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In der Wochenzeitschrift
JUNGE FREIHEIT vom 17. Oktober wurde ein Beitrag von Doris Neujahr unter
der Überschrift Deutschland braucht eine politische Idee abgedruckt.
Untertitel: Lage der Nation: Die derzeitige Krise kann nur überwunden
werden, wenn die politischen Lager wieder Kraft aus Visionen schöpfen.
Na endlich, dachte ich, fleißig stolpernd über die Einzahl >Idee<
und die Einschränkung >politische<. Wenigsten eine Idee haben
sie, die Konservativen.. Also, ich fing an zu lesen.
Um es kurz zu machen, außer Polemik gegen die Regierung ist nichts
Neues in dem Beitrag von Doris Neujahr zu finden. Der Satz > Rotgrün
hat sich diskreditiert, nachdem es fünf Jahre lang das Land fröhlich
auf Verschleiß gefahren hat < stimmt so nicht. Alle Regierungen
der Vergangenheit haben ihren Anteil an dem Verschleiß, insbesondere
die der bleiernen Zeiten der Kohl-Herrschaft von 1982 bis 1998. In diesen
Zeiten sind nicht nur die internationalen Globalisierungs - Entscheidungen
gefallen - es sind auch wesentliche handwerkliche Fehler bei der Übernahme
("Eingemeindung") der DDR gemacht worden. Die Geschichte der Bundesrepublik
Deutschland alt und der DDR ist eine Geschichte von Aneinanderreihungen
wirtschafts- und sozialpolitischer Lügen, Lügen, die die immer
satter werdenden Oligarchien der Bundesrepublik Deutschland und der damaligen
DDR ständig Futter gaben und den jeweiligen Staatsvölkern vorgaukelten,
ständiges wirtschaftliches Wachstum bringe das Paradies auf Erden.
Die Folge waren und sind Schulden über Schulden.
Auch die Schröder-Regierung schreit nach Wachstum. Wachstum wohin?
Die einkommensschwachen, und unter ihnen die immer weniger werdenden kinderreichen
Familien, die Einzigen, bei denen der Konsum noch wachsen könnte, bleiben
innerhalb des turbokapitalistischeen Wirtschafts- und Steuersystems einkommensschwach.
Diejenigen also, die einkommenschwach sind, können zum Wachstum nicht
beitragen. Die Anderen sparen und spekulieren. Investiert wird nur dort,
wo die Gewinnzusagen besonders hoch sind.
Die Lage der Nation ist eindrucksvoll schlecht
wie kurios: der mittelständische Bürger spart, woran? - am Konsum!
Die guten alten Sparkonten erleben ein Wachstum wie nie zuvor. Der Bürger
spart aus Angst, sozial abzusteigen, durch Arbeitslosigkeit zum Beispiel.
Gleichermaßen nehmen Firmen - und Privat- Insolvenzen zu und es steigt
die Arbeitslosigkeit. Mit der Arbeitslosigkeit steigen die Defizite in Renten-
und Krankenkassen. Die Bundesanstalt für Arbeit (das Arbeitsamt) braucht
ständig Zuschüsse aus unserer aller Steuersäckel. Die Lohnnebenkosten
sollen nicht erhöht werden, weil dann angeblich die Wettbewerbsfähigkeit
der Deutschen Wirtschaft sinkt.
Zusammenfassung: unser Geld- und Bankensystem macht es möglich, daß
der Wohlstandsbürger das Geld dem Wirtschaftskreislauf entziehen kann,
durch das Sparen und das Spekulieren. Dabei ist Geld keine Ware, genauso
wenig wie Grund- und Boden. Geld ist das Blut der Wirtschaft
und Blutsauger sind in erster Linie diejenigen,
die diesen Tat- und Sachbestand leugnen, den Bestand ihrer Sparkonten erhöhen
und spekulieren. Sie verhindern "als brave Leute" damit auch,
daß die mediale Öffentlichkeit die wirtschaftspolitischen Ideen
von Rudolf Steiner und Silvio Gesell diskutiert, und daß eine moderne
Wirtschaftswissenschaft entwickelt wird, die den Wirtschafts- und Geldkreislauf
in Zukunft stabil hält.Das Versagen der hochbezahlten Wirtschaftswissenschaftler
wird mit jedem Arbeitslosen immer deutlicher. Wir leisten uns an den Universitäten,
Hochschulen und Instituten ein Heer von Versagern. Wie lange noch?
