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Deutschland
hat gewählt. Wann? Am 28. November des Vorjahres. Was? Die 50 "besten"
Deutschen. Eine Fernsehwahl im ZDF. Ganz Tele-Modern.
Konrad Adenauer (1876-1967), eine Kölner Skandalfigur der Weimarer
Republik und ab 1949 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, ein
Protagonist des Kalten Krieges und damit der Teilung Deutschlands, schaffte
es auf den 1. Platz. Sein Mitstreiter und gelegentlicher Widersacher (???)
Ludwig Erhard (1897-1977) kam nur auf den 27. Platz, einen Platz hinter
Michael Schumacher (geb. 1969 und Formel-1-Pilot) und einen Platz vor
Wilhelm Conrad Röntgen (1845-1923). Von den Oppositionsführern
Kurt Schumacher und Erich Ollenhauer, "Zeitgenossen" von Adenauer
und Erhard, ist unter den fünfzig "Besten" keiner zu finden.
Auf dem 2. Platz steht erstaunlicherweise Martin Luther (1483-1546). Hinter
seinem Namen steht schlicht Reformator. War es das, der Reformator, also
die Reformen, nach denen sich die Abstimmer sehnen, oder war es der von
mir nicht gesehene und zur Zeit überall präsente Hollywood-Film
über Martin Luther, der zu dem 2. Platz führte? Luther war am
Anfang ein religiöser Feuerkopf und zum Schluß ein Fürstenknecht.
Sein Widerstreiter und Zeitgenosse Thomas Münzer ist unter den 50
Besten nicht zu finden.
Erstaunlich und beachtlich ist es, daß Karl Marx (1818-1883), Philosoph,
den 3. Platz erreicht hat. Das versöhnt mich fast mit dieser "Wahl-Veranstaltung"
und den Fernsehzuschauern in Deutschland, obwohl ich kein "Marxist"
bin. Nur noch ein Philosoph schaffte es unter den ersten fünfzig:
Immanuel Kant (1724-1804). Er erreichte den 43. Platz. Wären Adenauer
und Marx "Zeit- und Landesgenossen" gewesen, dann hätte
Marx, in Folge des KPD-Verbotes der 50iger Jahre des vorigen Jahrhunderts,
einen Teil seines Lebens hinter Gittern verbracht.
Die restlichen 47 "Besten" erspare ich mir. Es ist ein ziemliches
Durcheinander und damit vielleicht auch ein Spiegelbild der kulturellen
und seelischen Verfassung der Menschen, die in der Bundesrepublik Deutschland
leben. Ach ja, daß Richard von Weizsäcker nur den 48. Platz
erreicht hat, direkt hinter Heino, das hat mich mit klammheimlicher Freude
erfüllt.
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