POLITIK jemals gegeben hat. Ich war mit der Familie Krumschmidt
eine Woche in Wustrow/Darß im Urlaub, d. h. Nils war mit seiner
Mutter und mit Ines und Familie vorgefahren und berichtete mir ganz aufgeregt
von der Störtebeker - Aufführung auf Rügen. Ich sagte dann
so leichthin - na, dann kannst Du ja einen Bericht für die NEUE POLITIK
schreiben - und Nils war Feuer und Flamme. Wir entliehen uns in der Wustrower
Ortsbibliothek Störtebeker aus der Reihe dtv - junior (leider
vergriffen) und nun begann die Vertiefung des Themas Störtebekcr.
Es war ja klar, nunmehr, als Autor der NEUEN POLITIK, mußte sich
Nils mit den historischen, sozialen und wirtschaftlichen Hintergründen
der Piraterie befassen. Es stellte sich heraus, daß sein Held Störtebeker
eigentlich ein ganz mieser Gewaltmensch war. Es gab Diskussionen mit Nils
und sehr nachdenkliche Reflexionen. Wie heißt es so schön:
Ähnlichkeiten (mit der Gegenwart) sind rein zufällig. Nils hat
dann selbständig, unter Zuhilfenahme des Rügener Theaterprogrammheftes,
den nachfolgenden Text geschrieben und ist ganz stolz darauf, daß
der Text in der NEUEN POLITIK erscheint. Ich habe als Herausgeber nichts
geändert. Eine kleine Bemerkung dazu: die so plötzlich im Text
auftauchende Nele ist die Freundin von Störtebeker.
Kinder sind sehr leicht zu begeistern und wir Erwachsenen neigen dazu,
die Begeisterung schnell zu dämpfen (weil sie uns auch auf die Nerven
gehen kann), anstatt sie in kreative Bahnen zu lenken. Das heißt
natürlich auch, daß Kinder gefordert werden müssen. Nur
wenige Erwachsene (Eltern, Großeltern ect.) folgen dieser Notwendigkeit
- aus Bequemlichkeit - und jammern dann, wenn sich die Kreativität
in Gewalt auflöst.
Und noch eins. Hören Sie Kindern gut zu, Sie können viel lernen.
Gesprengte Ketten
von Nils Arne Krumschmidt
Anfang August 1998 habe ich meine Ferien in Wustrow an der Ostsee verbracht.
Mit meiner Schulkameradin Ines, die auch mit ihrer Familie hier war, hatten
wir ein paar Tage nach unserer Ankunft einen Einfall: wir wollten die
Störtebeker-Festspiele in Ralswiek auf der Insel Rügen besuchen.
Auf dieser einzigartigen Naturbühne finden die Festspiele schon zum
sechsten mal statt. Die Aufführung >> Gesprengte Ketten <<
spielt im Jahre 1390, während des Krieges zwischen Mecklenburg und
Dänemark. Auf dem Marktplatz von Stralsund versucht Goedecke Michels
seine geklauten Waren zu verkaufen. Er ist einer der bedeutendsten Seepiraten
in seiner Zeit. Seine gelungenen Geschäfte feiert er mit einem Krug
Bier und dabei stört ihn der Mönch Nicodemus mit seiner Predigt
über die Gerechtigkeit. Da kommt Klaus von Alcun angeritten und schafft
es gerade noch, einen wütenden Kampf zwischen den beiden zu verhindern.
Zur Versöhnung trinkt Klaus mit Goedecke einen Krug Bier. Ein auf
einen Zug geleerter Krug Bier beeindruckt Goedecke schwer und er gibt
Klaus den Spitznamen >> Stürzdenbecher <<. In einer neuen
Szene tritt Margarete ( Königin von Dänemark) mit Wulf Wulflam,
dem Stralsunder Bürgermeister, auf. Sie bietet ihm 5.000 lübische
Mark an, damit er den dänischen Schiffen den Hafen von Stralsund
offen hält. Das hindert ihn aber nicht, gleichzeitig für den
Herzog Johann von Mecklenburg >> Kaperbriefe << den Piratenhäuptlingen
anzubieten, damit sie dänische Schiffe straffrei berauben können.
Eine weitere Szene zeigt Graf von Putlitz mit seiner Schwester, wie sie
zum Vater von Klaus reiten. Durch eine Heirat will der reiche Putlitz
die Ländereien der beiden Familien vereinen. Durch die Abwesenheit
von Klaus kommt es noch zu keinem Entschluß, aber zu einem folgenschweren
Zwischenfall: Durch den Ungehorsam von Neles Bruder soll Nele zur Strafe
zum Frondienst auf Schloß Putlitz. Selbst der zurückkommende
Klaus kann es nicht verhindern: er wird ans Mühlrad gekettet und
durch das Wasser geschleift. Das Unheil nimmt seinen Lauf. Lange muß
Klaus nach Nele suchen, bevor er sie in Stralsund wiederfindet und trotzdem
ihren Tod nicht verhindern kann. Der Mord an seinem Vater stürzt
Klaus in tiefe Verzweiflung. Von nun an will er den Reichen nehmen und
den Armen geben und nennt sich ab jetzt Klaus Störtebeker ( von Stürzdenbecher).
Zum Schluß der Aufführung wird der Bürgermeister von Stralsund
erwischt, wie er den ersten Teil seines Lohnes für den Verrat an
Stralsund einnimmt. Störtebeker kann dies zwar mit seinen Gehilfen
stoppen, aber nun wartet der Galgen auf ihn. Am anderen Morgen soll er
gehenkt werden. Da kommt Goedecke und befreit ihn. In der Aufführung
wurde das Piratenleben sehr herrlich dargestellt. Aber das wirkliche Piratenleben
war damals sehr schlimm. Trotzdem hat mir die Aufführung gefallen.
Die vielen Szenen und Lichteffekte waren sehr schön. Dramatisch wurde
es, als Nele dem Feuer zum Opfer fiel und ins Wasser stürzte. Das
Schlußfeuerwerk war am allerschönsten. In dieser spannenden
Aufführung haben über 120 Menschen, 4 Schiffe und 20 Pferde
mitgewirkt.
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