Eine Warnung an die Sparer: die hohen Staatsschulden Deutschlands und anderer
Euro- Länder und der ruinöse Zinsendienst für diese Schulden
werden kurz über lang zu einer wesentlich größeren Inflation
führen, als wir Deutsche es bislang gewöhnt sind. Bis zu drei
Prozent Inflation waren in der alten Bundesrepublik durchaus üblich;
was uns erwartet, wenn wir keine neue Geld- und Wirtschaftspolitik einführen,
das ist eine Inflation von vielleicht 30 % im Jahr oder mehr, viel wirksamer
als jede Vermögenssteuer, die den Sparer enteignet, den Mittelstand
ruiniert und die Herrschaft der multinationalen Großkonzerne erhöht.
Eine Einschränkung, die vielleicht wichtig ist: auch multinationale
Konzerne wollen ihre Autos: ihre Verbrauchsgüter, ihre Baumaterialien
verkaufen. Wenn die Raffgier zu groß ist, werden auf Jahrzehnte Märkte
zerstört. Aber wissen das die Blutsauger?
Die Lage der Nation in den Rentenkassen ist ebenfalls
katastrophal. Die Rentenkassen waren immer solidarisch angelegt, über
100 Jahre lang. Dieses solidarische Prinzip ist auf jeden Fall besser, als
die so genannte "Riester"-Rente, die, steuergeld - unterstützt,
vom Kapitalmarkt abhängig sein wird. Der Kapitalmarkt ist aber eine
Hure mit sehr vielen anonymen Zuhältern. Die "Riester"-Rente
wird, solange Globalisierung und Spekulation Deutschland, Europa, die gesamte
Erde beherrschen, wesentlich unsicherer sein als ein soldarisches Prinzip.
Was hat die Rentenkassen ruiniert: eine falsche Familienpolitik, der unsolidarische
Auschluß der Beamten, die weitgehend geld-deckungslose Hereinnahme
der ehemaligen DDR-Bevölkerung in das solidarische System, wie auch
der in die Hunderttausenden gehenden russischen Zuwanderer, die angeblich
Deutsche sind. Und natürlich auch der sich fortsetzende Niedergang
der deutschen Wirtschaft? Das Fragezeichen soll nur Aufmerksamkeit hervorrufen,
denn das Kapital, insbesondere das von deutschen Sparern und deutschen Spekulanten
in Aktien und Fonds festgelegte Geld, ist dem Geld- und Kapitalgeber entglitten.
Es wird anonym mißbraucht. Kein Arbeitsplatz mit sozialer Bindung
entsteht durch dieses anonyme Kapital aus Deutschland oder aus anderen Ländern
Diese Erkenntnis gehört in eine Diskussion um ein neues Geld- und Wirtschaftssystem.
Auch im Krankheitswesen bin ich für ein solidarisches System, aber
nur dann, wenn ich die Freiheit habe, über meinen Körper, über
meine Gesunderhaltung und die Methoden der Gesundung selbst zu bestimmen.
Ich bin der Auffassung, daß die Krankenkassen verpflichtet werden
müssen, noch mehr Vorsorge, als es zur Zeit geschieht, anzubieten und
daß sie alle Vorsorge- und Heilmethoden gleichberechtigt nebeneinander
akzeptieren sollten. Die Schulmedizin hat in einigen Bereichen, wie z. B.
