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Es
ist Wahlkampf in Deutschland, Schlußspurt und die Frage, ob wieder
einmal ein Präventivkrieg, diesmal gegen den Irak, erlaubt, geboten
oder verwerflich ist, erhitzt zurecht viele Gemüter. Da sagt bei
einer der vielen Fernsehdiskussionen ein Teilnehmer, nach Auftreten und
Rede ein Mann von Bildung, "wir müssen mit Amerika gehen, denn
ohne die Vereinigten Staaten sind wir verloren". Soweit ist es gekommen,
daß unbekümmert so gedacht und unwidersprochen so geredet werden
kann, obwohl jeder weiß oder doch wissen kann, daß maßgebenden
Kreisen in den USA die Selbstkontrolle entglitten ist, daß ein Zustand
eingerissen ist, der gerade anders beschrieben werden muß, nämlich:
Wenn die Vereinigten Staaten so weiter machen, sind wir mit ihnen verloren.
Wie konnte es dahin kommen, war doch Nordamerika das
Beste, was Europa hervorbrachte, war dieses Nordamerika, wie vor 200 Jahren
geschrieben wurde, "eine neue Welt zum Asyl für die verfolgten
Freunde der bürgerlichen und religiösen Freiheit aus allen Teilen
Europas geworden". Jetzt soll für Viele in den USA die von hier
ausgehende "neue Weltordnung" die "Achse des Bösen"
zerbrechen, soll zuende gedacht "am amerikanischen Wesen die Welt
genesen". Die Bewohner der USA sind ein christliches Volk, ein auf
besondere Weise christliches Volk, das die Bibel hoch hält. Der Reisende
wird kaum ein Hotel in den USA finden, wo auf dem Nachttisch nicht eine
Bibel liegt. Kennt man denn die Gleichnisse der Evangelien nicht mehr,
wo über viel Unkraut im Weizen Klage laut und der Wunsch geäußert
wird, das Unkraut auszujäten? Wo gewarnt wird, das Gute würde
mit ausgerissen werden, man solle auf die Zeit der Ernte warten. Maßt
man sich wirklich an, zur " Ernte schreiten zu sollen", worauf
sich das Geschrei von 'Neuer herbeizuführender Weltordnung schließen
läßt? Es ist jetzt 170 Jahre her, da schrieb der die USA bereisende
Franzose Alexies de Tocqueville die denkwürdigen Worte "Den
Bewohnern der Vereinigten Staaten wird immer wieder und dauernd gesagt,
sie seien das einzig religiöse, erleuchtete und freie Volk. Sie haben
eine immens hohe Meinung von sich selbst und sind nicht weit davon entfernt
zu glauben, daß sie eine Spezies außerhalb der menschlichen
Rasse bilden". Alexies de Tocqueville sah die bedenkliche Sonderung
als späte Folge des Unglücks der europäischen Glaubensspaltung;
als Martin Luther an Rom nicht festhalten wollte und Calvin dann festzuhalten
nicht mehr vermochte ... Calvins über den Ozean springende gefährliche
Lehre vom "gottgesegneten Reichtum". Zur Zeit, als Alexies de
Tocqueville das schrieb - es war um 1830 - mag das passen, wird ein heutiger
liberaler, amerikanischer Geschäftsmann einwenden, "heute spiele
Religion keine solche Rolle mehr". Er irrt, denn er sieht nicht,
wie auch ihm der Dollar selbst zum Gott der Väter wurde, die nicht
auf den Gedanken kamen, ihr Geld mit einem "In God we trust"
zu zieren. Geld selbst wird zum Sakrament, die "moderne Religion
des Geldes" stärkt den Geschäftsmann wie die gleich Schlafwandelnden
ihm Folgenden, im Glauben an ihre Rolle in der Welt... eine Rolle die
verheißt, was sich nur kaufen und herbei nötigen läßt
... auch das Öl unter den Füßen störrischer Muslime.
So wird empfunden, so richten sich Blick und Wille auch ohne Worte, bis
auf das Greenhorn Berlusconi, dem die Worte entschlüpften "das
Christentum" - er meinte das ihm bekannte des Geldes - sei "fortschrittlicher
als der Islam".