in der Unfallchirugie, erstaunliche Erfolge; in vielen anderen Bereichen
versagt sie fast völlig. Eine jüngst durchgeführte Untersuchung
ärztlicher, schulmedizinischer, Fähigkeiten und Kenntnisse Berliner
Ärzte durch die Berliner Kassenärztlichen Vereinigung ist erschreckend
negativ ausgefallen. Schlimmer kann es mit Heilpraktikern und Geistheilern
auch nicht kommen, eher besser. Teile der Pharmaindustrie werden sehr schnell
überflüssig werden, und das ist gut so. Das jetzige Krankheitssystem,
der "Gesundheitskompromiß" zwischen Regierung und CDU/CSU
schafft nur Kosten für den Versicherten. Die Herausnahme zahnärztlicher
Leistungen aus dem solidarischen Versicherungsprinzip bedeutet, daß
in Zukunft die Zahnärzte mit erhöhten, den privaten Honorarsätzen
abrechnen werden, da die in Zukunft angebotenen Zusatzversicherungen, auch
bei den gesetzlichen Krankenkassen, als private Versicherungen gelten. Deshalb
sind die genannten Beitragssätze Lügen, nichts weiter. Die Zahnarztkosten
werden exorbitant steigen und damit auch die Versicherungsprämien.
Ärzte, Krankenhäuser und Pharmaindustrie haben durch den "Gesundheitskompromiß"
keinen Cent Nachteil. Im Gegenteil - durch die stärker gewordene Bürokratisierung
ist das System noch undurchsichtiger geworden, und damit für Ärzte,
Krankenhäuser und Pharmaindustrie lukrativer, da manipulierbarer.
Natürlich sind die Probleme bei den Renten- und Gesundheitskassen schon
seit Jahrzehnten bekannt. Immer wieder haben Bevölkerungswissenschaftler
gewarnt. Immer wieder stand auch etwas in den Zeitungen. Aber die Klientelpolitk
aller Parteien war stärker und hat zu dieser Schieflage geführt.
Deutschland, Bundesrepublik alt und neu, ist zu einem extrem kinderfeindlichen
Land mutiert. Gefördert durch das Primat des Materiellen hat sich eine
Kultur der Raffgier und des Egoismus entwickelt. Wer nicht trickst, ist
dumm. Anstatt Familien zu fördern, stand und steht einseitig die Emanzipation
der Frauen und die Rechte der Lesben und Schwulen auf den politischen Agenden.
Von Pflichten ist natürlich keine Rede. Kinder? Igitt, igitt. Die rauben
uns doch nur unser Mittelklasse-Auto und unsere Reise nach den Malediven.
Und die Wohnung - ohne Kinder - muß ja mindestens 80 qm groß
sein. Die 100 qm mit Kind, die sind uns selbstredend zu teuer. Kinder als
potentielle Beitragszahler sind also nicht im ausreichenden Maße geboren
worden. Nun sollen die Renten gekürzt werden und die Krankenkassenbeiträge
werden real erhöht. Das Geschrei wird immer größer, ändert
aber nichts an den Tatsachen. Die Jungen, die ständig zahlen müssen,
haben die Nase voll. Ich kann das verstehen, obwohl ich kein Junger mehr
bin; ich bin nämlich auch ein Alter, kinderlos dazu. Ich bin bereit,
meinen Obolus zu entrichten.
Deutschland braucht viele Ideen und die Lage
der Nation: Demokratie ist in Deutschland Parteiendemokratie
und Klientel-Demokratie. Parteiendemokratie ist Diktatur der
Unfähigen und der Staats-Bürokratie. Wir müssen
auf allen politischen Ebenen und in allen Vorgängen, die das Gemeinweisen
betreffen, direkte Demokratie einführen. Volksbegehren und Volksentscheid
sind die ersten, wichtigen Instrumente für eine direkte Demokratie.
Der 2. Schritt sind Vorwahlen, die die Ab-geordneten-Kandidaten dem Votum
des Volkes unterwerfen. Der 3. Schritt, das ist die Kontrolle der Parlamente
durch die Nachbarschaften. Direkte Demokratie kostet Zeit und Mühe.
Das ist aber eine Voraussetzung für eine Gesundung des Gemeinwesens.
Die ewigen Jammerer, denen die Renten zu niedrig und die Steuern zu hoch
sind, muß gesagt werden: kümmere Dich selbst darum. Wenn Du es
nicht tust, dann hast Du auch kein Recht auf Jammern. |
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