Kann Europa, das den Nordamerikanern viel verdankt, diesem
Amerika heute folgen? Es kann es nicht! Im "Ego-trip", gestachelt
von neuem Glauben "in Dollar we trust" wird unbekümmert
von Not und Mühe der Inselvölker, die im Meer versinken, anderer
deren Land verdorrt, deren Hütten der Sturm fortbläst ... die
im japanischen Kyoto einander zu helfen gelobten ... verderbliches Klima
angeheizt. US-Bürger gelten als zu hoch über anderen Völkern,
als daß ein Weltgerichtshof von ihnen Rechenschaft verlangen könnte.
Hier folgen heißt nicht nur sich unterwerfen, es bedeutet auch den
Weg zur Katastrophe nehmen. ''Ich werde nicht den Fehler begehen, einen
Gegner langdauernd zu reizen, ohne ihn entweder zu vernichten oder auszusöhnen"
ist ein Wort Hitlers. Zuletzt beging Hitler diesen Fehler doch, England
gegenüber. Seit einiger Zeit - nicht erst seit dem 11.9.01.- begehen
die USA einen solchen Fehler gegenüber dem Weltislam. Nicht erst
seit dem 11.9.01. wächst die Zahl der Muslime - besonders in der
Jugend - die sich in ihrem Glauben vom Westen, angeführt vom "großen
Satan USA", existentiell bedroht fühlen. Solche Bedrohungsängste
mag man als überzogen sehen, sie existieren, wachsen im Sog vordringenden
Dollars und wirken sich aus. Die nationalsozialistische Katastrophe kam
aus Demütigung des revolutionären unbezwungenen Deutschlands
durch die Entente in Versailles. Heute droht ein Super-Versailles, folgt
Europa dem amerikanischen Abenteuer einer neuen "Weltordnung des
Dollars" gegenüber der islamischen und dritten Welt.
Das Unglück der europäischen Glaubensspaltung,
welche die düstere heutige Weltsituation mit bewirkte, nahm einen
Ausgang von Martin Luthers Bereitschaft, seine persönliche Auffassung
nicht nur über den Papst, sondern auch über ein Konzil zu stellen.
Gewiss, auch ein Konzil kann irren, wie Luther dem Dr. Eck entgegenhielt,
aber der Einzelne eben auch und eben eher, wird er nicht unter Gleichrangigen
zuvor im Dialog gestellt. Ging es um existentielle Fragen, half damals
ein Konzil, heute der Rat der Nationen. Sich einfach darüber hinwegsetzen,
war einst Luthers Fehltritt, heute kann es der des Präsidenten sein.
Was geschah zu Luthers Zeit? Eifrig stürzten sich Landesfürsten
auf der geschwächten Kirche Güter ... das droht auch heute und
schon stehen Kapitalfürsten in den Startlöchern den Raub zu
teilen, wenn eine geschwächte UNO nicht mehr Schutz gewähren
kann. Damals Land und Leute, heute Öl und Bodenschatz, eines so mies
wie das andere!
Wie die UNO stärken? Appelle geistlicher Würdenträger,
auch aus den Reihen des Islam, reichen nicht. Den Kirchen selbst steht
schmerzliches Besinnen in ihr Haus. Paulus wie Mohammed schützten
Reichtum, begnügten sich die "Herren" zu guten Werken und
zu milden Gaben anzuhalten. Man hüte sich zu tadeln, was die Zeit
erzwang, doch heute sind die Karten neu gemischt und das sollte nicht
verschlafen werden. Paulus wie Mohammed, die Christentum wie Islam das
Gepräge gaben, wurden in der entscheidenden Frage ihrem Vorgänger
aus Nazareth eben nicht gerecht, von dem wir das Wort haben "eher
gehe ein Kamel durch ein Nadelöhr" - ein enger Durchlass für
Schafe - "als ein Reicher ins Himmelreich" und die Mahnung an
den bildungshungrigen reichen Jüngling, daß sein Reichtum geistiges
Wachstum erschwere.
Der Wind hat sich gedreht, Paulus wie Mohammeds große
Zeit sind abgelaufen, nicht die des Boten aus Nazareth. Das steht Kirche,
Synagoge und Moschee ins Haus, hier auch öffnet sich Europas eigener
Weg. Nicht ein Weg in Armut ist es, doch eine Abkehr von der Droge Geld. |
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